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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hatte, während er uns immer mehr Potential offenbarte, als ich je von dem schlurfenden Trottel erwartet hätte, dem ich in Chades Turm begegnet war. Und doch würde er immer anders bleiben. Manchmal verwandelte er sich in ein verängstigtes und rebellisches Kind, und wenn das der Fall war, ergab es keinen Sinn, mit ihm zu reden. Zu guter Letzt griff Chade auf ein starkes Schlafmittel zurück, das wir Dick am Abend vor dem Aufbruch verabreichten und weshalb ich die ganze Nacht über seine Träume wachen musste. Es waren unruhige Träume, die ich so gut es ging zu beruhigen versuchte. Ich ärgerte mich ein wenig, dass Nessel mir nicht zu Hilfe kam, obwohl ich andererseits auch froh darüber war.
    Dick schlief noch immer tief und fest, als ich ihn am nächsten Tag mit einem Handkarren zum Schiff beförderte. Ich kam mir wie ein Idiot vor, ihn solcherart über die holprigen Straßen und zu den Anlegestellen zu transportieren.
    Unsere Abfahrt schien ein größeres Ereignis zu sein als unsere Ankunft. Gleich zwei Schiffe erwarteten uns. Dabei wurde das Kontingent der Sechs Provinzen wie zuvor vollständig auf dem Schiff der Eber untergebracht. Die Narcheska, Peottre und ein kleines Gefolge gingen an Bord eines kleinen, älteren Schiffes mit dem Banner der Narwale. Die Große Mutter kam, um Elliania zu verabschieden und ihr ihren Segen zu geben. Es gab auch noch weitere Formalitäten, doch davon sah ich nur wenig, denn Dick rührte sich in seiner Koje, und ich hielt es für das Beste, in seiner Nähe zu bleiben, falls er plötzlich aufwachen und den Entschluss fassen sollte, das Schiff zu verlassen.
    Ich saß neben seiner Koje in der winzigen Kabine, die man uns zugewiesen hatte, und versuchte, ihm über die Gabe ein Gefühl des Friedens und der Sicherheit zu vermitteln. Doch trotz meiner Bemühungen drangen die Wellenbewegungen und das Knarren der Schiffsplanken in seine Träume vor. Mit einem erschreckten Schrei auf den Lippen erwachte Dick, setzte sich aufrecht und schaute sich mit großen, müden Auge in der Kabine um. »Das ist ein schlechter Traum!«, heulte er. »Nein«, musste ich ihm sagen. »Es ist wirklich. Aber ich verspreche dir, dass ich auf dich aufpassen werde, Dick. Ich verspreche es dir.«
    »Du kannst mir das nicht versprechen! Niemand kann mi das auf einem Boot versprechen!«, klagte er mich an. Er stiel den Arm, den ich ihm tröstend um seine Schulter gelegt hatte zur Seite und kauerte sich in seine Decken. Dann drehte e sich mit dem Gesicht zur Wand und begann, unkontrolliert zi schluchzen.
    »Dick«, sagte ich hilflos. Ich war mir noch nie so grausan vorgekommen; noch nie hatte sich etwas, das ich tat, so falsch angefühlt.  »Geh weg!« Trotz meiner Mauern stieß der mit diesen Worten verbundene, unterschwellige Gabenbefehl meinen Kopi zurück. Ich sprang auf und hielt mich am Türrahmen fest.
    »Gibt es jemanden, den du gerne bei dir haben würdest?«, fragte ich hoffnungslos.
    »Nein! Ihr hasst mich alle! Ihr betrügt mich; ihr vergiftet mich, und dann schleppt ihr mich aufs Meer, um mich zu töten. Geh weg!«
    Gerne leistete ich seinem Befehl Folge, denn seine Gabe zerrte an mir wie ein kalter, starker Wind. Beim Durchqueren der niedrigen Kabinentür stieß ich mir prompt den Hinterkopf. Noch völlig benommen von dem Schlag taumelte ich an Deck. Dicks grausames Lachen war wie ein zweiter Schlag.
    Kurz darauf erkannte ich, dass das kein Zufall war. Der erste Stolperer vielleicht, doch im Laufe der nächsten Tage stellte mir Dick mit der Gabe oft genug ein Bein, sodass an Zufall nicht mehr zu denken war. Wenn ich ihn bemerkte, konnte ich ihn manchmal abwehren.
    Ich machte mich auf die Suche nach Chade und Pflichtgetreu. Auf dieser Reise konnten wir uns einfacher zurückziehen als auf den vorherigen. Peottre, die Narcheska und deren Wachen befanden sich allesamt auf dem anderen Schiff, und die Eberleute, die unser Schiff fuhren, schienen nur wenig daran interessiert zu sein, wer von uns sich mit wem zusammentat; so mussten wir kaum einen Vorwand suchen, um ungestört zu sein.
    Deshalb ging ich direkt zur Kabine des Prinzen und klopfte an. Chade ließ mich herein. Er und Pflichtgetreu hatten sich bereits eingerichtet; selbst ein Essen stand schon auf dem Tisch. Ich freute mich, als Pflichtgetreu mich mit einem Nicken einlud, mich zu ihnen zu gesellen.
    »Wie geht es Dick?«, fragte er ohne lange Vorrede. Fast war es eine Erleichterung für mich, einen detaillierten Bericht darüber abzugeben, denn

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