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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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stöhnte mitleidheischend.
    »Oder nehmen wir mal die Gewissensbisse. So was kannte ich früher gar nicht. Ich habe meine Opfer gefressen, und damit basta. Heute fresse ich sie immer noch, aber ich habe nachher Schuldgefühle. Ich frage mich, ob meine Opfer Familie und Kinder haben oder ob sie gesund für meinen Blutdruck sind. Die ganzen Sorgen machen mich noch mal verrückt.« Das sprachbegabte Monstrum seufzte. Es war offensichtlich gesprächsbereit.
    »Na, dann laß mich doch einfach laufen«, empfahl ich. »Dann sparst du dir die Schuldgefühle. Und Bärenfleisch soll ganz schlecht für den Blutdruck sein.«
    Einen Versuch war es wert, fand ich. Was sollte schon passieren?
    »Aha, da stehst du also!« rülpste das Ungetüm hämisch und ließ seinen Schwanz losschnellen.
    Was für eine heimtückische Echse! Sie hatte mich vorsätzlich zum Reden gebracht, damit ich ihr mit dem Klang meiner Stimme verriet, wo ich stand. Die Schwanzspitze sauste direkt auf mich zu.
    Zum Umdrehen und Weglaufen war es zu spät, also ließ ich mich einfach fallen und preßte mich fest in den matschigen Tunnelboden. Die Horndolche säbelten nur wenige Zentimeter über mich hinweg ins Leere.
    Der Drache fauchte enttäuscht. »He! Wo bist du?«
    Ich sprang auf die Füße und rannte los. Plitschplatsch, hallte das Echo meiner Sprünge von den Tunnelwänden zurück. Der Drache stieß sich wieder mit seinen Schenkeln ab. Wuuusch! - Zwanzig Meter.
    »Tolle Fortbewegungsmethode, was?« schnaufte er nicht ohne Stolz in der Stimme. »Das gehört zu den Vorzügen des Nachdenkens. Da wäre ich vorher nicht drauf gekommen.« Wuuusch! - Zwanzig Meter.
    Ich war beinahe am nächsten Loch angekommen. Chemluth hing daraus kopfüber in den Tunnel hinein wie ein Trapezkünstler. Der Stollentroll hielt ihn an den Beinen fest. »Los! Ga! Spring!« rief Chemluth. »Wir ziehen dich hoch!« Das war völlig unmöglich. Der Stollentroll würde es niemals schaffen, das Gewicht von uns beiden hochzuziehen. Aber in der Gefahr ergreift man den dünnsten Grashalm. Ich stieß mich ab und ergriff im Sprung Chemluths Hände. Der Stollentroll zerrte und ächzte.
    »Ich schaff es nicht!« stöhnte er. Langsam wurde er von dem Gewicht nach unten gezogen. »Du bist zu schwer!«
    Das hatte ich mir schon gedacht. Ich wunderte mich nur darüber, daß er nicht einfach losließ. Er hätte sich ganz einfach aus der Gefahrenzone bringen können, indem er Chemluth fallen ließ.
    Wuuusch! - Zwanzig Meter.
    Der Drache war jetzt mit seinem hinteren Teil direkt unter uns. Wie eine Treppe schichteten sich die Hornplatten seines Rückenpanzers unter meinen Füßen.
    Eine Treppe! Wie praktisch! Ich brauchte nur auf dem Rüden des Drachens hinauf in das Loch zu spazieren! Der Troll zog Chemluth hoch, und bevor die Echse begriff, was geschah, war ich durch das Loch gestiegen.
    »Nichts wie weg!« rief der Troll. »Wir sind noch nicht in Sicherheit!«
    Wir rannten los. Der Tunnel war viel enger als der darunterliegende, Chemluth und dem Troll machte das nichts aus, aber ich mußte mit eingezogenem Kopf und gekrümmtem Rücken laufen. Hinter uns steckte der Drache seinen Kopf durch das Loch.
    »Bleibt doch hier!« schnaufte er uns hinterher. »Wir könnten uns nett unterhalten.« Er holte tief Luft.
    »Vorsicht!« rief der Stollentroll. »Er will uns grillen!«
    Wir sprinteten, so schnell wir konnten. Der Drache gurgelte und spie dann einen Flammenstrahl in den Tunnel, der das Wasser an den Wänden zischend verkochen ließ. Als dieser bei uns ankam, war er allerdings nur noch ein sehr heißer Wind. Wir waren schon zu weit. Wir hüpften hinter dem Troll her in einen Seitentunnel.
    »Hier and wir in Sicherheit«, japste er.
    Wir ruhten uns einen Augenblick aus, ächzend und schnaufend an die Tunnelwand gelehnt.
    Ich konnte es nicht glauben: Der Stollentroll hatte mir das Leben gerettet. Zumindest war er an meiner Rettungsaktion aktiv beteiligt gewesen und hatte sein eigenes Leben riskiert.
    »Du hast dich wirklich zu deinem Vorteil entwickelt. Das hätte ich dir nicht zugetraut.«
    »Ich hab's dir ja gesagt«, kicherte der Troll. »Was hast du mir gesagt?«
    »Verlaß dich niemals auf einen Stollentroll! Kähähä!«

    Nach etwa einer Stunde Abstieg in die Unterwelt änderte sich die Architektur der Tunnel auf beeindruckende Weise. Wir betraten einen quadratischen Gang, dessen Wände den Anschein von schimmerndem Metall hatten, aber andauernd die Farbe wechselten. Das wirklich Beunruhigende

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