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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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Bezahnung [bis zu neunhundert Schneide- und Backenzähne], schuppenhafter Haut aus verschiedenfarbigen Hornhautplatten, warzigen Höckern, Kämmen und Falten. Die Kanaldrachen schützten die Sumpflandschaft, die Atlantis vor vielen Jahren gewesen ist, bevor sie austrocknete und mit Häusern bebaut wurde. Sie kamen mit dem Leben in der Großstadt nickt zurecht und verzogen sich in die umfangreiche Kanalisation. Kanaldrachen ernähren sich grundsätzlich von allem, was mit dem leistungsfähigen Verdauungssystem eines Kanaldrachens verdaubar ist, und das ist eigentlich so gut wie alles, einschließlich Holz, Basalt, Tieren, Menschen, Halbwesen, ja, sogar anderen Kanaldrachen.
    Der Drache füllte den Tunnel in ganzer Breite aus. Um an ihm vorbeizukommen, hätte man schon über ihn hinwegsteigen müssen, was allerdings eine Möglichkeit war, die nur ein Verrückter in Erwägung ziehen konnte. »Wir müssen über den Drachen drübersteigen«, sagte der Stollentroll. Er drehte sich zu uns um. »Guckt mich nicht an, als wäre ich verrückt! Ich habe das schon hundertmal gemacht. Der Drache schläft. Der merkt nichts, kähähä!«
    Kanadrache, der [Forts.]: Kanaldrachen sind Schlafverdauer, das bedeutet, daß sie sich während der einen Hälfte ihres Lebens damit beschäftigen, Beute zu jagen und zu fressen, und während der anderen Hälfte damit, die Beute schlafend zu verdauen. Begegnet man einem schlafenden Kanaldrachen, darf man sich einerseits beglückwünschen, ihm nicht in seiner aktiven Phase begegnet zu sein, andererseits sollte man aber auf der Hut bleiben, denn es gehört zu den Jagdmethoden des Drachen, sich schlafend zu stellen.
    Hinter uns waren Smeik und alle Kriminellen von Atlantis und vor uns ein allesfressender Kanaldrache. Wir mußten uns entscheiden.
    Der Stollentroll stieg zuerst auf den Drachen. Mit festen Schritten marschierte er den Rücken hinauf. »Seht ihr« Er schläft! Kähähä!« krähte er, für meinen Geschmack etwas zu laut.
    Um uns zu beweisen, wie fest der Drache schlief, trampelte der Troll auf ihm herum, als sei er eine begehbare Skulptur. »Der merkt nichts, kähä!« feixte er und sprang dem Drachen mit beiden Füßen in den Rücken, immer wieder. »Na kommt schon.«
    Chemluth stieg als nächster hinauf, dann ich. Der Stollentroll tanzte jetzt eine Art Steptanz auf den Schuppen des Drachen.
    »Kannst du mal damit aufhören?« bat ich ihn. »Du machst mich nervös.«
    »Der merkt nix!« rief der Stollentroll. »Der schläft.«
    Er sprang noch einmal heftig auf den Echsenpanzer. Schwer zu sagen, ob der Drache tatsächlich dadurch geweckt wurde oder er sich nur die ganze Zeit schlafend gestellt hatte. Jedenfalls sperrte er jetzt sein klebriges Echsenrnaul auf, was sich anhörte, als würde ein großes Pferd in der Mitte auseinandergerissen. Er brüllte einen erschütternd menschlich klingenden Schrei in den Tunnel und bäumte sich ruckartig auf, wodurch Chemluth, der Stollentroll und ich seinen Rücken hinunterpurzelten.
    Sein Schwanz peitschte durch den Stollen wie ein gerissenes Tau. Wir tauchten gerade noch rechtzeitig darunter weg und preßten uns flach auf den Boden. Er war mit meterlangen Hornstacheln besetzt und fegte mehrmals über unsere Köpfe hinweg.
    Der Drache rollte den Schwanz ein und jaulte wie ein geprügelter Hund. Dann fauchte er einen Flammenstrahl in den Tunnel, der die Szene kurz grell erleuchtete und uns Fliehende als Schattenspiel an die Wände warf. Wir sprinteten los, um aus seiner Reichweite zu kommen. Der Drache verdrehte seinen Echsenhals und fauchte wütend, aber anscheinend war er nicht in der Lage, sich umzudrehen.
    »Er steckt im Tunnel fest. Er ist zu fett«, erklärte der Stollentroll. »Das geht den meisten Kanaldrachen so. Sie fressen zuviel. Eines Tages sind sie so dick, daß sie sich nur noch in eine Richtung fortbewegen können. Der kann nur vorwärts, kähähä!«
    In diesem Augenblick begann der Drache, sich rückwärts zu bewegen.
    Es ist unglaublich, wie schnell sich Kanaldrachen bewegen können. Er stieß sich einfach mit seinen mächtigen Schenkeln vom Boden ab und rutschte auf dem Tunnelschlick gute zwanzig Meter in unsere Richtung.
    Wuusch!
    Dabei fegte er seinen Hornschwanz hin und her wie einen Dreschflegel. Wir rannten los, kamen aber auf dem glitschigen Boden bei weitem nicht so schnell voran wie die Echse. Wuuusch! Zwanzig Meter.
    Wuuusch! Zwanzig Meter.
    Er mußte sehr lange an dieser Jagdtechnik gearbeitet haben. Zwar war er nicht in

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