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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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paar Nervenstränge kurzschließen?«
    »Tja ... Ist doch eine gute Idee, oder?«
    Ich mußte lachen. Das war taktlos, aber das bemerkte ich zu spät.
    »Naja ... ich bin nicht der Stein der Weisen ...« Die Stimme der schlechten Idee wurde plötzlich richtig feindselig. »Was hast du denn von mir erwartet - die Erfindung des Buchdrucks? Der Herr ist wohl wählerisch!«
    Ich hielt nach 16 U Ausschau. Die Situation wurde langsam unangenehm. Der wandelnde Bart sah mich mißtrauisch an. »Überhaupt - was bist du denn eigentlich für einer? Siehst mir nicht gerade wie eine Idee aus! Bist du etwa einer von denen aus der anderen Gehirnhälfte?«
    Die Idee umklammerte meinen Arm und wurde lauter. »He! Seht mal her, was wir hier haben!«
    Das geschäftige Treiben um mich herum verstummte, alle Blicke richteten sich auf mich. Der Griff um meinen Arm verstärkte sich.
    »Der junge Herr hier ist was Besseres! Wir sind nicht gut genug für ihn!«
    Aus neugierigen Blicken wurden ärgerliche, aus geschäftigem Stimmengemurmel bösartiges Gemaule.
    »Was hat der Kerl hier überhaupt zu suchen? Ist wahrscheinlich einer von dem Gesocks aus der rechten Hirnhemisphäre!« rief jemand.
    Die anderen Ideen bildeten einen dichten Ring um uns. Der Vorfall schien eine willkommene Ablenkung von ihrem hoffnungslosen Treiben zu sein.
    »Er sieht ganz anders aus als wir!« rief eine dünne Stimme aus der Menge.
    »Ich bin auf der Durchreise!« versuchte ich mich zu verteidigen, aber meine Bemerkung ging im allgemeinen Tumult unter.
    »Er ist ein Spion!« krähte die Idee mit dem Bart. »Er will unsere guten Ideen stehlen!«
    Jetzt platzte mir der Kragen. Ich riß meinen Arm los und stieß die Idee von mir. »So ein Blödsinn!« rief ich laut. »Was gibt es denn hier zu klauen? Gar nichts! Ihr seid doch nur ein Haufen von völlig unbrauchbaren Schnapsideen!« Die Meute verstummte. Es gibt Augenblicke, in denen die Wahrheit das Falscheste ist, was man von sich geben sollte. Die Blicke der Ideen wurden jetzt noch feindseliger, der Ring enger. Es war der Bart, der den entscheidenden Vorschlag machte.
    »Wir sollten ihn in den See des Vergessens werfen!«
    Viele Arme ergriffen mich und hoben mich hoch.
    »Ja! Werft ihn in den See des Vergessens! Er ist ein Spion! In den See des Vergessens mit ihm.«
    Wie ein Korken auf hoher See wurde ich von der Meute weggetragen.
    »In den See des Vergessens mit ihm!« krakeelte die Idee mit dem Bart, die die Menge anführte. »Und danach starten wir eine Revolution! Diesmal sind sie zu weit gegangen! Wir Werden das ganze Gehirn ins Chaos stürzen! Sie haben lange genug auf uns herumgetrampelt. In den See mit ihm!«
    Bollogg-Gehirn, das [Forts.]: In jedem Bollogg-Gehirn befindet sich ein sogenannter See des Vergessens, ein einem kochenden Teersee nicht unähnlicher Tümpel aus flüssiger Vergeßlichkeit. Wer oder was in ihn hineinfällt, stirbt den Tod durch Vergessen, was eine besonders radikale Form des Dahinscheidens ist, denn es bleibt nichts übrig, nicht einmal eine Erinnerung.
    Und das war nun das unangenehmste Ende, das ich mir vorstellen konnte: Tod durch Vergessen. Für immer zu verschwinden, ohne die geringste Erinnerung zurückzulassen, sich einfach aufzulösen, ohne sich in das Bewußtsein seiner Zeitgenossen eingebrannt zu haben. Eigentlich war ich angetreten, um berühmt, vielleicht sogar unsterblich zu werden. Dies hier war das genaue Gegenteil davon.
    Unter mir brodelte der See des Vergessens wie kochende Lava, Schwefeldämpfe stiegen hoch und nahmen mir fast den Atem. Wir standen auf einer Klippe darüber, vier Ideen hielten mich an den Armen fest, die mit dem Bart stand neben uns und schwang mit überschnappender Stimme eine Rede an die übrigen, die sich um den Tümpel versammelt hatten:
    »Das ist der Anfang einer neuen Zeit!« schrie sie. »Wir werden die Herrschaft über das Gehirn übernehmen! Weg mit der alten Ordnung! Es lebe die Anarchie! Wir werden jeden Winkel des Gehirns mit Chaos erfüllen! Und dies hier soll unser erstes Opfer werden, dieser Scherge der alten Gehirnhierarchie! Auf mein Kommando! Bei drei werft ihr ihn in den See des Vergessens!«
    Ich überlegte fieberhaft nach einem Ausweg, aber es hätte wenig Zweck gehabt, gegen so viele Gegner einen Kampf zu beginnen.
    »Eins!« zählte die Idee mit dem Bart.
    Wie sich flüssige Vergeßlichkeit wohl anfühlte? Gab es eine Chance, schwimmend daraus zu entkommen?
    Bollogg-Gehirn, das [Forts.]: Flüssige Vergeßlichkeit besteht zu

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