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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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los, mit Leib und Seele. Lange Zeit fiel ich einfach nur, bis ich auf dem kalten Steinboden aufschlug. Keuchend rollte ich mich unter den Tisch, um dieser Berührung zu entkommen. Meine Zeit der Schwärze schien für Stunden anzudauern, doch es verging nur ein Augenblick, bis Chade meinen zusammengekauerten Leib unter dem Tisch hervorzog. Er drückte mich an seine Brust, als er sich neben mich kniete. Seine Worte drangen nur vage in mein Bewusstsein: »Was ist passiert? Bist du verletzt? Was hast du mit ihm gemacht, Narr?«
    Ich hörte, wie Dicks Kehle ein Schluchzen entrann. Womöglich hatte er als einziger gefühlt, was hier geschehen war. Ein Schauder durchfuhr meinen Körper. Ich konnte nichts sehen. Dann erkannte ich, dass ich meine Augen fest zugekniffen und meinen Leib zu einem Ball zusammengerollt hatte. Im selben Augenblick, da ich meine Augen öffnete, entrollte sich der Gedanke des Narren in meinem Geist wie ein Blatt im Sonnenlicht.
Und ich habe dieser Liebe keine Grenzen gesetzt.
»Das ist zu viel«, sagte ich mit gebrochener Stimme. »Niemand kann soviel geben. Niemand.«
    »Hier ist etwas Brandy«, sagte Pflichtgetreu dicht neben mir. Es war Chade, der mich aufsetzte und den Becher an meine Lippen führte. Ich schluckte den Alkohol hinunter, als wäre es Wasser; dann keuchte ich vor Schock. Als es mir schließlich gelang, den Kopf zu drehen, saß der Narr als einziger noch auf seinem Stuhl am Tisch. Seine Hände steckten wieder in den Handschuhen, die er zwischenzeitlich ausgezogen hatte, und der Blick, den er mir zuwarf, war unergründlich. Dick kauerte in einer Ecke des Raums, hatte die Arme um die Brust geschlungen und zitterte. Seine Gabenmusik war das Lied seiner Mutter, ein verzweifelter Versuch, sich selbst zu trösten.
    »Was ist passiert?«, verlangte Chade erneut in wildem Tonfall zu wissen. Ich lehnte noch immer an seiner Brust und fühlte den Zorn, der wie Hitze von ihm ausstrahlte. Es war derNarr, den er wütend anfunkelte, doch ich antwortete trotzdem.
    »Es war zu intensiv. Wir haben eine Gabenverbindung hergestellt, die so vollständig war, dass ich mich selbst nicht mehr finden konnte. Es war, als wären wir zu einem Wesen verschmolzen.« Ich nannte es die Gabe, obwohl ich nicht wusste, ob das der richtige Begriff dafür war.
    »Es hat mir Angst gemacht. Deshalb habe ich mich davon losgerissen. Mit so etwas habe ich nicht gerechnet.« Und diese Worte waren ebenso sehr an den Narren wie an die anderen gerichtet. Ich sah, wie er sie hörte, aber ich nehme an, er deutete sie anders, als ich erwartet hatte.
    »Und dich hat es überhaupt nicht betroffen?«, verlangte Chade vom Narren zu wissen.
    Pflichtgetreu half mir auf die Beine. Sofort ließ ich mich auf einen Stuhl sinken. Doch ich empfand keine Müdigkeit, sondern vielmehr eine frei gewordene Energie. Ich hätte den höchsten Turm der Burg hinaufklettern können ... wenn ich mich denn daran hätte erinnern können, wie man die Knie beugt.
    »Es hat mich betroffen«, antwortete der Narr ruhig, »nur auf andere Art.« Er blickte mir in die Augen und sagte: »Mir hat es keine Angst gemacht.«
    »Sollen wir es noch einmal versuchen?«, schlug Pflichtgetreu unschuldig vor.
    »Nein!«, antworteten Chade, der Narr und ich gleichzeitig, wenn auch mit unterschiedlicher Leidenschaft.
    »Nein«, wiederholte der Narr leise in das kurze, darauffolgende Schweigen hinein. »Was mich betrifft, so habe ich für heute genug gelernt.«
    »Vielleicht haben wir das alle«, stimmte ihm Chade schroff zu. Er räusperte sich und fuhr fort: »Es ist wohl ohnehin an der Zeit, dass wir wieder gehen, um uns unseren Aufgaben zu widmen.«
    »Wir haben noch jede Menge Zeit«, protestierte Pflichtgetreu.
    »Normalerweise wäre das so«, pflichtete ihm Chade bei, »aber die Zeit läuft uns davon. Auch du musst noch viel für die Reise vorbereiten, Pflichtgetreu. Geh noch einmal die Rede durch, mit der du den Outislandern für ihr Willkommen danken wirst. Vergiss nicht, dass >ch< in ihrer Sprache ein Rachenlaut ist.«
    »Ich habe sie jetzt schon hundert Mal gelesen«, stöhnte Pflichtgetreu.
    »Wenn die Zeit da ist, müssen die Worte aus deinem Herzen und nicht von einer Schriftrolle kommen.«
    Pflichtgetreu nickte mürrisch. Sehnsüchtig blickte er zum Fenster in den hellen, schönen Tag hinaus.
    »Dann los jetzt, ihr beiden«, sagte Chade und entließ damit sowohl Dick als auch Pflichtgetreu.
    Enttäuschung huschte über das Gesicht des Prinzen. Er wandte sich an

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