Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
hast dich viel zu lange nicht richtig ausgeruht.« Sie unterdrückte ihr eigenes Gähnen. »Ich habe nach Frühstück geschickt, und meine Zofe weiß, dass ich halb verhungert bin. Sie wird erst aufräumen wollen, bevor sie serviert. Versteck dich lieber, bis du mich klopfen hörst.«
Und so verbrachte ich einige Zeit auf den Stufen in der Dunkelheit des Geheimgangs. Ich schloss die Augen, schlief aber nicht. Doch es waren nicht die Probleme des Weitseherthrons, die mich niederdrückten. Ich war nur ein Werkzeug, das dabei half, sie zu sortieren. Ich würde mit der Königin essen, dann ins Dampfbad gehen und mich rasieren, ein wenig schlafen und schließlich aus der Burg hinausschlüpfen und zu den Zeugensteinen zurückkehren. Vorher würde ich allerdings noch die Vorratskammer plundern, beschoss ich, und Käse, Obst und Wein für den Narren und den Schwarzen Mann mitnehmen. Vielleicht hätten sie auch gerne etwas frisches Brot. Vielleicht ging es dem Narren ja schon besser, sodass er reisen konnte. Falls ja, dann würde ich sie beide nach Bocksburg bringen. Hier würde der Narr in Sicherheit sein, das wusste ich. Und schließlich wäre ich dann frei, um zu Molly zu gehen und den alten Riss zwischen uns zu kitten. Ich hörte die Königin an die Wand klopfen.
Sie hatte die Zeit genutzt, um ihr Haar zu kämmen und sich ein frisches Gewand anzuziehen. Eine Mahlzeit, die für mehrere Personen gereicht hätte, stand auf dem niedrigen Tisch. Tee dampfte in einem Kessel, und ich roch frisches Brot und geschmolzene Butter auf heißem Brei neben einem Topf mit dicker Sahne.
»Komm und iss«, lud sie mich ein. »Und wenn du noch sprechen kannst, würde ich gerne hören, was du durchgemacht hast und wie es gekommen ist, dass du und Dick eine solch schnelle Reisemöglichkeit gefunden habt.«
In diesem Augenblick erkannte ich, wie tief der Glaube der Königin an mich wirklich ging. So viel hatte man um Chades Geheimniskrämerei Willen vor Nessel verschwiegen. Nur durch subtile Hinweise hatte sie gewusst, dass sie mich zu erwarten hatte, und tatsächlich hatte sie auch daran geglaubt, dass wir es schaffen würden. Und so aßen wir, und ich erstattete ihr erneut Bericht. Sie war schon immer eine gute Zuhö-rerin gewesen, und im Laufe der Jahre hatte ich mich ihr schön öfter anvertraut. Vielleicht war das auch der Grund dafür, warum ich ihr nun weit mehr von der Wahrheit erzählte als sonst jemandem bisher. Ich erzählte ihr, wie ich in der Eisstadt nach dem Leichnam des Narren gesucht hatte, und die Tränen rannen ihr über die Wangen, als ich ihr berichtete, wo und wie ich ihn gefunden hatte. Dann quollen ihre blassen Augen vor Staunen geradezu über, als ich von dem verlassenen Platz erzählte. Nur ihr allein berichtete ich von meiner Reise in den Tod. Nur ihr allein erzählte ich alles über unseren Besuch bei den Drachen und die Wiederherstellung der Hahnenkrone.
Nur einmal unterbrach sie mich. Ich hatte ihr gerade erzählt, wie ich den Staub von Veritas-als-Drache gewischt hatte. Sofort griff sie über den Tisch hinweg nach meiner Hand.
»Wenn du meine Hand halten würdest, könntest du mich dann durch diese Pfeiler zu ihm bringen? Nur einmal? Ich weiß, ich weiß, was ich zu finden hoffe, wird nicht dort sein. Aber allein den Stein zu berühren, der ihn hält... Oh, Fitz, du hast ja keine Ahnung, was mir das bedeuten würde!«
»Eine Gabenlose durch den Pfeiler zu führen ... Ich weiß nicht, welche Auswirkungen das auf Euren Geist haben würde. Es könnte hart und gefährlich werden, meine Königin.« Die Vorstellung gefiel mir nicht, aber ich wollte sie auch nicht enttäuschen.
»Und Pflichtgetreu«, sagte sie, als hätte sie meine Warnung gar nicht gehört. »Pflichtgetreu sollte wenigstens ein einziges Mal dort stehen, neben dem Drachen seines Vaters. Damit würde das Opfer seines Vaters vielleicht realer für ihn, und er würde sein eigenes vielleicht in einem etwas freundlicheren Licht sehen.«
»Pflichtgetreus Opfer?«
»Hast du nicht gehört, was er nicht hat sagen können? Als Mann hätte er bei Elliania bleiben können, und ihre Familie hätte ihn als ihren Gemahl willkommen geheißen. Als Prinz kann er das nicht. Das ist kein kleines Opfer, FitzChivalric. Elliania wird ihm hierher folgen, das ist wahr. Aber es wird für immer eine Mauer zwischen ihnen sein. Du weißt selbst, wie hart es sein kann, die Frau, die du liebst, aus Pflichtgefühl für dein Land enttäuschen zu müssen.«
Ich sprach, ohne
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