Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
vor, um Fürst Leuenfarb zu begrüßen. Dick war vorsichtiger und funkelte den Narren misstrauisch an. Chade wiederum warf mir einen tadelnden Blick zu und begrüßte den Narren dann mit kühler Sachlichkeit. Auf das Willkommen folgte Verlegenheit. Dick, den die Tatsache beunruhigte, einen Fremden in unserer Mitte zu wissen, wanderte ziellos durch den Raum anstatt sich an seinen Platz am Tisch zu setzen. Und der Prinz? Ich konnte förmlich sehen, wie Pflichtgetreu versuchte, sich Fürst Leuenfarb als König Listenreichs Narren vorzustellen, dessen Geschichte ihm die Königin erzählt hatte. Schließlich sagte Chade: »Nun, mein lieber Freund, was führt Euch zu uns? Natürlich ist es schön, Euch zu sehen, aber wir haben noch viel zu lernen und nur wenig Zeit dafür.«
»Ich verstehe«, erwiderte der Narr. »Aber mir bleibt auch nur noch wenig Zeit, mein Wissen mit Euch zu teilen. Deshalb bin ich in der Hoffnung hierher gekommen, nach dem Unterricht kurz unter vier Augen mit Euch sprechen zu können.«
»Ich finde es wunderbar, dass Ihr gekommen seid«, warf der Prinz arglos ein. »Meiner Meinung nach hätte man Euch von Anfang an hinzuziehen sollen. Ihr wart derjenige, durch den wir unsere Kraft verbunden und Tom geheilt haben. Ihr habt genauso das Recht, Mitglied dieser Kordiale zu sein wie jeder andere hier.«
Pflichtgetreus Bemerkung rührte den Narren. Er blickte auf seine in schwarzen Handschuhen steckenden Hände, rieb die Fingerspitzen aneinander und gab dann zu: »Ich selbst verfüge nicht über die Gabe. Ich habe nur benutzt, was von Veritas Berührung übrig geblieben war. Das und mein Wissen über ... Tom.«
Bei der Erwähnung des Namens seines Vaters hatte der Prinz die Ohren gespitzt wie ein Hund, der eine Fährte aufgenommen hat. Er beugte sich näher zum Narren, als könne er so dessen Wissen über König Veritas absorbieren. »Wie auch immer«, versicherte er Fürst Leuenfarb, »ich freue mich darauf, mit Euch zu reisen. Ich denke, dass Ihr ein wertvolles Mitglied dieser Kordiale sein werdet, ungeachtet des Grads Eurer Begabung. Wie wäre es, wenn Ihr am heutigen Unterricht teilnehmt und wir den Grad Eurer Fähigkeiten herausfinden?«
Chade war hin- und hergerissen. Einerseits stellte der Narr eine Möglichkeit da, die Kordiale mit größerer Macht zu versehen, wonach Chade sich sehnte; andererseits fürchtete er den Widerstand des Narren gegen unsere Mission. Ich fragte mich, ob er zudem wohl auch eifersüchtig war, während sein Blick von mir zum Narren huschte und wieder zurück. Der Narr und ich, wir hatten uns schon immer nahe gestanden, und Chade wusste, dass er den Einfluss eines Freundes auf mich besaß; doch jetzt mehr denn je wollte Chade es sein, der mich beherrschte.
Schließlich gewann seine Gier nach der Gabe, und er schloss sich Pflichtgetreu an. »Bitte, Fürst Leuenfarb, setzt Euch zu uns. Vielleicht werdet Ihr unsere Bemühungen ja wenigstens interessant finden.«
»Nun, dann werde ich das wohl tun«, erklärte der Narr freudig. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich erwartungsvoll. Ich fragte mich, ob auch einer der anderen die dunkleren Strömungen unter der Freundlichkeit sah, die er zur Schau stellte. Chade und ich setzten uns links und rechts neben ihn, während Pflichtgetreu Dick davon überzeugte, sich wieder zu uns zu gesellen. Als alle saßen, atmeten wir vier gleichzeitig tief durch und griffen nach jenem Stadium der Offenheit, in dem wir alle die Gabe erreichen konnten. Dabei gelangte ich zu einer Einsicht, die meine Ahnungen bestätigte und mich weiter beunruhigte. Der Narr war ein Eindringling. In der kurzen Zeit, da wir uns bemühten, zu einer Kordiale zu werden, waren wir zu einer Einheit geworden.
Dies fiel mir allerdings erst in jenem Moment auf, als der Narr dieses Band unterbrach. Während ich mein Bewusstsein mit Pflichtgetreu und Dick verband, flatterte Chade wie ein wildgewordener Schmetterling am Rande unserer Verbindung umher. Dick streckte beruhigend die Hand aus, um ihn in engeren Kontakt mit uns zu bringen. Chade gehörte zu uns, der Narr nicht.
Weniger seine Präsenz, sondern vielmehr seine Abwesenheit störte unsere Runde. Ich hatte schon vor Jahren bemerkt, dass er für meinen Gabensinn unsichtbar war. Nun, da ich bewusst versuchte, mit der Gabe zu ihm hinauszugreifen, war es, als würde ich versuchen, den Clanz der Sonne auf der Oberfläche eines Teichs zu berühren, »Fürst Leuenfarb, meidet Ihr uns?«, fragte Chade.
»Ich bin
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