Die 10. Symphonie
sind das?«
»Die Bürgermeisterwahlen in Ajaccio, der korsischen Hauptstadt.« »Haben Sie Chancen, zu gewinnen?«
»Ich habe einen sehr schwierigen Gegner, Gauthier Rossi. Er ist der Enkel des legendären korsischen Sängers und Schauspielers Tino Rossi.« »Nie gehört, tut mir leid.«
»Die Wahlkampagne wird ausschlaggebend sein, und ich bin bereit, viel Geld zu investieren. Mein Vermögen ist meine Chance, den Gegner auszustechen.« Mateos nahm einen Schluck von seinem Wodka. Wunderbar.
»Kommen wir zu Thomas. Sie hielten sich an dem Abend seiner Ermordung hier in der Stadt auf, nicht wahr?« »Ja, mein Mann hatte am Abend zuvor einen Vortrag über Napoleon gehalten.«
»Aus welchem Grund haben Sie danach auf das Konzert verzichtet?«
»Mein Mann fühlte sich nicht wohl«, beeilte sich die Prinzessin zu sagen.
»Lässt du mich vielleicht mal selbst antworten, oder hast du das Gespräch mit dem Inspector für dich gepachtet?«, fuhr der Prinz sichtlich verärgert auf. »Nur zu, antworte du«, erwiderte die Prinzessin. Sie schien es außerordentlich zu genießen, ihrem Mann die Hauptrolle streitig zu machen.
»Mir ging es nicht gut, und deshalb sind wir auf dem Zimmer geblieben.«
»Wie ich ja schon gesagt habe. Wobei dir an dem Abend nicht das Essen schlecht bekommen ist, sondern dein eigener Wutanfall.«
»Sei still«, blaffte sie der Prinz an. »Du warst nicht einmal dabei.«
Die Prinzessin dachte nicht daran, dem schneidenden, fast milit ärischen Befehl ihres Ehemannes nachzukommen, und sprach weiter, als w äre er gar nicht da. »Bei dem Vortrag stellte einer aus dem Publikum die Theorie meines Mannes in Frage, dass Napoleon vergiftet wurde.« »Der Mann war ein Provokateur. So einer taucht bei jeder meiner öffentlichen Reden auf.«
»Und dann war da noch eine Frau, die der Vergiftungstheorie zwar zustimmte, meinem Mann jedoch widersprach, was den Täter angeht: Er hält den Gouverneur der Insel St. Helena für den Schuldigen, doch die Frau vermutete, es könne Beethoven gewesen sein - mit Hilfe der Illuminaten.«
»Liebling, deine Exkurse interessieren die Polizei nicht.« »Momentan interessiert mich alles im Zusammenhang mit Beethoven«, stellte Mateos rasch klar. Allerdings zog er es vor, zu verschweigen, dass der Raub der zehnten Symphonie dieses Komponisten für ihn das plausibelste Tatmotiv darstellte.
»Erzählen Sie mir von diesem Beethoven-Porträt aus Ihrer Villa in Ajaccio. Thomas hat es entdeckt, nicht wahr?« Der Prinz schien überrascht, dass der Inspector über so detaillierte Informationen verfügte. »Woher wissen Sie das?«
»Das spielt jetzt keine Rolle. Ist es möglich, dass in dem Bild irgendein Dokument versteckt war?« »Meinen Sie zwischen Leinwand und Rahmen?« »Ja.«
»An was für ein Dokument denken Sie?« »Eine Partitur, zum Beispiel.«
»Das weiß ich nicht. An dem Bild hat mich nicht einmal die Vorderseite interessiert - wieso hätte ich die Rückseite untersuchen sollen?« »Ist Thomas an diesem Abend, als er bei Ihnen zu Gast war, zu irgendeinem Zeitpunkt alleine bei dem Bild gewesen? «
»Nicht dass ich wüsste. Obwohl, doch. Señor Thomas interessierte sich lebhaft für die Noten, die auf dem Bild zu sehen waren, und bat mich, Stift und Papier zu holen, damit er sie sich aufschreiben konnte. Ich ging kurz weg, um ihm das Gewünschte zu holen. Aber das dauerte nicht länger als zwei oder drei Minuten.«
»Genug Zeit, um die Rückseite des Gemäldes zu untersuchen und einen dort verborgenen Gegenstand an sich zu nehmen. Was sagte Thomas über die Noten?« »Er meinte, sie könnten zu dem Werk gehören, das Beethoven damals komponierte, und dass dies bei der Datierung des Gemäldes helfen könnte. Ich erinnere mich, dass er von einem berühmten Porträt des Komponisten erzählte, auf dem er das Manuskript der Missa solemnis in der Hand hält.«
»Was geschah weiter an dem Abend?« »Von dem Zeitpunkt an, als Thomas das Bild gesehen hatte, war er aufgeregt, nervös und schien aufbrechen zu wollen. Das tat er dann auch, obwohl Sophie protestierte. Sie warf ihm vor, es sei unhöflich, uns so früh zu verlassen.« »Gingen die beiden nicht zusammen?« »Nein, Sophie blieb noch etwa eine Stunde bei uns. Das Ganze war schon ein wenig seltsam, denn während des Essens hatte sich Señor Thomas liebenswürdig und überaus redselig gezeigt. Genau zu dieser Zeit hatte er ja angefangen, an der Rekonstruktion der zehnten Symphonie zu arbeiten, und er hörte gar nicht
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