Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
Vom Netzwerk:
»Ich habe gehört, Sie haben einmal versucht, den Tornado zu verlassen.«
    »Das ist so lange her, das war ich eigentlich gar nicht, das war ein anderer.«
    »Aber versucht haben Sie es?«
    »Ja.«
    »Wie denn?«
    Phonzotar sah mich zum ersten Mal an. Er machte nicht den Eindruck eines Verrückten. Im Gegenteil, im Augenblick sah er aus wie ein weiser alter Mann, der alle Geheimnisse des Universums kennt.
    »Du willst es wissen, was? Bist neu im Tornado, wie? Kannst dich nicht damit abfinden, hier drin zu sterben, egal wie lange das dauert? Ist doch so, oder?«
    Ich nickte.
    »Dann will ich dir was erzählen, mein Junge. Hör gut zu, denn ich erzähle es nur einmal. Es gibt nur einen Weg aus dem Tornado, direkt durch die Wand, das hast du sicher schon selbst herausgefunden.«
    Ich nickte erneut, zu gespannt, um ihn zu unterbrechen.
    »Ich komme aus einer Familie mit einer langen Tradition von Abenteurern. In unseren Familienannalen steht, daß meine Vorväter auf Baumstämmen sitzend Zamonien erreicht haben. Sie überquerten die Ozeane aus reiner Neugier, ohne Navigationsmittel, auf einem gefällten Baum. Das nenne ich Mumm, mein Junge.«
    Ich murmelte Geräusche der Anerkennung.
    »Einiges davon steckt auch in mir. Ich bin noch nie einer Gefahr aus dem Weg gegangen, niemals, egal wie groß sie war und wie klein meine Chancen, sie lebendig zu überstehen. Bist du schon einmal auf einem Palmblatt einen gefrorenen Wasserfall von tausend Metern Länge herabgerutscht?« Ich mußte gestehen, dieses Vergnügen noch nicht gehabt zu haben.
    »Solche Sachen. Ich habe Dinge gewagt ... Ich könnte dir Geschichten erzählen, mein Junge ...«
    Ich hoffte, er würde jetzt nicht abschweifen.
    »Das ist der Grund, warum ich im Tornado bin«, fuhr er fort. »Und das ist der Grund, warum ich es gewagt habe, mich durch die Wand zu wühlen.«
    Ja, ja!
    »Ich habe es allerdings nur geschafft, den Kopf in die Wand zu stecken. Es war, als würde ein Blitz durch meine Ohren fahren, zum einen rein und zum anderen wieder raus.« Phonzotars Blick füllte sich mit Grauen.
    »Armeen von Toten marschierten durch meinen Kopf. Ich hörte ein Geräusch, als würde das Weltall schreien. Mein Gehirn gefror zu Eis. Dann gingen überall Risse hindurch, es zersplitterte in kleinste Eispartikel, wie Schneeflocken, und jede Schneeflocke empfand einen eigenen, ganz persönlichen Schmerz. Schließlich wurde alles schwarz. Ich blickte ins Universum. Auf einem winzigen Planeten aus Glas saß ein roter Zwerg, der zwölf wichtige Mitteilungen für mich hatte.«
    Der Blick von Phonzotar Hueso klärte sich wieder.
    »Ich zog den Kopf aus dem Sand. Am nächsten Tag eröffnete ich das Postamt.«
    Phonzotar fing wieder an, ein Papier zu bekritzeln. Der Alte hatte offensichtlich bei dem Versuch, den Tornado zu verlassen, den Verstand verloren. Ich hielt es für angebracht, mich zu verabschieden.
    Als ich den düsteren Raum verlassen wollte, hielt Phonzotar mich zurück.
    »He! - nimm das mit und steck es in die Tornadowand. Expreßgut! Sehr eilig! Na, mach schon!«
    Der Alte reichte mir drei Flaschen, ich nahm sie aus Höflichkeit entgegen und ging nach draußen. Ich atmete tief durch. Die Möglichkeit, den Tornado durch die Wand zu verlassen, konnte von der Liste gestrichen werden.
    Ich konnte meine Neugier nicht bezwingen, die Flaschenpost zu lesen. Eine davon zog ich heraus.
    Darauf stand:
    1. Ehre das Gimp!
    2. Du sollst keinen weißen Hahn mit seinem Namen grüßen!
    3. Du sollst kein Holz essen!
    4. Wenn du zwei übereinandergelegte Hölzer auf dem Boden siehst, sollst du sie nicht mit dem rechten Fuße vorwärts übertreten, sondern rückwärts mit dem linken; ferner sollstdu die Hölzer nicht verspeisen!
    5. Fällt der Schatten eines Geiers auf ein erloschenes Feuer, so muß dieses dreimal neu entfacht werden, denn sonst droht großes Unglück.
    6. Kreuzt du den Weg eines weißen Hahns, der auf zwei übereinandergelegten Hälzern sitzt, so darfst du ihn nicht schlagen; noch sollst du ihn mit Namen grüßen oder von den Hölzern kosten!
    6. Du sollst einen Namen tragen, der sei wie kein anderer Name im ganzen Universum! Begegnest du einem deiner Brüder, so sollst du ihn fehlerfrei mit vollern Namen anreden!
    7. Fällt der Schatten eines Geiers auf einen weißen Hahn, der auf zwei verkohlten Hölzern eines erloschenen Feuers sitzt, befindest du dich in einer beklagenswerten Situation. Du sollst dennoch nicht deinen Mut sinken lassen noch den Hahn mit seinem

Weitere Kostenlose Bücher