Die 10. Symphonie
Geringsten, welche Bedeutung dies für den weiteren Verlauf der Ermittlungen haben würde.
»Habe ich etwas Nützliches gesagt?« »Die Noten sind ... ein Morsecode!«, rief Daniel im Brustton der Überzeugung. »Deshalb hat Thomas die Notenwerte verändert!«
»Entschuldigen Sie, aber Sie müssten mir das Ganze bitte einmal ganz geduldig vorkauen, schließlich bin ich Laie auf dem Gebiet. Was wollen Sie damit sagen - ein Morsecode?«
»Als Sie den Anfang der Fünften gesungen haben, ist mir in den Sinn gekommen, dass die Alliierten diese vier No ten im Zweiten Weltkrieg verwendet haben, um ihre Truppen anzuspornen. TA - TA - TA - TAAA, drei Achtel und eine Halbe, drei kurze und eine lange Note. Im Morsecode w ären das drei Punkte und ein Strich, also der Buchstabe V - wie victory. Das ist eine sehr bekannte Episode aus der musikalischen Kriegsgeschichte. Sehen Sie die Ironie? Die Musik eines deutschen Komponisten, vom Führer bewundert, wird von der BBC als Erkennungsmelodie verwendet!«
»Haben Sie die Noten von Thomas' Kopf irgendwo schriftlich?«
Daniel zog einen zerknitterten Zettel aus der Tasche. Er legte ihn so auf den Tisch, dass der Inspector ihn richtig herum lesen konnte, und zeigte ihm mit dem Finger, wie die Noten gruppiert waren.
»Sehen Sie? Die Musik fließt nicht, wie in Beethovens Original, sondern wird immer wieder von diesen Pausenzeichen unterbrochen.«
»Meinen Sie diese senkrechten Zeichen, die aussehen wie Fähnchen?«
»Genau. Sie teilen die Noten in Gruppen. Mal sehen, was für Morsezeichen das sind, und dann können wir überprüfen, welchen Buchstaben sie entsprechen: 4 kurze, eine lange - 2 lange, 3 kurze - 2 kurze, 3 lange - 5 lange - eine kurze, 4 lange - 3 kurze, 2 lange - 2 kurze, 3 lange und 5 lange. Insgesamt acht Zeichen. Kennen Sie das Morsealphabet?«
»Wir mussten es lernen, um bei der Polizei aufgenommen zu werden, aber ich muss gestehen, dass nicht viel hängengeblieben ist.«
Daniel stand auf und ging um den Tisch herum, um an den PC zu kommen. Er wusste nicht, ob das Aftershave des Inspectors billig oder teuer war, doch eins war sicher: Er hatte davon zu gro ßzügigen Gebrauch gemacht ... »Wir sparen Zeit, wenn wir nicht darauf warten, dass Sie sich erinnern, sondern den Morsecode einfach googeln«, lächelte er tapfer.
Innerhalb weniger Sekunden hatten sie eine Seite mit dem Morsealphabet gefunden. Zu beider Überraschung entsprachen die Noten jedoch nicht Buchstaben, sondern Zahlen. Daniel übertrug die Werte der acht Notenblöcke der Tätowierung in den Morsecode, mit folgendem Ergebnis:
»Hm - ein Code mit acht Ziffern: 4720132 0.«. »Und haben Sie eine Ahnung, was diese Zahlen bedeuten?«, fragte der Polizeibeamte verwirrt. »Nicht die leiseste. Natürlich bin ich auch kein Mathematiker - vielleicht ist es ja eine bekannte Folge, wie die von Fibonacci.«
»Sie haben zu viele Krimis gelesen. Wahrscheinlich ist es etwas viel Gewöhnlicheres - eine Telefonnummer zum Beispiel.«
»Thomas war kein gewöhnlicher Mensch. Wir sollten daher keine Hypothese verwerfen. Vielleicht handelt es sich auch um Zahlenmystik ... « »So was interessiert mich nicht.«
»Na ja, zurzeit laufen im Fernsehen unzählige Sendungen über dieses Thema, und einige davon sind sehr gut ge macht. Vor einigen Tagen ging es zum Beispiel um die Zahl des Tieres, 666, aus der hebr äischen Zahlenmystik.« »Stimmt, den Anfang habe ich auch gesehen, aber dann fand ich es langweilig und habe umgeschaltet. Ich habe nur noch mitbekommen, dass 666 die Verschlüsselung von Nero ist, aber nicht mehr, weshalb.« Daniel holte tief Luft und setzte bereits zu einer Erklärung an, als Inspector Mateos schnell einwarf: »Und wie kann man nun all das auf die Zahlenfolge anwenden, mit der wir es hier zu tun haben?«
»Nicht nur die alten Hebräer wandelten gerne Wörter in Zahlen um, auch Musiker tun dies häufig. Bach zum Beispiel kannte den symbolischen Wert bestimmter Zahlen genau, und er wusste, dass die Buchstaben seines Namens zusammengerechnet 14 ergaben: B = 2, A = 1, C = 3, H = 8.«
»Bitte fahren Sie fort. Jetzt kommen wir der Sache schon näher.«
»Für Bach wurde die Zahl 14 eine Art Unterschrift. Man sagt, als er das Angebot erhielt, in eine der angesehensten Musikgesellschaften von Leipzig einzutreten, habe er den Beitritt so lange hinausgezögert, bis sicher war, dass man ihm die Nummer 14 zuweisen würde. Auf dem Bild, das angefertigt wurde, um es in besagter Institution
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