Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
während ich sprach. Sie hörte aufmerksam zu, denn jedes Wort war ein Stück seines Lebens, das sie wieder für sich beanspruchen konnte. Ich zögerte, von Burrichs Zwiehaftigkeit zu sprechen, doch es war unmöglich, die Geschichte ohne das zu erzählen. Offenbar hatte Molly schon davon gewusst, denn sie zeigte weder Entsetzen noch Abscheu. Ich erzählte es ihr auf eine Art, wie noch nicht einmal Flink es hätte tun können, denn ich berichtete ihr, wie offensichtlich am Ende Burrichs Liebe zu seinem Sohn gewesen war; als er starb, hatte es keine Gräben mehr zwischen ihnen gegeben. Es war etwas anderes, als es Nessel zu erzählen. Molly verstand die volle Bedeutung von Burrichs Bitte, dass ich mich um sie und ihre kleinen Söhne kümmern solle. Ich wiederholte, was er zu mir gesagt hatte, dass er der bessere Mann für sie gewesen sei, und dass ich ihm da beipflichtete.
    Molly setzte sich auf und sagte verbittert: »Schön, dass ihr beide darin übereinstimmt. Aber habt ihr je daran gedacht, mich danach zu fragen? Hat je einer von euch beiden auch nur kurz einmal innegehalten und sich gefragt, ob das nicht vielleicht meine Entscheidung sein sollte?«
    Und diese Worte öffneten für mich die Tür, um die Jahre wieder zurückzugehen und ihr zu erzählen, was ich tat und wo und wie ich davon erfahren hatte, dass sie sich Burrich hingegeben hatte. Sie wandte den Blick von mir ab und kaute auf ihrem Daumennagel herum. Als ich schließlich schwieg, sagte sie: » Ich dachte, du wärst tot. Hätte ich gewusst, dass das nicht stimmt...«
    »Ich weiß. Aber es gab keinen sicheren Weg, dir eine Nachrieht zukommen zu lassen. Und nachdem du dann erst einmal ... Es war zu spät. Wäre ich zurückgekommen, hätte das uns alle auseinander gerissen.«
    Sie beugte sich vor, das Kinn in die Hände gelegt und die Finger vor dem Mund. Ihre Augen waren geschlossen, und Tränen quollen unter den Lidern hervor. »Was für ein Chaos hast du nur angerichtet? Was haben wir unsere Leben doch durcheinander gebracht?«
    Darauf gab es hundert Antworten. Ich hätte protestieren können, dass nicht ich das Chaos verursacht hatte, sondern dass es einfach über uns gekommen war. Aber das hätte mehr Kraft von mir erfordert, als ich hatte, und so ließ ich es auf sich beruhen. »Und nun ist es zu spät, als dass jemals wieder etwas zwischen dir und mir entstehen könnte.«
    »Oh, Fitz.« Selbst im Tadel war es schier unglaublich schön, meinen Namen von ihren Lippen zu hören. »Für dich war es immer zu spät oder zu früh. Es hieß immer >irgendwann<. Immer nur >morgen, morgen<, nachdem du diese oder jene letzte Pflicht für deinen König erfüllt haben würdest. Eine Frau braucht zumindest die Chance, dass irgendetwas
jetzt
passiert. Ich habe es zumindest gebraucht. Es tut mir Leid, dass wir so wenig von diesem Jetzt hatten.«
    Eine Zeit lang saßen wir noch in unserem eigenen elenden Schweigen da. Dann sagte sie leise: »Chivalric wird die Kleinen bald zu mir bringen. Ich habe ihnen erlaubt, noch bis zum letzten Puppenspiel aufzubleiben. Es wäre nicht gut für sie, wenn sie dich hier finden würden. Sie würden es nicht verstehen, und ich könnte es ihnen nicht erklären.«
    Und so verließ ich sie und verneigte mich vor ihr an der Tür. Ich hatte noch nicht einmal ihre Hand berührt. Ich fühlte mich schlimmer, als kurz bevor ich angeklopft hatte. Dann war da dieser Augenblick voller Möglichkeiten gewesen, doch nun hatte die Realität mich wieder eingeholt. Zu spät.
    Ich stieg die Treppe hinunter, zurück zu den Menschen und dem Lärm. Dann wurde der Lärm plötzlich lauter. Die Menschen redeten aufgeregt miteinander. Einige stellten Fragen, andere wiederholten Gerüchte. »Ein Schiff! Von den Äußeren Inseln!«
    »Es ist zu spät, um anzulegen!«
    »Ein Narwalbanner?«
    »Der Läufer ist gerade eingetroffen! Ich habe seinen Botenstab gesehen!«
    Dann war ich in einer Menschenmenge gefangen, die zur Großen Halle strömte. Ich versuchte, mich zur Wand durchzukämpfen, bekam aber nur ein paar heftige Stöße in die Rippen, wurde verflucht, und irgendjemand trat mir auf die Füße. Ich gab auf und ließ mich von der Menge in die Große Halle tragen.
    Ein Läufer war in der Tat gerade bei der Königin eingetroffen. Es dauerte nicht lange, bis alle im Raum das bemerkt hatten. Die Musiker verstummten als Erste, dann unterbrachen die Puppenspieler ihr Stück. Die Menge summte wie ein Bienenschwarm, während weiter Menschen in die Halle strömten.

Weitere Kostenlose Bücher