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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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Lügengladiatoren seither in endlosen Variationen plagiierten, ebenso wie die Fhakir-Variante, ein schwindeltechnischer Schachzug, der es einem erlaubte, danach in über fünfhundert verschiedenen Richtungen weiterzulügen. Er war Erfinder der sogenannten Weißen Lüge, einer Trugtaktik, so zart, so charmant, mit so großer Behutsamkeit konstruiert, daß man ihr auf der Stelle erlag und sie gleichzeitig verzieh, als wäre sie nie geschehen. Nicht zuletzt hatte er den Doppelten Haltlosen eingeführt, eine Schwindeltechnik, die man nur mit dem zwei fachen Salto ohne Netz oder einem Looping mit verbundenen Augen vergleichen kann. Er hatte die Flunker-Flanke kreiert, eine sozusagen über die Bande zu sich selbst zurückgespielte Lüge, die nur den Besten gelang. Er hatte Rasputin Zoroaster (ein Künstlername), den nattifftoffischen Meisterscharlatan, vierzehnmal hintereinander geschlagen. Er war der Schöpfer des sogenannten Nussram-Tänzelns, bei dem er schwindelmäßig auf der Stelle zu treten schien, den Gegner aber in Wirklichkeit taktisch entkräftete und ermüdete, um ihn dann im entscheidenden Moment mit einer gezielten Lüge direkt zu übertölpeln.

    Er führte die Hasarde in den Lügensport ein, eine tolldreiste Schwindelfigur, die er der Fluchttechnik von Wildhasen und der Pirouettendrehung von Ballettänzerinnen entlehnt hatte. Er hatte eigenhändig eine Lügarythmentafel mit sechsunddreißigtausend Unwahrheiten erstellt und sich in einer Nacht simultan mit den zwölf besten Gladiatoren seiner Generation duelliert und gegen alle gewonnen. Dieser Mann war eine Legende, ein Genie, der Nachtigaller des Lü- gensports. Ich brauchte mir keine Mühe zu geben, gegen ihn zu verlieren. Das würde so oder so geschehen. Nussram Fhakir war ein Hundling, das sollte man wohl noch erwähnen, ein menschlicher Körper mit einem Fuchskopf. Die Hundlinge gingen aus den seltenen Paarungen zwischen Wolpertingern und Werfüchsen hervor, wobei diese seltsame Mischung aus Mensch, Fuchs und Wolpertinger entstand, die in Zamonien nicht unbedingt beliebt, aber geduldet war. Dem Hundling fehlten die gefährliche Aggressivität des Werfuchses und die körperliche Kraft des Wolpertingers, aber er ähnelte beiden genug, um jedermann instinktiv Respekt einzuflößen.
    Hundlinge glichen die fehlenden animalischen Kräfte mit einer überdurchschnittlichen Intelligenz aus und verfügten, das sollte ich noch hinzufügen, über einen gewissen bedrohlichen Charme, der besonders bei der Damenwelt Wirkung zeigte.
    Ansonsten hatten die Hundlinge es nicht leicht in Zamonien. Die meisten führten ein nomadisierendes Einzelgängerdasein, zogen alleine durch den Kontinent und verdingten sich als geschickte Zimmerleute. Nussram, so war es in seiner Biographie nachzulesen, hatte den Weg vom Torfstecher über den wandernden Zimmermann zum Lügengladiator als einziger seiner Rasse geschafft. Dafür wurde er von den Hundlingen wie ein Heiliger verehrt.
    »Verzeihen Sie meine Verspätung!« raunte er mit einer galanten Verbeugung ins Publikum. »Aber ich mußte zunächst aus den Bleikammern von Buchung entkommen, wo ich zu Unrecht und gegen meinen ausdrücklichen Willen festgehalten wurde, was mir nur dadurch gelang, daß ich mich an einem Tag fünfzig Kilo herunterhungerte, um durch die Gitterstäbe zu schlüpfen. Ich brauchte dann leider eine gewisse Zeit, um mir das Gewicht wieder anzuessen, damit ich mein geschätztes Publikum hier nicht dem Anblick meines ausgemergelten Körpers aussetzen muß. Die letzten paar Kilo erforderten das Verschlingen von diversen Sahnetorten, eines Elchschinkens und mehrerer Meter Bratwurst, was ein paar Minuten länger dauerte, als ich veranschlagt hatte!«
    Der Applausmesser war noch gar nicht eingeschaltet, und er fing schon an, seinen Charme zu versprühen und seine Ideen zu verschleudern, als ob er zuviel davon hätte. Nicht einmal ich wagte diese dreiste Behauptung anzuzweifeln und fiel in den allgemeinen Beifall ein, so bezaubert war ich vom Auftritt meines Idols.
    Ich fragte mich, warum Smeik so ein Theater gemacht hatte. Gegen so einen Gegner würde ich ganz selbstverständlich verlieren, gleichgültig, wie sehr ich mich ins Zeug legte. Und ich würde es mit Vergnügen tun.
    Er schwang sich elegant auf den Herausforderer-Thron und entfernte mit einer fächelnden Handbewegung ein paar unsichtbare Krümel von seinem Umhang.
    »Lange nicht mehr hier gesessen«, seufzte er melancholisch. »Der Herausforderer-Thron. Wie

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