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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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war, daß ich solche Farben noch nie gesehen hatte. »Blöde Farben«, kommentierte der Troll. »Können einen richtig nervös machen, kähä!«
    Anstelle der blauen Quallen spendeten jetzt gelbe Kugeln, die frei unter der Tunneldecke schwebten, ein gespenstisches kaltes Licht. Jeder unserer Schritte wurde vom Echo dutzendfach vervielfältigt. Lange Kabel in zahlreichen Farben liefen an den Wänden entlang und knisterten elektrisch. Etwa alle hundert Meter stand in der Mitte des Tunnels ein Gerät aus grünem Glas, das wie in einer unverständlichen Sprache vor sich hin brummte.
    »Das sind die Transistoren«, sagte der Troll, als ob das irgendwas erklären würde. »Nicht anfassen, bitte! Sehr elektrisch.«
    Dann wurden die Tunnel zu langen Schächten aus massivem polierten Holz, das über und über mit kunstvollen Ornamenten und Runen beschnitzt war. Der Boden schien aus leicht nachgebendem Gummi zu sein. Alle Feuchtigkeit war verschwunden, die Temperatur auf ein angenehmes Maß gesunken, es war, als spazierte man durch ein gepflegtes, wohltemperiertes Museum.
    Betraten wir einen dieser Holzschächte, schien sich lebendiges Licht um uns zu versammeln, es bildete sich eine helle Blase, die unsere Gruppe begleitete, bis wir im nächsten Schacht von einer neuen Blase übernommen wurden. Dieses Licht gab einen dünnen unfreundlichen Summton von sich, der in den Ohren schmerzte.
    Anschließend ging es einen gewundenen Weg ohne Stufen hinab, eine Spirale aus Stahl, die sich ungefähr einen Kilometer in die Tiefe schraubte. Das Besondere an diesem Weg war, daß man auf ihm nicht zu gehen brauchte. Er bewegte sich von selbst nach unten.
    In die Wände waren große farbige Glasfenster eingelassen, ähnlich wie in den großen Kathedralen von Atlantis, aber mit wesentlich abstrakteren Abbildungen, die aussahen wie fremde Sternensysteme. Hinter den Fenstern pulsierte weißes Licht.
    Die Spirale endete vor einer mächtigen Tür aus silberschwarzem Pyrit (oder einem ähnlichen Material), vielleicht fünfzehn Meter hoch und mit fremdartigen silbernen Intarsien versehen.
    »Da sind wir«, sagte der Stollentroll.
    Er steckte seinen Zeigefinger in ein kleines unscheinbares Loch neben der Tür, und sie öffnete sich ohne jedes Geräusch wie ein Theatervorhang, der in die Höhe gezogen wird. Wir schritten durch die Öffnung in eine große Halle, vielleicht zehnmal so groß wie das Megather, in der sich meiner Schätzung nach Zigtausende atlantischer Lebewesen befanden. Venedigermännlein, Wolterken, Blutschinken, Nattifftoffen, Zwerge, Gnome, Yetis - sie alle wimmelten durcheinander wie zur Hauptgeschäftszeit auf der Ilstatna und schenkten uns keinerlei Beachtung.
    Der Troll ging zügig voran durch die geschäftige Menge, wir folgten ihm, mittlerweile mit weniger Bedenken. In der Halle erhoben sich mehrere riesenhafte Maschinen, die an nichts erinnerten, was ich auf dem Gebiet der Mechanik kannte (und das war, nach der umfassenden Ausbildung in der Nachtschule, eigentlich alles).
    Zum Teil bestanden sie aus dunklen Kristallen, zu anderen Teilen aus rostigem Eisen, wieder andere schienen aus poliertem Holz zu sein, in das mächtige Kupfernägel getrieben waren. In ihrem Innern brummte und flüsterte es, so wie in den kleineren Maschinen in den Tunneln. Auf mich machten sie den Eindruck großer, beruhigender Schönheit.
    In der Mitte des Saales ragte durch einen Schlitz die Hälfte eines gigantischen Zahnrades aus Edelstahl aus dem Boden und drehte sich unablässig. Unter der Decke zuckten die harmlosen blauen Blitze, die wir von den schwülen atlantischen Nächten kannten.
    Jemand steckte mir einen Finger ins Ohr.
    Ich drehte mich um. Es war Fredda.
    Fredda kicherte und zeigte alle Anzeichen von Verlegenheit. Sie war größer geworden und, wenn man das von einer Berghutze behaupten kann, hübscher. Ihr Haar stand nicht mehr struppig ab, es war glatt nach unten gekämmt und hatte einen seidigen Glanz bekommen. In der Hand hielt sie ihren Notizblock.
    Ich war gebührend verdattert, dennoch gelang es mir, Fredda und Chemluth einander vorzustellen. Fredda kicherte noch nervöser, und Chemluth sah aus, als hätte ihn ein blauer Blitz getroffen.

    »Ga«, grunzte er wie hypnotisiert. »Viele Haare.«
    Fredda reichte mir einen ihrer Zettel, wie damals in der Nachtschule.

    »Hallo, Blaubär! Ich habe dich schon erwartet und alles vorbereitet. Man hat mir gesagt daß Du kommst.«
    »Wie lange bist du schon hier? Was ist das hier alles?«

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