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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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geworfen, und ich werde ihn nie wieder sehen, tot oder lebendig. Weißt du, wie sich das anfühlt? Wenn einem einfach nur gesagt wird, dass dein Vater tot ist, und das ist alles?«
    »Ich weiß genau, wie sich das anfühlt«, erwiderte ich. »Mit mir hat man das Gleiche gemacht.«
    »Aber irgendwann haben sie es dir gesagt?«
    »Sie haben mir dieselbe Lüge erzählt, die sie allen erzählt haben. Nein, man hat mir nie gesagt, wie er wirklich gestorben ist.«
    »Das tut mir Leid«, sagte Nessel, und sie meinte es auch so. Sie wandte den Kopf und blickte mich neugierig an. »Du hast dich verändert, Schattenwolf. Du klingst ... Du bist ... wie eine Glocke, die man schlägt, eine Glocke, die ... Wie heißt das Wort noch mal?«
    »Schwingt. Wie eine Glocke, die schwingt«, schlug ich vor, und sie nickte.
    »Ich fühle dich jetzt deutlicher. Fast, als wärst du real.«
    »Ich bin real.«
    »Ich meine, als wärst du tatsächlich hier.«
    Ich wünschte, ich wäre es. »Wie viel willst du wissen?«, fragte ich sie.
    Sie hob das Kinn. »Alles. Absolut alles. Er war mein Vater.«
    »Das war er«, zwang ich mich, ihr zuzustimmen. Ich sammelte meine Kraft. Es war an der Zeit. Dann kam mir ein anderer Gedanke, und ich fragte sie: »Wo bist du jetzt? Wenn du wach bist, meine ich.«
    Sie seufzte. »Da, wo du mich sehen kannst. Ich bin im Königinnengarten in Bocksburg«, antwortete sie verloren. »Die Königin hat mir erlaubt, für drei Tage nach Hause zu gehen. Sie hat sich bei mir und meiner Mutter entschuldigt, aber gesagt, dass sie mich nicht für längere Zeit entbehren könne. Seit ich gelernt habe wahrzuträumen, gehören mir noch nicht einmal mehr meine Nächte. Stets muss ich mich dem Weitseherthron zur Verfügung halten, und man erwartet von mir, ihm mein ganzes Leben zu verschreiben.«
    Ich drückte mich vorsichtig aus. »Was das betrifft, bist du das Kind deines Vaters.«
    Sie funkelte mich plötzlich an und erhellte den Garten mit ihrem Zorn. »Er hat sein Leben für sie gegeben! Und was hat er dafür bekommen? Nichts! Irgendein Gut, nun da er tot ist, irgendeinem Ort namens Weidenhag, von dem ich noch nie gehört habe. Was kümmern mich Land und ein Titel? Lady Nessel nennen sie mich jetzt, als wäre ich die Tochter irgendeines Edelmanns. Und hinter meinem Rücken nennen sie mich Lady Dornbusch, schlicht weil ich ehrlich sage, was ich denke. Mir ist es egal, wie sie über mich denken. Sobald ich kann, werde ich diesen Hof verlassen und nach Hause zurückkehren - in mein richtiges Zuhause, in das Haus, das mein Vater gebaut hat, mit den Scheunen und Weiden. Sie können sich ihr Weidenhag an den Hut stecken. Ich hätte lieber meinen Vater zurück.«
    »Das hätte ich auch gern. Aber dennoch hast du mehr Rechte auf Weidenhag als sonst irgendjemand. Dein Vater hat Prinz Chivalric gedient, und dieses Gut war einer seiner Lieblingssitze. Dass du es bekommst, macht dich fast zu Chivalrics Erben.« Und ich war sicher, dass Philia genau das im Sinn gehabt hatte. Sie brauchte nur die Jahre und Monate an den Fingern abzuzählen, und sie wusste, dass Nessel mein Kind war. Die alte Frau hatte ihr Bestes getan, um dafür zu sorgen, dass Nessel wenigstens ein paar der Ländereien ihres Großvaters bekam. Es wärmte mir das Herz, dass sie das getan hatte. Plötzlich wusste ich, warum Philia bis nach Burrichs Tod gewartet hatte, um Nessel das Land zu geben. Sie hatte seinen Vaterschaftsanspruch über Nessel respektiert, und sie hätte nie etwas unternommen, was ihn hätte in Frage stellen können. Nun sah es so aus, als hätte Burrich sich diese Ländereien für seine Familie verdient, und nicht mehr, als würden sie vom Großvater an die Enkelin vererbt. Das Geschick meiner exzentrischen Stiefmutter bereitete mir immer wieder Freude.
    »Ich hätte trotzdem lieber meinen Vater wieder.« Sie schniefte und wandte ihr Gesicht von mir ab. Heiser sagte sie in die Dunkelheit hinein: »Wirst du mir erzählen, was mit ihm passiert ist?«
    »Ja, das werde ich. Aber ich weiß noch nicht so recht, wo ich mit der Geschichte beginnen soll.« Ich wog Vorsicht gegen Mut ab und erkannte dann plötzlich, dass meine Entscheidung letztlich nicht auf meinen Gefühlen beruhen würde. Mit wie viel sollte man eine junge Frau in tiefer Trauer plötzlich konfrontieren? Jetzt war nicht die Zeit, sie damit zu verunsichern, wer sie war. Sie hatte schon mit genügend Veränderungen zu kämpfen. Sollte sie ihre Trauer in Ruhe durchleben und sich nicht mit Fragen

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