Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär
zurückließ. Das war vermutlich die letzte Chance auf Regen für die nächsten Monate, vielleicht Jahre.
BROMM! (Wasser!) BROMM! (Wasser!) BROMM! (Wasser!) BROMM! (Wasser!) BROMM! (Wasser!) BROMM! (Wasser!) BROMM! (Wasser!) BROMM! (Wasser!)
»Wasser! Wasser! Wasser!« konnte ich nur noch denken, wie ein Verdurstender.
Aus dem
»Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder,
Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und
Umgebung«
von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller
Wasser, zamonisches: Wasser findet sich in Zamonien in mannigfacher und hochvariabler Form, gerne in flüssiger, aber auch in starrer [Eis] oder gashafter [Nebel] Erscheinung. Seltener ist verdichtetes Wasser, eine Randerscheinung von Aqua- Schuhen [->Harte Suppe]. Das größte Wasserreservoir Zamoniens ist der den Kontinent umgebende Zamonische Ozean, der allerdings zur Trinkbarmachung umständlich und aufwendig entsalzt werden muß.
BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM!
Trinkwasser entnimmt man in Zamonien daher vorwiegend den Flüssen, Seen und unterirdischen Wasseradern. Süßes Wasser wird ausschließlich in den unterirdischen Kavernen der ->Süßen Wüste gefunden, rotes und grünes Wasser in den unterirdischen Tropfsteinhöhlen von Vielwasser, wo es aufgrund der balztechnischen Verfärbung von Pantoffeltierchen entsteht.
BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM!
Magnetisches Quellwasser, das bergauf laufen kann, wird gelegentlich an den Abhangquellen der stark eisenhaltigen Finsterberge gefunden. Eine Herstellung von bergauflaufendem Bier aus diesem Quellwasser durch Schweigemönche von der Kirche Der Kasteiten Kastanie sollte das Brauereiwesen revolutionieren und den Bierkonsum erleichtern [man hoffte, das Glas nur noch an die Lippen zu führen, aber nicht mehr kippen zu müssen], scheiterte aber kläglich, weil das Bier auch ungefragt die Trinkgefäße verließ und in der Gegend herumlief.
BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM! BROMM!
Die nutzlosen Informationen des Lexikons machten meine Lage nur aussichtsloser. Ich hätte alles dafür gegeben, sie abstellen zu können.
Birolanisches Birkenwasser, das gelegentlich während starker Hitzeperioden von birolanischen Torfbirken abgesondert wird, gilt in bestimmten Kreisen als heiliges Wasser, das angeblich bei unheilbaren Krankheiten Wunder wirken kann. Sonstige natürliche Flüssigkeitsquellen in Notsituationen sind Regenwolken, Morgentau auf pflanzlichem Blattwerk, ausgepreßte Kakteen, Kamedarhöcker [->Kamedar, das] und natürlich Trä- nen und Speichel, die zu über 90 Prozent aus Wasser bestehen.
Tränen! Speichel! Ich selbst bestand zum größten Teil aus Wasser! Ich brauchte nur zu spucken! Unglaublich, wie vernagelt man ausgerechnet in den größten Krisensituationen sein kann.
Also sammelte ich Spucke in meinem Mund. Besser gesagt: Ich versuchte, Spucke zu sammeln, aber ich fand keine, denn mein Hals war völlig trocken. Die Angst hatte meinen Rachen in ein Dürregebiet verwandelt, meine Zunge war so trocken und rauh wie ein Stück Schmirgelpapier, mein Gaumen wie aus Pergament. Die Spucke schien sich aus lauter Angst vor der Hexenspinne in den Poren verkrochen zu haben, es war mir nicht möglich, auch nur ein winziges Tröpfchen an die Oberfläche zu locken.
BROMM! BROMM! BROMM!
BROMM! BROMM! BROMM!
BROMM! BROMM!
Aber Tränen! Ich brauchte nur zu weinen! Auf Kommando zu weinen hatte ich nicht nur gelernt, sondern sogar zu einer Kunstform erhoben, ich war ein Champion, ach was: der Weltmeister in dieser Disziplin!
Nur hatte ich es schon lange nicht mehr gemacht, und die Situation, in der ich mich befand, erschwerte die Konzentration. Denn mittlerweile hatte die Spinne die Waldlichtung beinahe erreicht, wenn man von der Lautstärke ihrer Schritte ausging.
BROMM! BROMM!
BROMM! BROMM!
BROMM! BROMM!
BROMM! BROMM!
Ich drückte also im Geist auf meine Tränendrüsen, sosehr es nur ging. Ich malte mir Szenen von unerhörter Trauer aus, Ereignisse tiefster Tragik. Begräbnisse meiner besten Freunde, sogar mein eigenes. Aber ich war ganz einfach aus der Übung. Oder lag es daran, daß ich älter geworden war? Wenn man ganz jung ist, heult man aus dem Ideinsten Anlaß, wird man älter, fließen die Tränen etwas spärlicher. War ich überhaupt noch in der Lage zu weinen?
BROMM!!
BROMM!!
BROMM!!
BROMM!!
BROMM!!
BROMM!!
BROMM!!
Das letzte Bromm ließ keinen Zweifel mehr daran, daß die Waldspinnenhexe angekommen war. Ich konnte sie noch
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