Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel

archäologische Befund.
    Im wenig zugänglichen palästinischen Bergland – ungefähr Zwischen Jerusalem im Süden und der Jesreelebene im Norden – wurden zwischen 1150 und 1000 v. Chr. etwa dreihundert Dörfer mit jeweils 100 bis 250 Einwohnern gegründet. Über die Herkunft der Bewohner ist wenig bekannt. Wahrscheinlich haben sich Migranten verschiedener Herkunft in die Berge zurückgezogen. Einige mögen aus den Steppen- und Wüstengebieten gekommen sein, andere aus der Küstenebene, wo sie von den Philistern verdrängt worden waren. Alle haben sich der Kontrolle der teilweise noch bestehenden bronzezeitlichen Städte Kanaans und der Herrschaft der Ägypter entzogen. Die Ägypter verloren in jener Zeit die Kontrolle über ihre früheren vorderasiatischen Besitzungen.
    In diesem Milieu scheint sich allmählich – zweifellos unter der Führung einer Elite – das Bewusstsein von einer Zusammengehörigkeit gebildet zu haben. Man sprach dieselbe Sprache – das Hebräische – und verehrte denselben Gott, Jahwe.
    49. Wer hat die Städte Jericho und Hazor zerstört? Die Bibel berichtet vom Einmarsch bewaffneter Israeliten nach Palästina unter der Führung des Feldherrn Josua. Dieser habe zahlreiche Städte erobert und die Kontrolle über das ganze Land gewonnen. Besonders anschaulich fällt die Erzählung über die Eroberung der Städte Jericho und Hazor aus (Josua 6 und 11). Die gewaltigen Mauern Jerichos seien eingestürzt, nachdem Josuas Priester und Krieger die Stadtmehrmals unter Kriegsgeschrei Umschriften hätten. Dann seien alle Bewohner getötet, die Stadt selbst niedergebrannt worden. Unweit von Hazor sei das kanaanitische Heer in einer Feldschlacht geschlagen worden, anschließend habe man Hazor gestürmt, den König getötet und die Stadt zerstört.
    Beide Städte lassen sich lokalisieren: Jericho liegt nördlich des Toten Meeres im Jordangraben; Hazor nördlich des Sees Gennesaret. In beiden Fällen stieß die archäologische Forschung auf bedeutende antike Siedlungsreste, die einen Blick in die bewegte Geschichte früher Stadtsiedlungen ermöglichen. Jericho entpuppte sich als eine der ältesten urbanen Siedlungen der Welt; ihre Anfänge reichen in die Zeit um 12.000 v. Chr. zurück; eine große Feuersbrunst zerstörte die Stadt um 1550 v. Chr. (nach der C-14-Methode errechnet); erst etwa hundert Jahre später kam es zu bescheidener Wiederbesiedlung, ohne dass die Befestigungsanlage wiedererrichtet worden wäre. Hazor reicht nicht so weit in die Vorgeschichte zurück; ihre Anfänge werden auf 2500 v. Chr. angesetzt. Archäologisch erkennbare Zerstörungen durch große Feuersbrünste lassen sich auf ca. 1550 und 1250 v. Chr. datieren; nach der letztgenannten Zerstörung kam es erst wieder im 10. Jahrhundert (oder später?) zu einer befestigten Stadtanlage.
    Wie ist der archäologische Befund zu deuten? In allen Fällen ist eine Zerstörung durch ägyptisches Militär möglich, denn Ägypten war damals die stärkste Militärmacht. Bei dieser Annahme wären die biblischen Erzählungen ohne Anhalt an der historischen Realität. Doch sind in zwei Fällen auch andere, der Bibel nahestehende Erklärungen möglich, die allerdings nicht mit einem israelitischen Heer unter Josua rechnen. Die Zerstörung Jerichos um 1550 könnte auf ein Erdbeben zurückzuführen sein, das sich in der sagenhaften Erzählung vom Kollaps der Stadtmauern im Josuabuch spiegeln mag. Schuld an der Zerstörung der Stadt Hazor um 1250 mag ein Aufstand der Landbevölkerung gegen Hazor sein. An diesem mögen sich Menschen beteiligt haben, die später zum Volk Israel gerechnet wurden.
    50. Warum lag der israelitische König Jehu dem Assyrerkönig zu Füßen? Der biblische Bericht zeichnet ein positives Bild von König Jehu, der 28 Jahre an der Spitze des Nordreichs Israel stand (ungefähr 841–813 v. Chr.). Jehu soll vom Propheten Elischa zum König gesalbt worden sein und im Nordreich den Götzendienst ausgerottet haben, indem er alle «Propheten des Baal» töten ließ (2 Könige 9–10). Die historische Richtigkeit dieser Angaben können wir nicht nachprüfen. Belegen lässt sich jedoch die Existenz von König Jehu, da dessen Name mehrfach in assyrischen Inschriften genannt ist. Die Assyrer waren in jener Zeit die stärkste militärische und politische Macht in Vorderasien. Als solche verlangten sie Tribut von den vorderasiatischen Kleinstaaten. In der Bibel selbst erfahren wir nichts von einem Tribut, den Jehu dem Assyrerkönig