Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär
Yson«, sagte der Tod, »du kannst dich auf den Kopf stellen, aber wann gestorben wird, bestimme immer noch ich. Ich habe nichts gegen dich persönlich, und wenn du Heber heute als in fünfzig Jahren sterben willst, ist mir das eigentlich egal. Aber wenn ich es bei einem durchgehen lasse, wollen es nachher alle, und das ganze System kommt durcheinander. Dann kann ich meine Sense an den Nagel hängen. Merk dir eins: Ich bin überall da, wo du mich nicht erwartest, aber niemals da, wo du mich suchst.
Also gib's endlich auf!«
Doch Yson gab nicht auf, nicht einmal auf direkte Empfehlung des Todes. Er ging durch Sandstürme und Meteoritenregen, er trotzte auf dem höchsten Gipfel den Blitzen eines Finsterberggewitters, er sprang dreimal von den Dämonenklippen.
Aber er kam nicht um.
Eines Tages klopfte es wieder an seiner Tür. Ein vermummter Mann stand draußen und fragte: »Willst du sterben?« »Au ja!« sagte Yson. »Kannst du mir dabei helfen?«
Da erzählte ihm der Mann vom Ewigen Tornado. Niemand, der sich jemals mit ihm eingelassen hatte, war jemals lebend wieder gesehen worden.
Yson zog ohne Wasservorräte durch die Süße Wüste und verdurstete nicht, er wurde vom Scharachil-Allah überrollt, ohne einen Kratzer davonzutragen, und dann, endlich, stand er dem Tornado gegenüber. Ohne zu zögern, warf er sich in den Wirbel. Aber auch der tötete ihn nicht.
»Weißt du, was ich glaube?« fragte mich Yson an dieser Stelle seiner Geschichte.
»Was denn?«
»Der vermummte Mann - das war der Tod. Er hat mich in den Tornado geschickt, weil er wußte, daß dies der Ort ist, an dem ich am längsten leben würde.«
So kam Yson in die Tornadostadt.
2. Slagoud Pällworm - Der Bolloggjäger
Slagoud Pällworm war die respektloseste Person, die ich jemals kennengelernt habe. Gegen ihn war Groot, der Barbar, ein sensibler Feingeist. Noch bevor er laufen lernte, ließ sein Vater Slagoud mit ornischen Würgewürmern ringen, eine Erziehungsmethode, die ich nicht staatlich verordnen würde, die aber bei ihm dazu führte, daß er danach vor keinem anderen Lebewesen mehr Respekt hatte außer vor sich selbst, egal wie groß, stark, gefährlich, hinterhältig, giftig oder gut im Ringen es war.
Als es an der Zeit war, fragte sein Vater ihn, welchen Beruf er ausüben möchte. Slagoud dachte nach. Er dachte einen Tag nach, zwei Tage, eine ganze Woche. Slagoud war gut im Ringen, aber nicht im Denken.
Er dachte einen Monat lang nach. Er dachte darüber nach, welches das größte, furchterregendste und unbesiegbarste Wesen Zamoniens war. Nach einem Monat und zwei Tagen kam er darauf: »Ich möchte Bolloggjäger werden.«
Dem Vater kamen zum ersten Mal nicht nur Zweifel an Slagouds Verstand, sondern auch an seiner eigenen Erziehungsmethode mit den Würgewürmern. Aber Slagoud war mittlerweile nicht nur fast doppelt so groß wie sein Vater, sondern auch ein viel besserer Ringer, also sagte er: »Das ist eine sehr gute Idee, mein Sohn.« Und er ließ ihn ziehen. Slagoud zog durch Zamonien und besiegte so manchen Yeti, Gebirgsdämon und zahllose Würgewürmer, die sich ihm in den Weg stellten, aber keinen Bollogg, denn er begegnete nie einem. Also ließ er sich in einer Gegend am Fuße des Pyritgebirges nieder, von der man sagte, daß sie eine beliebte Bolloggwandergegend sei. Wenn man lange genug warte, komme mit Sicherheit einer vorbei.
Slagoud wartete ein Jahr, er wartete zwei Jahre, er wartete drei Jahre. Nach zehn Jahren begann Slagoud darüber nachzudenken, ob er nicht den Beruf wechseln sollte. Er hatte mit dem Bolloggjagen noch keinen einzigen Pfennig verdient, die Altersversorgung erschien ihm ungewiß - da hörte er plötzlich ein fernes Rumpeln:
BA-RUMMS!
Das war ein Bollogg. Er kam spät, aber er kam.
BA-RUMMS!
Slagoud fiel plötzlich glühendheiß ein, daß er überhaupt keine Ahnung hatte, wie man einen Bollogg erlegt.
BA-RUMMS!
Der Bollogg hatte fast Slagouds Hütte erreicht. Slagoud lief aufgeregt hin und her und zermarterte sich den Kopf, wie er dem Riesen den Garaus machen konnte, als er ein fernes Rumoren hörte:
BROOO...!
Noch ein Bollogg?
BROOO...!
Nein. Bolloggs machen BA-RUMMS!
BROOO...!
Es war der Tornado.
Er kam aus der entgegengesetzten Richtung auf Slagouds Hütte zugebraust.
Der Tornado und der Bollogg begegneten sich also genau bei Slagouds Hütte. Was jeden anderen veranlaßt hätte, schreiend das Weite zu suchen, brachte Slagoud auf eine Idee, wie er den Bollogg besiegen könnte: Er
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