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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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später fuhr Lutwin fort: »Ich habe dir eine Frage gestellt, Junge. Warum verrätst du mich so plötzlich?«
    Gentils Stimme klang gedämpft. Wahrscheinlich war er an Mund oder Kiefer getroffen worden. »Ich bin kein Verräter. Ich schulde dir gar nichts.«
    »Ach ja?« Lutwin lachte. »Deine Mutter lebt noch immer. Schuldest du mir dafür denn gar nichts? Du lebst noch immer. Schuldest du mir auch dafür nichts? Sei kein Narr, Junge. Glaubst du etwa an die falschen Versprechungen der Bergkönigin? Dass sie uns anhören und alles für uns besser machen wird? Pahh! Sie will uns einlullen wie Ratten, die man mit Gift lockt. Du betrachtest mich als Bedrohung, weil ich euren Leben ein Ende bereiten könnte, indem ich euch verrate. Ja, das könnte ich; aber nur wenn du mich zuerst verrätst. Im Augenblick halte ich meine schützende Hand über dich. Mit mir kann man wesentlich vernünftiger reden als mit vielen der Gescheckten, die mir folgen. Sei dankbar dafür, dass ich sie im Zaum halte. Und jetzt Schluss mit dem Unsinn. Du und ich, wir haben viel zu viel gemeinsam, als dass wir einander das Leben schwer machen sollten.« Seine Stimme nahm einen freundlich fragenden Tonfall an. »Was hat dich überhaupt dazu gebracht?«
    Gentil zischte etwas, das ich nicht verstehen konnte.
    Lutwin lachte. »Sie ist eine Frau, Junge, und eine von uns. Ich weiß, es fällt einem Jungen schwer, von der eigenen Mutter als Frau zu denken, aber das ist sie und noch dazu eine recht gutaussehende. Sie sollte das als Kompliment auffassen, und als Ermahnung. Sie hat viel zu lange von uns getrennt gelebt, geleugnet, was sie ist, und sich mit dem ›Adel‹ abgegeben, der sich für so viel besser hält als wir. Der Kreis schließt sich, Bresinga. Du solltest dich als glücklich betrachten, dass wir dich wieder in unsere Reihen aufgenommen haben, denn wenn wir an die Macht kommen, werden jene, die uns den Rücken zugekehrt haben, jene vom Alten Blut, die ihre Magie geleugnet und uns sogar an den Weitseher-Abschaum verraten haben … Alle werden sie sterben. Sie werden in ihrem eigenen Königs Rund sterben, so wie dieser Bastard Edel so viele von uns getötet hat. Und für was? Warum sind so viele von unseren Eltern und Geschwistertieren in diesen Arenen gestorben? Um einen zwiehaften Verräter ›heranzuzüchten‹, einen, der den zwiehaften Bastard für ihn jagt. Es ist höchste Zeit, dass die Weitseher dafür bezahlen.«
    Das Ohr gegen das kalte Holz gepresst bemerkte ich eine vertraute Übelkeit in meinen Knochen, während ich in der dunklen, kalten Nacht hockte. O ja. Wieder einmal war die Vergangenheit der Weitseher zurückgekehrt, um uns heimzusuchen, denn was Lutwin sagte, entsprach der Wahrheit. Edel hatte mich so sehr gehasst und gefürchtet, dass er zu dem Schluss gekommen war, dass nur ein anderer Zwiehafter mich zur Strecke bringen konnte. Manch ein Mann und manch eine Frau waren unter Edels Folter gestorben, bevor er jemanden gefunden hatte, der das Alte Blut für ihn jagte. Die schmerzhafte Narbe auf meinem Rücken stammte von einem Pfeil dieses Mannes. Doch was ich stets als Edels persönliches Verbrechen begriffen hatte, wurde weiterhin den Weitsehern angerechnet.
    Gentils Stimme war leise, aber klar und deutlich, als er sagte: »Meine Mutter fasst das nicht als ›Kompliment‹ auf, sondern als Beleidigung und Angriff der übelsten Sorte. Du hast mich dazu gezwungen, in Bocksburg zu leben, um dort für euch zu spionieren; du hast mich gezwungen, sie allein und verwundbar zurückzulassen. Du hast jeden vertrauenswürdigen Diener und wahren Freund von ihrer Seite vertrieben, den sie je gekannt hat. Jetzt haben deine Leute sie entehrt, und das alles unter dem Vorwand, sie wieder ihrem Gescheckten›Erbe‹ zuzuführen. Nun, sie will es nicht, und ich auch nicht. Wenn es das ist, was du meinst, wenn du von der Gemeinschaft des Alten Blutes sprichst, dann will ich lieber kein Teil davon sein.«
    Lutwins Stimme klang beinahe faul, als er erwiderte: »Nun, mein Junge, entweder bist du dumm, oder du hörst einfach nicht richtig zu. Beantworte mir folgende Frage: Was bist du, wenn du keiner von uns bist?«
    »Frei«, knurrte Gentil.
    »Falsch. Tot. Bring ihn um, Padget.«
    Das war ein Bluff. Ich war sicher, dass das ein Bluff war, aber ich war ebenso sicher, dass Gentil es glauben würde. Sie würden ihn so lange terrorisieren, bis er gehorsam war. Ich wiederum hatte keinen zwingenden Grund, ihn vor ihnen zu schützen, egal ob sie ihn nur

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