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Die 10. Symphonie

Die 10. Symphonie

Titel: Die 10. Symphonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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ist?«
    Diesmal musste Mateos nicht l ügen, um seine kulturellen Brachen zu verheimlichen, denn Salieri kannte er aus dem Film Amadeus.
    »Salieri? Soll der nicht Mozart getötet haben?« »Genau. Aber Thomas behauptete, Salieri habe nicht Mozart, sondern Beethoven ermordet. Um seine merkwürdige Theorie zu untermauern, erzählte er uns zunächst von Beethovens Bleivergiftung. Anscheinend wurden in einem amerikanischen Forschungslabor der Schädel und einige Haare des Musikers untersucht. Man fand heraus, dass die Bleikonzentration in Beethovens Organismus hundertmal h öher war als normal. In der Studie wurde dargelegt, dass diese massive Bleidosis noch nicht während seiner Bonner Kindheit oder Jugend in seinem Körper gewesen sein konnte, da sie seine intellektuelle Entwicklung behindert hätte. Die Aufnahme dieses tödlichen Gifts kann also erst ab dem Beginn seiner Wiener Zeit erfolgt sein. Dort begannen seine Verdauungsschwierigkeiten, chronische Bauchschmerzen, Reizbarkeit und häufige Depressionen. Keiner der Ärzte, an die er sich wandte, war in der Lage, ihn wirksam zu behandeln. Die Wissenschaftler konnten laut Thomas übrigens auch mit dem alten Verdacht aufräumen, Beethoven sei an Syphilis gestorben. Man fand in seinen sterblichen Überresten nämlich keine Spuren von Quecksilber, das zu Beginn des 18. Jahrhunderts das gebräuchlichste Mittel gegen diese fürchterliche Geschlechtskrankheit war. Aus diesen Befunden schloss man - zu Unrecht, wie Thomas meinte -, das Blei sei über Wasser, Nahrungsmittel oder Küchengeräte in Beethovens Organismus gelangt. Eine von seinen Lieblingsspeisen war Fisch, und man weiß, dass das Wasser der Donau damals durch die immer zahlreicheren Fabriken in hohem Maße mit Blei verseucht war. Außerdem trank der Musiker regelmäßig Rotwein - wenn man es also für unwahrscheinlich hält, dass die Fische aus der Donau schuld waren, könnte man immer noch annehmen, sie rührte von dem Gebrauch von Zinnbechern her oder möglicherweise von Stoffen, die dem Wein beigemischt wurden, um ihn süßer zu machen. Thomas verwarf sogar eine aktuelle Theorie, die der Chef der Gerichtsmedizin an der Universität Wien vertritt: Einer der Ärzte Beethovens, Doktor Andreas Wawruch, soll ihm gegen seine Bauchschmerzen ein bleihaltiges Medikament verschrieben haben, das die Leiden aber nur verschlimmerte. So habe er ihn in gewisser Weise versehentlich ermordet. «
    Die Prinzessin holte tief Luft. Es war mehr als deutlich, dass medizinischen Themen ihre ganze Leidenschaft galt. »Ich erinnere mich an diese Nachricht«, bestätigte Mateos. »Sie war groß in der Presse. Weshalb hielt Señor Thomas die Theorie einer zufälligen Vergiftung für falsch?« »Er sagte, Beethoven habe, genau wie er selbst, viele Feinde gehabt. Und in jener Zeit war es sehr leicht, jemanden zu vergiften - die Gerichtsmedizin war damals noch nicht so weit entwickelt, dass man Vergiftungen hätte nachweisen können. So hielt Thomas es für das Wahrscheinlichste, dass Beethoven von jemandem ermordet wurde, den er gegen sich aufgebracht hatte.«
    »Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Musiker, der heute für universale Eintracht steht, so viele Feinde hatte.« »Denselben Einwand hatte ich an dem Abend auch«, nickte Bonaparte. »Doch Thomas meinte, wir sollten uns nicht vom äußeren Eindruck täuschen lassen. Der Komponist habe mit seinen politischen Ideen Hass auf sich gezogen: Beethoven ist immer ein glühender Anhänger der Republik gewesen. Und mit seinem unleidlichen Wesen beleidigte er die Adeligen, die seine Karriere finanzierten, sogar in aller Öffentlichkeit. Mit seinem überbordenden Talent stellte er Dutzende Pianisten und Komponisten seiner Zeit in den Schatten - sie sollen neben ihm geradezu lächerlich gewirkt haben. Und außerdem zitierte Thomas auch noch einen sehr berühmten Brief, in dem Beethoven selbst bekannte, dass es viele Menschen gebe, die ihm übel wollten.«
    »Hat Thomas auch darüber geredet, wie Beethoven Salieris Zorn auf sich zog?«
    »Es scheint, als habe Mozarts mutmaßlicher Mörder längere Zeit Umgang mit dem Bonner Genie gehabt. Und er ist auf Beethovens Beerdigung gewesen, wo sich die Leute drängten, genau wie bei Mozarts einsamem Begräbnis. Deshalb wurde wild über seine Abneigung gegen ihn spekuliert. Salieri hatte Beethoven einige Jahre lang in Opern- und Vokalkomposition unterrichtet, und wie es scheint, war die Beziehung zu seinem Schüler warm und herzlich. Beethoven

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