Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär
BONGBONGBONGBONGBONGBONGBONG
BONGBONGBONGBONG! !!!!!!!
Damals wußte ich noch nicht, was ein Gewitter in den Finsterbergen bedeutet. Es regnete selten in diesem Gebirge, eigentlich nie, aber wenn es dazu kam, dann richtig.
Aus dem
»Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder,
Daseinsformen und Phänomene Zamoniens
und Umgebung«
von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller
Finsterberggewitter, das: Die Atmosphäre über den Finsterbergen ist durch die Eisenhaltigkeit des Gebirges immer stark elektrisch aufgeladen; wenn es also einmal zu einem Gewitter kommt, was eine sehr seltene Naturerscheinung ist, dann ist es ein Unwetter, das keinen Vergleich mit anderen Naturkatastrophen zu scheuen braucht und das man das »Fin sterberggewitter« oder auch den »Tobsuchtsanfall der Götter« nennt.
Gigantische tintenschwarze Regenwolken türmen sich in Minutenschnelle kilometerhoch über dem Gebirge auf und regnen sich in Tropfen ab, die so groß und schwer wie Kachelöfen sind. Ein einzelner Regentropfen kann eine Badewanne füllen oder einen Elch erschlagen. Millionen von Blitzen pro Sekunde erhellen die Nacht zum Tag und zucken in Richtungen und Bahnen, die gewöhnlichen elektrischen Entladungen normalerweise verwehrt sind. Lange dünne Blitze zischen in die Täler und schlagen Kaskaden von weißen Funken, andere, breit wie Straßen, spalten ganze Gipfel. Kugelblitze fallen wie trudelnde Kometen. Wo sie einschlagen, gibt es mächtige Explosionen, und es entstehen qualmende Krater aus brodelndem geschmolzenen Eisen. Blitze treten in den verschiedensten Formen auf, manche winden sich wie Riesenschlangen um die Berge, andere sind kurz und spitz wie Speere und bleiben sogar einen Moment lang zitternd stecken, wenn sie eingeschlagen sind. Dazu dröhnt ein Donner, der sich anhört, als würde eine Bande von verrückten Riesen mit Lokomotiven auf die Eisenberge einschlagen.
Was wir vernahmen, waren die ersten riesigen Wassertropfen, die auf das hohle Gebirge aufschlugen und es zum Klingen brachten. Dann setzte der Donner ein, tausendmal verstärkt vom Echo der Tunnelwände. Noch nie war ich solch einem Lärm ausgeliefert gewesen.
Zum ersten Mal war ich froh darüber, mich im Inneren der Finsterberge aufzuhalten. Sollten sich die Elemente ruhig austoben, einen besseren Schutz als kilometerdicke Eisenschichten konnte ich mir nicht wünschen. Die Finsterbergmade machte allerdings einen besorgten Eindruck. Sie drehte sich im Kreis, gab winselnde Laute von sich und schien nach etwas zu suchen.
.. .. .. .. .. .. ..
»Aah! Oöh! Aäh! Oöh! Oöh! Aäh! Aäh!«
Ein derart kraftstrotzendes, beinahe unverwundbares Wesen beunruhigt zu sehen beunruhigte wiederum mich. Wieso hatte sie Angst vor einem Gewitter, wo wir uns doch mitten in einem Berg befanden?
Finsterberggewitter, das [Forts.]: Die Finsterberge sind von poröser Struktur, durchlöchert von zahlreichen Gängen wie ein Termitenhaufen [-> Finsterbergmade, die ] . Manche dieser Gänge führen ins Freie, wodurch die Bergwände den im Finsterberggewitter abregnenden Wassermassen zahlreiche Öffnungen zur Verfügung stellen, um das Gebirge reinigend zu durchstrudel. Das wirkt sich positiv auf die Gebirgshygiene aus, aber auch lebensbedrohlich für jene Geschöpfe, die sich im Inneren der Berge befinden. Natürliche Bewohner der Finsterberge wie ->Finsterbergmaden und -> Stollentrolle verfügen allerdings über Gaben der Natur, die ihnen ein Überleben unter diesen Umständen gestatten. Finsterbergmaden z.B. können bis zu zwei Stunden lang die Luft anhalten.
Ich war alles andere als ein natürlicher Bewohner der Finsterberge, und ich verfügte auch nicht über irgendwelche Gaben der Natur, die mir gestatteten, unter Wasser zu überleben. Die dicken schweren Wassertropfen sammelten sich in den Stollengängen zuerst in Rinnsalen, wurden, während sie durch die Schächte abwärts stürzten, zu Bächen und schließlich zu reißenden Flüssen. An einigen Stellen konnte das Regenwasser ganze Gänge durchspülen wie ein Leitungsrohr. Ich befand mich in Lebensgefahr, ich wußte es nur noch nicht.
Die Eisenmade hatte einen Vorsprung in der Tunnelwand gefunden und schlug ihre Stahlklauen fest hinein. Sie biß den mächtigen Kiefer fest zusammen und preßte sich gegen die Wand. Das war die Methode der Eisenmaden, mit einem Finsterberggewitter fertig zu werden: Sie klammerten sich im Felsen fest und hielten die Luft an, bis die Flut vorbei war.
Die herandonnernden Wassermassen schoben die
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