Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
Vom Netzwerk:
ohrenbetäubender anhaltender Applaus.
    Zehn Punkte, das Höchste auf der Skala.
    Es ist erschütternd, einen Stollentroll noch kleiner werden zu sehen, als er schon ist. Lord Nelloz lief schluchzend von der Bühne. Sieg in drei Runden, das hatte es in diesem Sport noch nie gegeben. Ich hatte es nicht nur dem Stollentroll gezeigt, ich war nebenbei auch noch Lügenkönig geworden, und zwar in Rekordzeit.
    Und das war erst der Anfang eines langen Zopfes, der aus Glückssträhnen geflochten war.
    Als Volzotan Smeik in die Kabine kam, war er den Tränen nahe. Er preßte mich an seinen schwammigen Bauch. »Ich könnte diese Tränen vergießen über das viele Geld, das ich dummerweise auf deinen Gegner gesetzt habe, mein Junge«, schluchzte er, »aber es sind Tränen der Freude! Der Freude, einen solchen Tag noch miterleben zu dürfen. Ich war lange Zeit der Meinung, daß mit Nussram Fhakir dem Einzigartigen der letzte geborene Lügengladiator die Bühne verlassen hat. Aber du - du bist seine Wiedergeburt! Laß mich dich drücken.«
    Er drückte mich.
    Schon eine Woche später hatte ich den ersten Titelverteidigungskampf zu bestehen, gegen einen Wolterken, der es sogar bis zur fünften Runde schaffte, in der ihn das Publikum von der Bühne pfiff.
    In den folgenden sieben Monaten hatte ich 28 Kämpfe, lauter Siege, 27mal durch Aufgabe des Gegners vor der siebten Runde, einmal nach zehn Runden gegen einen dieser sturen irischen Druiden, der selbst durch Maiskolbenwürfe des Publikums nicht von der Bühne zu verscheuchen war. Zwischendurch machte ich Sparringskämpfe mit einigen der Besten aus der Branche, die ich ausnahmslos haushoch gewann.
    Smeik wich nicht mehr von meiner Seite, er las mir jeden Wunsch von den Augen ab und überschüttete mich mit Geschenken und Aufmerksamkeit. Chemluth und ich bekamen unsere eigenen Rikschadämonen, die Tag und Nacht für uns zur Verfügung standen.
    Chemluth nutzte meine Popularität aus, um haarige Mädchen kennenzulernen. Bei jedem Kampf saß ein anderes neben ihm in der ersten Reihe, während er mir großspurige Anweisungen zurief, die ich kaum nötig hatte. Leider hielt keines der Verhältnisse, und ich bekam sogar den Eindruck, daß Chemluth die Mädchen kaum mehr beachtete, als habe er die Hoffnung aufgegeben, jemals die Richtige zu finden. Natürlich wohnten wir längst nicht mehr im Schraubenturm, sondern in einem Nobelvorort von Atlantis, in den grünen Hügeln von Naltatis-Nord, wo jedes Haus bei Nacht einen atemberaubenden Blick auf das Lichtermeer der Stadt hatte.
    Mir gehörte eine Villa mit 52 Zimmern, drei künstlichen Schwimmtümpeln und einer eigenen LügenduellBühne, auf der ich üben konnte, wenn ich zu Hause war. Aber ich trainierte nie, weil ich ein Spontantalent war. Übung verdarb meinen Stil.
    Ich mußte einmal pro Woche auftreten, das gab mir einen Freilauf von sechs Wochentagen, kein schlechtes Verhältnis von Arbeit und Freizeit. Smeik gab sich alle erdenkliche Mühe, mich abzulenken und ein System um mich herum zu schaffen, das ausschließlich für mein Wohlgefühl zu sorgen hatte. Ich hatte zwei eigene Köche, einen für die kalte und Zakob Yoa, meinen alten Arbeitgeber und hoawiefischen Meisterkoch, für die warme Küche. Rund um die Uhr standen ein Masseur zur Verfügung und ein Vorleser, der während der Massage aus den Werken von Hildegunst von Mythenmetz vortrug, denn das war Balsam für meine Nerven.
    Ich war eine wichtige Figur des öffentlichen Lebens in Atlantis geworden - wenn nicht die wichtigste. Auf meinem persönlichen Schreibtisch türmten sich die Einladungen zu Partys, Soireen, Abendessen, Galas, Ausstellungseröffnungen und Wohltätigkeitsveranstaltungen. Smeik traf dabei die Auswahl. Wir hatten drei feste Stunden am Tag, in denen ich mit der Presse sprach. Man sollte meinen, daß niemand so interessant ist, daß er jeden Tag drei Stunden lang Lesenswertes von sich geben kann, aber die Atlanter waren so versessen auf ihre Gladiatoren und vor allem auf den Titelinhaber, daß alles gedruckt wurde, was ich von mir gab, von Wissensresten aus der Nachtschule bis hin zu Kochrezepten, Wetterprognosen und ausführlicher Beschreibung meiner Fellpflege. Manchmal brabbelte ich nur völlig Belangloses vor mich hin, aber es wurde Wort für Wort gedruckt und vom Fanpublikum gierig verschlungen. Der ATLANTIS TAGESANZEIGER hatte einen Mittelteil, der ausschließlich mir gewidmet und doppelt so umfangreich wie die übrige Zeitung war. Ich veröffentlichte

Weitere Kostenlose Bücher