Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
andere war bereits weg oder stand zum Abtransport bereit. Zusammengerollte Gobelins und Teppiche lehnten wie dicke Würste an der Wand. Der Arbeitsraum des Narren stand offen; er war kahl und leer, alle Geheimnisse fortgeschafft. Mit dem Brandy in der Hand ging ich ins Arbeitszimmer. Meine Stimme hallte merkwürdig wider, als ich sagte: »Du hast jede Spur von dir ausgelöscht.«
Der Narr folgte mir, und gemeinsam blickten wir aus dem Fenster. »Ich lasse gerne alles ordentlich zurück. Man muss so viele Dinge im Leben unvollendet lassen, dass es mich freut, wenn ich mal etwas abschließen kann.«
»Ich habe noch nie erlebt, dass du dich so in Gefühlen suhlst. Fast habe ich den Eindruck, als würdest du das genießen.« Ich bemühte mich, nicht allzu angewidert zu klingen.
Ein seltsames Lächeln spielte um die Mundwinkel des Narren. Dann atmete er tief durch ... fast wie befreit. »Ach, Fitz, nur du würdest je so etwas zu mir sagen. Und vielleicht hast du ja Recht. Sich dem endgültigen Ende gegenüber zu sehen, hat schon etwas Dramatisches; tatsächlich habe ich solche Gefühle noch nie empfunden ... und doch glaube ich, dass du in einer ähnlichen Situation davon ungerührt bleiben würdest. Du hast einmal versucht, mir zu erklären, dass der Wolf stets in der Gegenwart gelebt und dich gelehrt hat, alles aus der Zeit herauszuholen, die du hast. Du hast diese Lektion gut gelernt. Dagegen habe ich, der stets versucht hat, die Zukunft zu definieren, bevor ich sie erreiche, plötzlich einen Ort entdeckt, hinter dem alles schwarz ist. Schwärze. Davon träume ich des Nachts. Und wenn ich mich hinsetze und bewusst versuche, den vor mir liegenden Weg zu erkennen, ist das alles, was ich sehe: Schwärze.«
Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Ich sah, wie der Narr versuchte, seine Verzweiflung abzuschütteln. Ich nippte an meinem Brandy. Der Geschmack von Aprikosen und die Wärme eines Sommertags strömten durch mich hindurch. Ich erinnerte mich an die Zeit in unserer Hütte; der Brandy auf meiner Zunge weckte die Freude jener einfachen Tage. »Der ist sehr gut«, sagte ich, ohne nachzudenken.
Verwirrt starrte der Narr mich an. Dann blinzelte er seine Tränen weg, und das Lächeln, das er mir schenkte, war echt. »Ja«, sagte er leise. »Du hast Recht. Das ist ein sehr guter Brandy, und was auch immer da kommen mag, nichts kann daran etwas ändern. Die Zukunft kann uns nicht die Tage nehmen, die wir noch haben ... es sei denn, wir lassen es zu.«
Er hatte eine innere Hürde überquert und war nun mit sich im Reinen. Ich trank noch einen Schluck Brandy, während ich über die Hügel hinter der Bocksburg blickte. Als ich mich wieder zum Narren herumdrehte, schaute er mich mit einer Zuneigung an, die ich nicht ertragen konnte. Er hätte mich nicht so freundlich angesehen, wenn er gewusst hätte, dass ich ihn verraten hatte. Und doch bestätigte mich seine Furcht vor den Tagen, die da kommen mochten, in meiner Überzeugung, das Richtige für ihn getan zu haben. »Es ist eine Schande, dass wir uns so beeilen müssen, aber Chade und die anderen werden schon warten.«
Der Narr nickte ernst, hob sein Glas zum Toast und trank den letzten Schluck. Ich folgte seinem Beispiel und musste erst einmal ruhig stehen bleiben, während die Wärme des Brandys ihre Wirkung tat. Schließlich atmete ich tief durch. »Der ist wirklich sehr gut«, sagte ich erneut.
Der Narr lächelte schwach. »Ich werde dir die restlichen Flaschen hinterlassen«, bot er mir leise an und lachte dann, als ich ihn böse anfunkelte.
Er folgte mir mit beflügeltem Schritt durch das Labyrinth, das sich zwischen den Mauern der Bocksburg hindurchwand. Während ich durch das Dämmerlicht ging, fragte ich mich, wie ich mich wohl fühlen würde, sollte ich Tag und Stunde meines Todes kennen. Im Gegensatz zu Fürst Leuenfarb besaß ich nicht viel, was ich hätte verteilen können. Ich zählte meine Schätze auf und kam zu dem Schluss, dass ich nichts besaß, was für jemand anderen von Bedeutung war; dann erkannte ich plötzlich, dass dies nicht ganz der Wahrheit entsprach. Mit selbstsüchtigem Bedauern beschloss ich, das zu korrigieren. Wir erreichten den verborgenen Eingang des Seeturms. Ich löste das Paneel, und wir traten aus dem Kamin heraus.
Die anderen hatten sich bereits versammelt, sodass ich keine Gelegenheit hatte, Chade unter vier Augen zu sprechen. Als wir in den Raum kamen, stieß der Prinz stattdessen einen freudigen Ruf aus und trat
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