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Die 10. Symphonie

Die 10. Symphonie

Titel: Die 10. Symphonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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Vaters hingegangen, Señor Delorme, den ich Ihnen vorhin auch genannt habe ...« »Haben Sie vor oder nach dem Konzert mit Ihrem Vater gesprochen?«
    »Ich bin vorher zu ihm in die Garderobe gegangen, weil ich ihm Glück wünschen wollte.«
    »Und Sie sind danach nicht noch einmal dorthin gegangen, um ihm zu gratulieren?«
    »Normalerweise drängen sich nach einem Konzert die Fans in der Garderobe. Ich leide unter Platzangst, deshalb vermeide ich diese Situation, wenn möglich. Außerdem hatte mein Vater gesagt, er werde sich nach dem Umziehen zu den Gästen gesellen.« »Doch das tat er nicht, oder?«
    »Nein. Nach dem Konzert habe ich ihn nicht mehr gesehen. Weder ich noch sonst irgendeiner der Gäste.« »Woher wissen Sie das? Sie sind doch recht früh gegangen.«
    »Ich sehe, Sie sind gut informiert. Ich bin tatsächlich ungefähr eine Stunde nach dem Konzert aufgebrochen. Das Fest hatte gerade erst begonnen.« »Sind Sie direkt ins Hotel gegangen?« »Ja. Sie können den Portier fragen, wenn Sie wollen.« »Und danach haben Sie Ihr Zimmer nicht mehr verlassen.«
    »Nein. Das heißt, doch. Das Zimmer schon, aber nicht das Hotel. Ich habe Freunde in ihrem Zimmer besucht, um ihnen vom Konzert zu erzählen.« »Können Sie mir die Namen dieser Freunde sagen?« »Prinz und Prinzessin Bonaparte. Sie wohnen auch in dem Hotel.«
    Die beiden Polizisten wechselten einen erstaunten Blick. »Moment mal«, unterbrach Mateos sie. »Sagten Sie Bonaparte ? Gibt es da irgendeine Verbindung ...?« »Natürlich. Sie sind Nachfahren seines kleinen Bruders Jeróme.«
    Mateos h ätte gerne erfahren, wie Thomas' Tochter mit diesen Adligen in Kontakt gekommen war, doch er fürchtete, die Vernehmung werde zu sehr auf Abwege geraten. Besser, er konzentrierte sich auf die fragliche Nacht. »Zurück zum Konzert. Haben Sie irgendeine Idee, wohin Ihr Vater ging, als er fertig war?« »Nein.«
    »Und Sie waren nicht beunruhigt, dass er sich entgegen seiner Ankündigung nicht zu Ihnen gesellte?« »Doch, ein wenig. Als er nicht erschien, rief ich ihn auf dem Handy an, aber er befand sich wohl in einem Funkloch. Irgendwann teilte uns ein Bediensteter mit, dass mein Vater kurz fortgehen müsse, später aber zurückkehren werde.«
    »Haben Sie während des Konzerts irgendetwas Auffälliges im Verhalten Ihres Vaters bemerkt? Gab es irgendeine Geste, die Ihre Aufmerksamkeit erregt hat, oder irgendein Anzeichen für Nervosität?«
    »Im Gegenteil. Er war es, der die Zuschauer nervös gemacht hat.« »Was meinen Sie?«
    »Mein Vater ist sehr theatralisch. Ich meine, er war sehr theatralisch. Sein Vater, also mein Großvater, war répétiteur an der Royal Opera in Covent Garden, und mein Vater hat die Opernatmosphäre gewissermaßen mit der Muttermilch aufgesogen.« »Répétiteur?« »Das ist ...«
    »Danke, Aguilar. Ich denke, das kann sie uns selbst erklären.«
    »Ein répétiteur oder Korrepetitor ist jemand, der an der Oper die Proben der Sänger am Klavier begleitet. Es wäre unglaublich teuer, wenn jedes Mal das ganze Orchester erscheinen m üsste.«
    »Verstehe. Und was hat das mit dem Konzert zu tun?« »Mein Vater liebte es, einen Augenblick großer dramatischer Spannung hervorzurufen, bevor die Musik erklang. Er stieg aufs Podium und zählte bis dreißig, ehe er den ersten Einsatz gab. Das war so etwas wie sein Markenzeichen. Es macht die Zuhörer immer sehr nervös. Sie glauben, dass etwas Schlimmes geschieht - dass der Dirigent einen Blackout hat oder so. Andere bekommen ein schlechtes Gewissen, weil sie denken, dem Dirigenten ist es noch nicht ruhig genug, um die Musik beginnen zu lassen. Das schafft eine Stille, die so intensiv ist, dass man sie beinahe anfassen kann. Und wenn es dann fast nicht mehr auszuhalten ist, werden die Zuhörer durch die Musik meines Vaters erlöst.« Sophie Lucianis Gesichtsausdruck verriet Mateos und Aguilar, wie sehr sie Ronald Thomas als Musiker bewundert hatte.
    Der Inspector sagte: »Leider bin ich gezwungen, nun ein sehr heikles Thema anzusprechen. Sie wissen, dass wir den Kopf Ihres Vaters gefunden haben.«
    Sophie Luciani zeigte nicht die geringste Gef ühlsregung, als sie antwortete: »Ja, das weiß ich. Deshalb bin ich hier. Wo wurde er gefunden?«
    »Fast einen Kilometer vom Fundort des Körpers entfernt. Daher hatten die Spürhunde keine Chance. Zu bestimmten Zeiten in der Nacht ist die Casa de Campo, wo der Körper Ihres Vaters zurückgelassen wurde, kein empfehlenswerter Ort. Möglicherweise hat

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