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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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Zeitpunkt ist nicht fern, an dem diese Dinge zu ihrem Ende kommen. Äh...«
    Er suchte nach Worten.
    »Also, die Unsichtbaren Leute, die ... äh ... wie soll ich sagen?«
    Er kratzte seinen Raubtierschädel. Wolpertinger waren gut mit der Faust und am Schachbrett, aber die flüssige Rede war nicht ihre Sache.
    »Also, ich kann das jetzt nicht so gut erklären ... äh ... Fredda!«
    »Fredda?« Woher kannte der Wolpertinger Fredda?
    »Also ... es hat mit den blauen Blitzen zu tun und mit den Erdbeben ... Ein anderer Planet. Wir fliegen. Zamonien versinkt. Nein, andersrum ... herrje, wie soll ich das erklären?« Das wußte ich auch nicht.
    »Hör zu ... Jemand anderes wird es dir erklären, jemand, den du kennst. Man wartet auf dich, tief unten in den Eingeweiden von Atlantis. Ich kann euch nicht hinführen, ich muß zurück, um mich auf den großen Augenblick vorzubereiten. Meine Familie ... Ich habe jemanden herbestellt, der euch dorthin bringt. Er müßte gleich hier sein.«
    Rumo sprach in Rätseln. Entweder hatte er einen leichten Dachschaden, oder er legte es darauf an, mich zu verwirren. »Ga! Da kommt jemand«, sagte Chemluth.
    Schritte im Tunnel.
    »Ah, da ist er. Ihr könnt ihm vertrauen.«
    Die Gestalt trat aus dem Dunkel. Es war der Stollentroll.
    »Du solltest dich von meiner Ähnlichkeit mit einem Stollentroll nicht zu unüberlegten Handlungen verleiten lassen«, sagte der Stollentroll. »Ich bin sozusagen nur noch äußerlich ein Stollentroll. Inwendig habe ich eine komplette Läuterung erfahren. Kähähä! Ab jetzt bin ich dein Lebensretter.«
    Ich versuchte dem Wolpertinger meine Abneigung gegen Stollentrolle zu vermitteln.
    »Ich verstehe deine Bedenken. Aber ich habe persönlich für die Gesinnungswandlung dieses Trolls Sorge getragen.« Er beugte sich herunter zum Stollentroll, packte ihn am Hals und raunte ihm mit gefährlich gefletschten Zähnen zu: »Du weißt doch noch, was dir passiert, falls ihm ein Haar gekrümmt wird?«
    »Ja, ich weiß«, sagte der Troll kleinlaut. Man sah deutlich, daß dieses Wissen dem Stollentroll nicht behagte.
    Rumo wünschte uns viel Glück. Dann gab er dem Troll die Fackel und verschwand in der Dunkelheit.
    Wer einmal von einem Stollentroll in die Irre geführt worden ist, bleibt sein Leben lang skeptisch, was die fremdenführerischen Fähigkeiten dieser Labyrinthbewohner angeht. Daher bekam ich immer größere Zweifel, je tiefer wir ihm in die Eingeweide von Atlantis folgten. Zuerst waren wir durch Kanalisationstunnel gewatet, knietief in brackigem Abflußwasser, während grünäugige Ratten zwischen unseren Beinen herumhuschten und uns bösartig anfiepsten. Wir stiegen eine lange, steile und glitschige Steintreppe hinab, die zum größten Teil von Moos überwachsen war, mindestens einen Kilometer in die Tiefe. Wo führte das hin? »Es ist eine Abkürzung«, sagte der Troll, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Das hier sind Ruinen der Unsichtbaren Leute. Niemand traut sich hier hin, außer Tunnelratten und Kanaldrachen. Dieser Teil von Atlantis muß vor vielen tausend Jahren entstanden sein. Hier ist nichts so wie da oben, kähä!«
    Überall wimmelte es von Nachtschattengeschöpfen, Ratten, bunten Leuchtkäfern, Asseln, Tausendfüßlern, Spinnen und Raupen, die im Dunkeln glimmten. Immer wieder wurden wir von Fledermäusen umflattert. Die Wände waren naß, und seltsamerweise machte das Wasser den Eindruck, als liefe es an ihnen hinauf.
    Die Tunnel wurden immer größer, an ihren Decken pulsierten in kurzen Abständen grüne und blaue Lampen, als ob Quallen sich dort oben festgesogen hätten. Wir wateten immer noch durch übelriechendes Brackwasser. Etwas Schleimiges schlängelte sich um meine Füße.
    »Das sind Schlangenegel«, erläuterte der Stollentroll. »Die beißen nicht. Sie saugen nur ein bißchen.«
    Nach einer halben Stunde Fußmarsch betraten wir einen geräumigen Tunnel, der von besonders vielen Deckenlampen beleuchtet wurde. An seinem Ende lag etwas Großes, Lebendiges. Es sah aus wie ein atmender Berg aus Schuppen. »Oha!« machte der Stollentroll. »Wie unangenehm! Ein Kanaldrache.«
    Aus dem
»Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder,
Daseinsformen und Phänomene Zamoniens
und Umgebung«
van Prof. Dr. Abdul Nachtigaller
    Kanaldrache, der: Sozial verwahrloste Gattung aus der einstmals an der Oberfläche lebenden Familie der Großeidechsen [Saurii], kaltblütige Spaltzüngler von langgestreckter Gestalt [bis zu 25 Meter] mit großzügiger

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