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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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ist in Unordnung. Und du hast sicher recht – ich habe mein Leben in dem Glauben vergeudet, dass die Welt mir etwas schuldig sei, dass ich versorgt werden müsse. Aber du hast mich die Wahrheit gelehrt: Wir müssen uns nehmen, was wir wollen, ehe ein anderer uns zuvorkommt.«
    Aus dem Nichts schlugen rings um sie Kugeln ein, rissen den Boden auf, prallten sirrend von den Flugzeugen und Autos ab. Als Paul und Sam herumfuhren, sahen sie Dance, der auf sie zugerannt kam. Seine Dienstwaffe war direkt auf Sam gerichtet. Er schoss unablässig; immer wieder zuckten Feuerzungen aus dem Lauf.
    Sam und Paul warfen sich aus der Schusslinie und gingen hinter einer Cessna Caravan in Deckung. Die tief liegende Unterseite und der dicke Rumpf des umgebauten Frachtflugzeugs schützten sie perfekt.
    »Gib mir die Schlüssel von deiner Cessna!«, rief Sam, an den Boden gedrückt.
    »Was? Du bist zwanzig Jahre nicht mehr geflogen! Heute gibt es keine mechanischen Instrumente mehr. Ich habe ein Glascockpit, keinen Uhrenladen. Das ist komplizierter als jedes Kleinflugzeug, das du je geflogen bist, und jeder Computer, den du je angerührt hast.«
    Sam zog Shannons Ersatzpistole aus dem Hosenbund und richtete sie auf seinen Bruder. »Die Schlüssel. Nun mach schon!«
    »Du bringst dich um«, erwiderte Paul, ohne auf die Waffe zu achten.
     »Vielleicht.« Sam spähte um die Nase des Flugzeugs herum. Dance war noch fünfzig, sechzig Meter entfernt und kam rasch näher. »Aber das Vergnügen gönne ich keinem anderen.«
    Sam drückte seinem Bruder die Pistolenmündung aufs Herz. In Pauls Augen war keine Furcht zu sehen, keine Panik, nur tiefe Traurigkeit und die bittere Enttäuschung, dass der eigene Bruder, von dem er geglaubt hatte, er könne vernünftig mit ihm reden und den er noch immer liebte, tatsächlich auf ihn schießen wollte.
    »Möchtest du, dass Susan Witwe wird?«, rief Sam. »Was ist mit deinen Töchtern? Sind dir ein paar verdammte Schlüssel lieber?«
    Wider besseres Wissen griff Paul in die Tasche, holte die Schlüssel heraus und reichte sie seinem Bruder.
    Sam klemmte sich den Kasten unter den Arm, überprüfte das Magazin in seiner Waffe und rannte los. Die Cessna stand nur dreißig Meter entfernt mit dem Bug zur Zufahrtsstraße, flugbereit. Sam sprintete, so schnell er es mit seinen neunundvierzig Jahren konnte. Nach wenigen Metern keuchte er laut, der Preis für lebenslangen Zigarettenkonsum.
    Dance näherte sich rasch. Er hatte die Entfernung zur Hälfte zurückgelegt, und seine Kugeln pfiffen in einem metronomartigen Sekundenabstand heran.
    Sam war sicher, dass er es schaffte. Er würde dieser Stadt entkommen, diesem mordlustigen Polizisten, dieser ganzen beschissenen Situation. Und war er erst einmal in der Luft, könnte ihn nichts mehr aufhalten. Für die drei Schlösser am Mahagonikasten bräuchte er Zeit, Monate vielleicht, doch er hatte sich die entsprechenden Pläne aus Pauls Akten kopiert. Für ihn gab es keinen Zweifel, dass er diesen Kasten knacken konnte, und dann …
    Er war nur noch fünf Meter vom Flugzeug entfernt, als die Kugel ihn in die Seite traf. Brennender Schmerz riss ihn von den Füßen, und er stürzte schreiend zu Boden. Als er mit dem Schädel auf das Hallenvorfeld prallte, flog ihm der Kasten aus den Händen und segelte sich überschlagend unter die Cessna 400.
     
Als Dance am anderen Ende des Hallenvorfelds Sam Dreyfus mit seinem Bruder Paul neben einer Reihe Privatflugzeugen entdeckte, den Mahagonikasten unter dem Arm, vergaß er sich vor Wut. Er sprang aus dem Wagen, riss die Pistole heraus und feuerte auf den Mistkerl, der ihn betrogen hatte.
    Doch in seinem Zorn hatte er Nick allein auf der Rückbank des Taurus zurückgelassen.
    Unbeobachtet zog Nick die Knie an die Brust, zerrte seine mit Handschellen auf den Rücken gefesselten Hände über sein Hinterteil und schob die Beine durch die Arme, froh, dass Schwimmen und Fitnesstraining ihn gelenkig gehalten hatten. Mit den gebundenen Händen griff er nach Shannons Leiche. Das Blut auf dem Hemd des Toten war hart geworden, und seine toten Augen starrten Nick an. Hastig suchte Nick in Shannons Taschen, fand den Handschellenschlüssel, zog ihn heraus und befreite sich, so schnell er konnte.
    Dann nahm er Shannons Pistole, eine österreichische Glock, musste jedoch feststellen, dass das Magazin fehlte. Er zog den Schlitten zurück: Die Kammer war leer. Er drehte Shannon herum und suchte am Gürtel des Toten nach Ersatzmagazinen, doch sie

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