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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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bestand, würde ebenfalls sterben. Dennoch – als Nick nun beobachtete, wie die beiden Flugzeuge aufeinander zurasten, musste er erkennen, dass er das Schicksal nicht ausreichend verändert hatte.
    Nick sah die winzige Cessna auf Kollisionskurs mit der riesigen A 300. Er wusste, dass es für die Passagiere keine Hoffnung mehr gab.
    Die Maschinen stießen zusammen. Mit dem Bug voran bohrte die Cessna sich in die Passagiermaschine. Aus der Entfernung – die Flugzeuge waren eine Meile hoch und eine Meile weit weg – sah es aus, als würde eine Mücke einen Vogel angreifen, doch der Schaden, den das kleine Flugzeug seinem riesigen Opfer zufügte, war tödlich. Die Linkskurve der Passagiermaschine setzte sich fort. Flug 502 war nun vom Aufprall regelrecht auf den Kopf gestellt. Ein Feuerball breitete sich aus, als die beiden Maschinen lodernd vom Himmel fielen. Alle Blicke waren auf die abstürzenden Flugzeuge gerichtet.
    »O Gott«, flüsterte Dreyfus und bekreuzigte sich. Erst jetzt hatte er vollends begriffen, was sein Bruder soeben getan hatte.
     Nick wollte sich die Panik und das Entsetzen an Bord der Passagiermaschine gar nicht erst vorstellen. Der Zusammenprall hatte mit Sicherheit die meisten Fluggäste nicht auf Anhieb getötet. Ohne Zweifel lebten die meisten noch, waren gefangen in dem abstürzenden Wrack und wussten, dass sie einen Tod sterben würden, vor dem sich jeder fürchtete, der flog.
    Während das verbogene, glühende Metall zur Erde stürzte, fielen Pünktchen aus dem Heck der Passagiermaschine, von denen Nick wusste, dass es keine Trümmer waren, sondern Menschen. Alle rasten wie die Steine der Erde entgegen.
    Nick und Dreyfus überfiel ein Gefühl der Hilflosigkeit. Sie wünschten, sie könnten etwas tun, könnten zum Himmel greifen und das Geschehen aufhalten.
    Der abstürzende Jet, dieser Sarg aus Metall, angefüllt mit Chaos, verschwand hinter den Bäumen. Beim Aufprall entzündete sich das hochentflammbare Flugbenzin. Ein Feuerball loderte auf und blähte sich hundert Meter hoch in den Himmel. Sekunden später hörten sie die Explosion. Der Boden erzitterte wie bei einem Erdbeben. Schwarzer Rauch quoll träge zum Himmel – ein Wegweiser für die Retter, die aber niemanden mehr lebend vorfinden würden.
    Nick konnte sich nicht vorstellen, was er getan hätte, wäre Julia in dem Flugzeug gewesen, und empfand im Angesicht des Todes so vieler Menschen Trauer und Schmerz, aber auch tiefe Dankbarkeit, dass Julia in letzter Sekunde wegen des Einbruchs aus der Maschine gerufen worden war. Das Schicksal blieb unergründlich, und obwohl Nick es kurz berührt und beeinflusst hatte, ließ es sich von niemandem vorhersehen oder gar kontrollieren.
    Der Augenblick war wie in der Zeit erstarrt. Stumme Gebete wurden für die Toten gesprochen.
    »Wie konnten Sie …« Dreyfus blickte Nick an, fragte aber nicht weiter, sondern zückte sein Handy.
     Nick tat es ihm gleich. Er musste Julias Stimme hören, musste ihr sagen, dass er sie liebte und dass alles in Ordnung war. Doch sein Anruf wurde an die Mailbox weitergeleitet. Erst jetzt fiel Nick ein, dass Julia sich gerade in Washington House vergewisserte, ob tatsächlich ein Einbruch verübt worden war.
    »Ich bin’s, Schatz«, sprach Nick ins Handy. »Der Streit heute Morgen … es tut mir leid. Ich weiß, dass du beschäftigt bist, aber ich würde gerne vorbeikommen und dich sehen. Ruf mich an, wenn du die Nachricht abgehörst hast.«
    Nick drückte die Auflegen-Taste. Ihm wurden eine SMS und ein Anruf in Abwesenheit angezeigt. Nick wählte seine Mailbox an. Er wusste, dass der Anruf von Julia sein musste. Wahrscheinlich hatten ihre Anrufe sich überschnitten.
    Nick hörte sich Julias Nachricht an, und die Wärme in ihrer Stimme tröstete ihn. Er stand da, das Handy ans Ohr gepresst, als wäre es ein Talisman, eine magische Verbindung zu ihr.
    Plötzlich hörte er, wie die Stewardess Julia unterbrach: Sie solle bitte ihr Handy abstellen; die Maschine werde gleich starten.
    Nick krampfte es die Eingeweide zusammen, als er begriff, was er getan hatte.
    O Gott.
    Auf irgendeine Weise hatte er verhindert, dass Julia aus dem Flugzeug stieg … ja, natürlich: Er hatte den Einbruch um fünf Minuten hinausgezögert; deshalb war die SMS des Alarmsystems fünf Minuten später gesendet worden. Zu diesem Zeitpunkt war Julias Handy schon ausgeschaltet. Sie hatte nie von dem Einbruch erfahren und war deshalb nicht mehr aus der Maschine gestiegen …
    Nick wurden die

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