Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
werden.
Chades Gesicht war vor Entsetzen wie erstarrt. Die Königin war aufgestanden, und ich wusste, dass sie den Atem anhielt. Peottre stand vollkommen regungslos da. Ich wusste, dass der Prinz das Mädchen weder verletzen noch demütigen würde.
Pflichtgetreu sprach laut und deutlich. »Dann werden wir noch in dieser Woche heiraten. Nicht vor meinen Herzögen, sondern vor allen, die hier versammelt sind. Wir werden heiraten, und wir werden die Ernte als Mann und Frau einholen. Würde dir das gefallen?«
»El und Eda, das Meer und das Land!«, rief Arkon Blutklinge. »Der Bock und der Narwal! Zum Wechsel der Jahre! Glück für uns alle!«
»So sei es!«, rief Peottre, und eine Art von Staunen zeigte sich auf seinem Gesicht.
»Ja, das würde mir gefallen.« Ich sah, wie ihre Lippen die Worte formten, konnte sie aber nicht hören. Hunderte von Stimmen plapperten überall um mich herum gleichzeitig los. Chade schloss kurz die Augen, dann schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht, und liebevoll blickte er zu seinem ungestümen Prinzen hinunter. Doch all das wurde von dem in den Schatten gestellt, was in Ellianias Augen leuchtete. Falls sie je eine Bestätigung für ihre Entscheidung gebraucht hatte, so hatte Pflichtgetreu sie ihr gegeben. Ich fragte mich, um was für einen Preis für sich selbst und ihren Glan sie hierher gekommen war. Die Kleidung, die sie trug, zeigte Narwal und Bock, und ich bezweifelte, dass sie sie gänzlich allein gemacht hatte. Daraus wiederum schloss ich zumindest auf ein gewisses Maß von mütterlicher Unterstützung für ihre Entscheidung.
»Sie wollen noch diese Woche heiraten?«, fragte mich Philia, und ich nickte.
»An dieses Erntefest wird man sich noch lange erinnern«, bemerkte sie. »Es sollten sofort Boten ins Land hinausgeschickt werden. Niemand wird das versäumen wollen. Seit Chivalric und ich hier geheiratet haben, gab es in Bocksburg keine ordentliche Hochzeit mehr.«
»Ich glaube auch nicht, dass es diesmal eine geben wird. Es ist alles für das Erntefest vorbereitet, nicht für eine Hochzeit. Der Koch wird verrückt werden!«, warnte uns Litzel.
Natürlich hatte sie Recht. Es gelang mir, mich aus dem Chaos zurückzuziehen, das ich zumindest teilweise mit verursacht hatte, und für ein paar Stunden im Arbeitszimmer Schlaf zu finden. Ich fürchte, andere hatten nicht so viel Glück. Die Diener arbeiteten die ganze Nacht hindurch. Es war ein Glück, dass sie das Essen für das Erntefest bereitet hatten und die gesamte Burg mit Herbstgirlanden geschmückt war. Ein weiterer glücklicher Zufall war, dass sämtliche Herzöge und Herzoginnen bereits versammelt waren. Es hätte einen ungeheuren Aufruhr gegeben, hätte der Prinz trotz seiner Eile nicht in Anwesenheit aller seiner höchsten Edelleute geheiratet.
Am nächsten Tag vermisste ich das Guckloch fast. Die ganze lange Erntezeremonie hindurch stand ich in der hinteren Reihe der prinzlichen Garde. Langschopf hatte unsere Reihen wieder gefüllt. Dennoch war ich mir schmerzhaft des Fehlens jener bewusst, die mit uns losgezogen waren, um den Drachen zu finden. Sieber stand neben mir, und ich glaube, er empfand den Verlust genauso stark wie ich. Trotzdem empfand ich auch Zufriedenheit, wenn ich mir den Prinzen und seine Braut anschaute.
Sie waren als Erntekönig und Erntekönigin geschmückt. Es war schon lange her, seit man diesen Brauch zum letzten Mal ausgeübt hatte, aber es hatte auch schon lange kein königliches Paar mehr hier gelebt. Die Näherinnen mussten die ganze Nacht durchgearbeitet haben. Elliania trug ihren Mantel mit den Böcken und Narwalen und der Prinz ein dazu passendes Wams, das man in aller Eile genäht hatte. Pflichtgetreus schlichter Stirnreif war durch eine prachtvolle Erntekrone ersetzt worden, und darin erkannte ich Chades Hand, denn damit präsentierte er den Prinzen seinen Herzögen als gekröntes Haupt. Obwohl es >nur< eine Erntekrone war, hinterließ sie Eindruck. Und auch Elliania wurde gekrönt. Während der Prinz eine Krone aus vergoldetem Geweih trug, war das blau emaillierte Stück eines Narwalhorns Teil von Ellianias Krone. Als sie zusammen tanzten, allein in der Mitte des mit Sand eingestreuten Bodens, wirkten sie wie ein Paar aus den Legenden.
»Wie Eda und El«, bemerkte Sieber, und ich nickte.
Adel und Gemeine genossen gleichermaßen die Feierlichkeiten. In den folgenden Tagen füllten sich Burg und Stadt mit Menschen, wie schon seit Jahren nicht mehr. Lie Zeremonie, mit der die
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