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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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beäugt, schienen sie daraus aber keine rechte Freude zu schöpfen. Die Gimpel blieben störrisch in den bezogenen Häusern, in denen sich aber jetzt auch die Fatome wieder unverfrorener bewegten und das Leben etwas unbehaglicher machten. Es kann schon die Gemütlichkeit beeinträchtigen, wenn die ganze Zeit durchsichtige Erscheinungen auf dem Wohnzimmersofa hocken, die einen mit finsteren Blicken durchbohren. Die Unzufriedenheit in der Luftspiegelungsstadt wuchs.
    Bei meinen Wüstenspaziergängen begegnete ich oft Gimpeln, die versuchten, sich mit Märschen rund um die Stadt müde zu laufen. Sie verfolgten mich mit neugierigen Blicken, als wollten sie Zeuge des Augenblickes werden, in dem ich meinen Geistesblitz bekam. Unter solchen Umständen konnte man kaum nachdenken. Der Druck wuchs von Tag zu Tag.
    Eines Nachmittags konnte ich ihre Gegenwart nicht mehr ertragen. Ich ging von meinem gewohnten Weg ab und floh einige Kilometer in die Wüste. Ich setzte mich auf einen Felsen, genoß die Stille und betrachtete die Gegend. Politische Verantwortung, soviel war klar, war nichts für mich. Man mußte über eine gewisse Heimatverbundenheit verfügen, wenn man glaubwürdig den Bürgermeister einer Stadt abgeben wollte. Es war mir allerdings völlig unmöglich, für eine halbstabile Luftspiegelung so etwas wie ein Heimatgefühl zu entwickeln. Nicht einmal die Gimpel konnten das. Sie klammerten sich zwar hartnäckig an die Vorstellung, am Ziel ihrer Reise angekommen zu sein, aber in Wirklichkeit sehnten sie sich zurück in die Wüste. In etwa hundert Metern Entfernung lag eine kleinere Wanderdüne in der Ebene. Ich ertappte mich dabei, daß ich sie um ihre Freiheit beneidete, die Freiheit, dahin zu ziehen, wohin der Wind sie trieb. Sonnenlicht spiegelte sich auf einem glänzenden Gegenstand in der Düne. Dinge, die reflektierten, waren selten in der Wüste, daher erweckte das Glitzern meine Neugier. Ich ging näher heran und fand eine Flaschenpost, die in einer kleinen Sandwelle steckte. Die Schrift darin war völlig verblichen und nicht mehr zu lesen. Das brachte mich auf einen Gedanken. Was wir brauchten, war ein Zeichen.

    Nach drei Tagen kam ein Gimpel aufgeregt in die Stadt gelaufen. Er hatte eine Flaschenpost gefunden und brachte sie zu mir, damit ich die Botschaft darin verlese. Die Gimpel hatten immer noch einen gewissen Respekt vor mir.
    Ich gab mich überrascht:
    »Eine Flaschenpost?« rief ich. »Das muß ein Zeichen sein!« »Ein Zeichen! Ein Zeichen!« riefen die Gimpel, die sich um mich versammelt hatten. Andere Gimpel und auch einige Fatome liefen herbei.
    Feierlich verlas ich die Botschaft. Sie bestand aus vier Regeln:
    . Du sollst nicht in Anagrom Ataf wohnen!
    . So du aber dennoch in Anagrom Ataf wohnest, sollst du dort ausziehen, und zwar hurtig und ohne Murren!
    . Du sollst dich zu einer Stadt begeben, die den Namen Tsnips-Eg'N-Rih trägt!«
    . Und du sollst natürlich das Gimp ehren!

    Das war so dummdreist, daß es mir augenblicklich wieder leid tat, so eine durchschaubare List angewendet zu haben. Ich erwartete, mit verdorbenem Gimp und Buhrufen attackiert zu werden.

    »Du sollst nicht in Anagrom Ataf wohnen!« rief ein Gimpel.
    »So du aber dennoch in Anagrom Ataf wohnest, sollst du dort ausziehen, und zwar hurtig und ohne Murren!« grölte ein anderer.
    »Du sollst dich zu einer Stadt begeben, die den
    Namen TSNIPS-EG'N-RIH trägt!« skandierten mehrere Gimpel gleichzeitig.
    »Und du sollst natürlich das Gimp ehren!«  schrie die ganze Karawane wie ein Mann.
    Es war erstaunlich, wie leicht die Gimpel zum Auszug aus Anagrom Ataf zu bewegen waren, nachdem sie ein Ziel hatten. Es wußte zwar niemand, wo TSNIPS-EG'N-RIH lag, aber das hatte von Anagrom Ataf auch niemand gewußt. Sie packten sofort ihre Sachen zusammen und sattelten die Kamedare. »TSNIPS-EG'N-RIH!! TSNIPS-EG'N-RIH!!« riefen sie ein ums andere Mal. So verschwanden sie in der Wü- ste, ohne sich auch nur von mir zu verabschieden, was ich nach dem ganzen Auserwählten-Trara etwas enttäuschend fand. Aber wahrscheinlich hielten sie es für selbstverständlich, daß ich mit ihnen zog. Vielleicht fingen sie erst nach ein paar Tagen an, nach mir zu suchen. Zuzutrauen war es ihnen.
    Die Fatome waren hochzufrieden mit der Entwicklung. Daß ich ihre Stadt im Wüstensand festgebacken hatte, war zwar bedauerlich, aber nicht mehr zu ändern. Dieser Umstand führte übrigens zu großem Wohlstand der Stadt: Anagrom Ataf wurde in den nächsten

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