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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hier«, antwortete der Narr. Ich hörte seine Worte nicht nur, sondern spürte sie förmlich; sie schienen sich in kleinen Wellen im Raum auszubreiten.
    »Gebt mir Eure Hand«, schlug Chade vor und legte seine eigene mit der Handfläche nach oben auf den Tisch. Eine Geste, die Herausforderung und Einladung zugleich zu sein schien.
    Ich empfand einen winzigen Hauch von Furcht. Sie ließ das Gabenband zwischen mir und dem Narren erzittern und mich so wissen, dass diese Verbindung noch immer existierte. Dann hob der Narr seine behandschuhte Hand und legte sie in Chades.
    Da fühlte ich ihn auch, doch nicht auf eine Art, die leicht zu beschreiben wäre. Wenn unsere vereinte Gabe ein stiller Teich war, dann war der Narr ein Blatt auf dem Wasser. »Greift nach ihm«, schlug Chade vor, und das taten wir. Ich wurde mir der Unruhe des Narren über unser Band immer stärker bewusst, aber ich glaubte nicht, dass die anderen das fühlten. Sie konnten ihn fast berühren, doch er teilte sich vor ihnen und floss hinter ihnen wieder zusammen, als zögen sie ihre Finger durch Wasser. Das störte seine Präsenz, ohne sie jedoch zugänglich für sie zu machen. Seine Furcht verstärkte sich. Heimlich tastete ich mich an unserem Band entlang und versuchte herauszufinden, was ihn so verängstigte.
    Besitz. Er wollte sich nicht auf eine Art berühren lassen, die anderen die Möglichkeit gab, ihn zu besitzen. Zu spät erinnerte ich mich daran, was Edel und dessen Kordiale ihm einst angetan hatten. Sie hatten ihn über das Band gefunden, das ich mit ihm teilte, und ihm einen Teil seines Bewusstseins genommen und gegen mich eingesetzt, um mich auszuspionieren und so zu erfahren, wo Molly war. Dieser Verrat beschämte und schmerzte ihn noch immer. Er trug nach wie vor eine Schuld für etwas mit sich herum, das schon vor langer Zeit geschehen war. Diese Erkenntnis bereitete mir noch größere Schmerzen, da ich wusste, dass ich ihn ebenso verraten hatte.
    Es war nicht deine Schuld,
versuchte ich, ihn über unser Band zu trösten. Er verweigerte sich diesem Trost. Dann, wie aus großer Ferne, doch klar und deutlich, erreichten mich seine Gedanken.
    Ich wusste, dass das geschehen würde. Ich habe es mir selbst vorausgesagt, als ich noch ein Kind gewesen bin. Dass der, der dir am nächsten steht, dich verraten wird. Doch ich konnte nicht glauben, dass ich das sein würde. Und so habe ich meine eigene Prophezeiung erfüllt.
    Wir haben alle überlebt.
    Knapp.
    »Kommuniziert ihr über die Gabe?«, fragte Chade gereizt.
    Ich kontrollierte meine Atmung und versank tiefer in der Gabe. »Ja«, keuchte ich. »Ich kann ihn erreichen, aber nur knapp. Und nur, weil wir früher schon über die Gabe miteinander verbunden gewesen sind.«
    »Willst du mehr?« Die Stimme des Narren war ein kaum hörbares Flüstern. Ich nahm eine Herausforderung in seinen Worten wahr, verstand sie jedoch nicht.
    »Ja, bitte. Versuch es«, bat ich ihn.
    Neben mir am Tisch fühlte ich, wie der Narr sich leicht bewegte, doch mein Blick war nicht länger auf den Raum gerichtet, und so hatte ich keine Vorwarnung, als er plötzlich seine Hand auf mein Handgelenk legte. Zielsicher fanden seine Fingerspitzen ihre eigenen, alten, grauen Abdrücke, die sie vor so vielen Jahren auf meinem Fleisch hinterlassen hatten. Er berührte mich nur sanft, doch es war ein Gefühl wie ein Stich ins Herz. Ich verkrampfte urplötzlich und erstarrte dann vollends. Der Narr floss durch meine Adern, heiß wie Branntwein, kalt wie Eis. Einen flüchtigen Augenblick lang teilten wir unser körperliches Bewusstsein. Die Intensität dieses Gefühls überstieg alles, was wir je bei einer Verbindung zwischen uns erfahren hatten. Es war intimer als ein Kuss und ging tiefer als ein Messerstich; es war jenseits einer Gabenverbindung, jenseits einer sexuellen Vereinigung, und es überstieg sogar die Kraft meines Bandes mit Nach tauge. Dies war kein Teilen, sondern ein Werden. Weder Schmerz noch Vergnügen vermochten es zu umfassen. Ich hatte das Gefühl, als würde ich mich ihm öffnen, als läge mein Mund auf dem meiner Geliebten, nur dass ich nicht wusste, ob ich verschlang oder verschlungen wurde. Nur noch einen Herzschlag länger, und wir würden eins sein, würden einander besser kennen, als es zwei unterschiedliche Lebewesen tun sollten.
    Er würde mein Geheimnis kennen.
    »Nein!«, schrie ich, bevor der Narr etwas über das Komplott herausfinden konnte, das ich gegen ihn geschmiedet hatte. Ich riss mich von ihm

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