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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Schulter. »Oh«, sagte sie. Dann hob sie das Gesicht erneut, um sich wieder küssen zu lassen. Ich blickte zur Seite.
    Oerttre nicht. Sie war entsetzt. Trotz der Lumpen, die sie am Leib trug, war ihre Reaktion königlich. »Peottre! Du erlaubst einem Bauern, unsere Narcheska zu küssen?«
    Er lachte laut auf. Tatsächlich war es das erste Mal, dass ich den Mann lachen sah. »Nein, meine Schwester. Aber sie erlaubt es ihm, und sie gewährt ihm nur, was er sich verdient hat. Es gibt viel zu erklären, aber ich versichere dir, dass nichts, was du da siehst, gegen ihren Willen geschieht.« Er lächelte. »Und was wäre er für ein Mann, wenn er sich dem Willen einer Frau widersetzen würde?«
    »Das ist unanständig«, erwiderte Oerttre streng, und ungeachtet ihrer verdreckten Kleidung und des verfilzten Haars waren ihre Worte die einer Narcheska der Äußeren Inseln. Es erstaunte mich, wie sehr sie wieder zu sich selbst gefunden hatte.
    Dann fiel mir plötzlich ein, dass auch der Narr nach dem Tod des Drachen wieder er selbst sein würde, falls er denn noch lebte. Wilde Hoffnung keimte in mir auf, und die Welt drehte sich vor meinen Augen. »Der Narr!«, rief ich, und als Peottre mich daraufhin missbilligend anblickte, da er glaubte, ich verspotte den Prinzen, klärte ich ihn auf: »Der lohfarbene Mann. Fürst Leuenfarb. Er könnte noch leben!«
    Ich wirbelte herum und rannte über den verkrusteten Schnee. Ich erreichte den Rand dessen, was einst unser Ausgrabungsplatz gewesen war, und suchte nach einem sicheren Weg hinunter. Der Kampf der Drachen hatte die Grube zu einem tückischen Ort gemacht. Die Öffnung, durch die Peottre und die Narcheska gekommen waren, war verschwunden. Raubarts Sturz und sein anschließender Kampf, um wieder aus dem Loch herauszukommen, hatten den Eingang zum Palast der Bleichen Frau verschüttet. Aber ich wusste, dass er dort gewesen war, und er konnte, durfte einfach nicht so dicht verschlossen sein. Ich machte mich auf den Weg, den unsicheren Abhang hinunter, und versuchte, mich festzuhalten, doch das Eis rutschte unter mir weg. Ich hielt kurz inne und zwang mich, vorsichtiger zu sein. So kam ich nur elend langsam voran. Brocken, die ich lostrat, waren kurz darauf Hindernisse, die ich überwinden musste. Die Öffnung hatte sich an der tiefsten Stelle des Loches befunden. Ich hatte sie fast erreicht, als ich jemanden meinen Namen rufen hörte. Ich blieb stehen und sah über meine Schulter. Peottre stand am Rand der Ausgrabung und blickte zu mir herunter. Mitleidig schüttelte er den Kopf. Er sprach offen.
    »Gib es auf, Dachsenbless. Er ist tot. Dein Kamerad ist tot. Es tut mir Leid. Wir haben ihn gesehen, als wir in den Zellen nach unseren Leuten gesucht haben. Ich habe mir geschworen, dass wir auch ihn mitnehmen würden, sollte er noch leben. Doch er hat nicht mehr gelebt. Wir sind zu spät gekommen. Es tut mir Leid.«
    Ich starrte ihn an. Plötzlich konnte ich ihn nicht mehr sehen. Der Kontrast zwischen der Helligkeit des Tages und seiner dunklen Silhouette schien mich zu blenden. Erst wurde mir kalt, dann war mein Körper wie taub. Langsam setzte ich mich auf das Eis. Ich hasste die dummen Worte, die aus meinem Mund kamen: »Bist du sicher.«
    Peottre nickte und sagte dann widerwillig: »Sehr sicher. Sie haben ...« Er hielt inne. Als er fortfuhr, sagte er schlicht: »Er war tot. Das hat er nicht überleben können. Er war tot.« Er atmete tief ein und stieß den Atem dann wieder langsam aus. »Unten im Lager rufen sie nach dir. Der Junge, Flink, er ist bei dem Sterbenden. Sie wollen dich dort sehen.«
    Der Sterbende. Burrich. Wie eine von Chades Explosionen erschien er wieder in meinen Gedanken. Ja, ich würde auch ihn verlieren. Das war zu viel - viel zu viel. Ich legte das Gesicht in die Hände und schaukelte vor und zurück. Zu viel. Zu viel.
    »Ich denke, du solltest dich beeilen.« Schwarzwassers Stimme erreichte mich wie aus großer Ferne. Dann hörte ich jemand anderen leise sagen: »Geh du, und kümmere du dich um deine Leute. Ich werde mich um meine sorgen.«
    Ich vernahm, wie jemand das Eis über mir herunterkam, doch es war mir egal. Ich saß einfach nur da und versuchte zu sterben, versuchte, das Leben loszulassen, in dem ich bei jedem versagt hatte, der mir lieb war. Dann legte sich eine Hand auf meine Schulter, und Web sagte: »Steh auf, Fitz-Chivalric. Flink braucht dich.«
    Kindisch schüttelte ich den Kopf. Ich würde nie, nie wieder zulassen, dass sich irgendjemand

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