Die 13. Stunde
Knie weich. Er sank mit dem Rücken gegen Shannons Mustang. Alles, was er getan hatte, alles, was er durchgemacht hatte, um Julia zu retten, war vergebens gewesen. Er hatte mit der Zeit gespielt, hatte dem Schicksal ins Handwerk gepfuscht, als könne er es seinem Willen unterwerfen. Doch dieser Macht war nichts und niemand gewachsen. Keine Zauberuhr, keine Verletzung der Gesetze der Physik. Das Schicksal war stärker.
hatte mit der Zeit gespielt, hatte dem Schicksal ins Handwerk gepfuscht, als könne er es seinem Willen unterwerfen. Doch dieser Macht war nichts und niemand gewachsen. Keine Zauberuhr, keine Verletzung der Gesetze der Physik. Das Schicksal war stärker.
In diesem Augenblick waren 213 Passagiere tot.
Und Julia lag inmitten der Leichen von Flug 502.
Nick zog die Uhr aus der Tasche. Fünf Minuten vor zwölf.
Julia war tot. Schon wieder tot. War er in einer Hölle aus Zeitschleifen gefangen, in der er Julias Tod jede Stunde neu erdulden musste?
Diesmal war sie nicht von Dance’ Hand gestorben, sondern durch seinen Fehler. Er, Nick, hatte sie aus der einen Gefahr gezerrt und in diese zum Absturz verurteilte Maschine gesetzt. Er hatte Dance die Sense aus den Händen genommen und Julia durch seine fehlgeleitete Arroganz selbst getötet.
Alles, wonach er gestrebt hatte, alles, was er getan hatte oder geglaubt hatte, tun zu müssen, war falsch gewesen.
Nick holte sich den Colt Peacemaker aus dem Gebüsch, eilte zu Dance’ Leiche und durchwühlte die Taschen des Toten. Er fand das Handy, klappte es auf und prägte sich die Nummer ein, von der Dance seinen letzten Anruf erhalten hatte. Er richtete sich auf, warf das Handy zu Boden und rannte zu Dance’ Wagen, zur Leiche von Robert Shannon.
Noch hatte er Zeit.
A lles stimmte, alles passte zusammen – jedenfalls im Augenblick. Es gab Strom, keine Flugzeuge stürzten vom Himmel, und keine Einbrüche waren verübt worden. Julia lebte und war in Sicherheit. Das Leben ging seinen gewohnten Gang, und alle Welt freute sich auf das Sommerwochenende.
Niemand ahnte, was kommen würde, niemand wusste von der schrecklichen Wendung, die das Schicksal in einer Stunde und fünfzig Minuten nehmen sollte – niemand außer Nick. Er hatte gesehen, was Byram Hills bevorstand und wusste, was sich bis zum Einbruch der Nacht ereignen würde.
Doch das Schicksal lag in seiner Hand. Er konnte die Zukunft beeinflussen; durch sein Handeln vermochte er den Lauf der Zeit zu ändern.
Julia stand im The Right Thing und blickte auf die Bilderrahmen. Sie wusste nicht, wie groß ein Ultraschallbild war und hatte deshalb keine Ahnung, welche Rahmengröße sie brauchte. Schließlich nahm sie drei verschiedene Größen, um sicherzugehen. In der Bücherecke nahm sie sich ihr Lieblingsbuch, Dr. Seuss’ Fox in Sox, aus einem Regal und legte auf dem Weg zur Kasse noch eine Rolle Teddybärpapier in den Einkaufskorb.
Sie bezahlte, stieg in ihren Wagen und fuhr in Richtung Flughafen. Obwohl das Einchecken und die Sicherheitskontrollen am Westchester Airport nie lange dauerten, wollte sie sich ausnahmsweise viel Zeit lassen, statt in letzter Sekunde zum Flugsteig hetzen zu müssen.
Als sie auf die 684 kam, klingelte ihr Handy. Julia las die Anrufernummer ab und aktivierte die Freisprechanlage. »Hallo, Jo.«
»Es tut mir leid«, sagte Jo Whalen, Julias Sekretärin. »Mr. Isles und Mr. Lerner sind bei Gericht, und natürlich muss es bei der Collier-Fusion ausgerechnet jetzt eine Krise geben. Auf einmal heißt es, die Fusion wird nicht stattfinden, wenn die Trusts der Collier-Kinder keine angemessenen Klauseln für den Fall einer Scheidung der Kinder einschließen.«
Julia lachte. »Die Kinder sind fünf und sieben.«
»Vielleicht können die Eltern in die Zukunft sehen«, sagte Jo. »Jedenfalls, Mr. Lerner möchte, dass Sie in seiner Abwesenheit das Konferenzgespräch abwickeln.«
»Ist das Ihr Ernst? Wann?«
»Jetzt. Mr. Lerner sagte, dass die zwölf Millionen Dollar, die wir in Rechnung stellen können, es durchaus wert sein dürften, einen Flug später zu nehmen.«
»Okay, ich komme zurück«, sagte Julia niedergeschlagen. Ihr war, als hätte man Weihnachten abgeschafft.
»Nicht nötig«, sagte Jo. »Ich habe die Konferenzschaltung vorbereitet und kann Sie durchstellen. Dann können Sie alle Probleme dieses Sperma-im-Glück-Trusts in null Komma nichts ausräumen und erwischen Ihre Maschine noch.«
Julia lächelte. Jo war ein Ausbund an Tüchtigkeit. »Ich
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