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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Eidechse in Bewegung und kroch aus der Grube. Sein Schwanz wirbelte wütend den Schnee hinter ihm auf. Er starrte mich direkt an, und meine Eingeweide verwandelten sich bei diesem Blick in Eis.
    Dann, wie ein scharf gezügeltes Pferd, warf er den Kopf zurück und schüttelte ihn frustriert. Seine Augen, die im Vergleich zu Tintaglias wirbelndem Silber geradezu matt wirkten, schauten an mir vorbei und blieben an dem zu Boden gegangenen weiblichen Drachen haften. Sofort wandte er sich von uns ab, schnaufte wütend und stapfte auf das Weibchen zu. Ich bemerkte die Gabenappelle der Bleichen Frau an ihn, es zu töten; dann sei alles gut, behauptete sie, und er könne seinen Hunger und Zorn in aller Ruhe befriedigen. Aber zuerst musste er das Weibchen töten. Nichts stand jetzt noch zwischen ihm und seinem Triumph. Tintaglia konnte nicht mehr gegen ihn kämpfen.
    Doch die Bleiche Frau hatte sich geirrt. Mein Herz wollte aussetzen, als ich erkannte, dass Tintaglia noch zwei Verteidiger hatte. Der blinde Burrich stand neben dem Drachen, den Mantel fest auf Tintaglias Hals gedrückt in dem Versuch, die Blutung zu stoppen. Dass der Stoff qualmte, ließ mich fragen, aus was Drachenblut eigentlich bestand. Burrich war vollkommen auf seine Aufgabe konzentriert, und Tintaglia hatte den langen Hals schützend um den Leib geschlungen. Beide schienen den heranstapfenden Tod nicht zu bemerken.
    Doch Flink bemerkte ihn. Er stand da wie eine Ameise, die eine Burg verteidigt. Der bunt bemalte Pfeil des Drachen flog
von
seiner Sehne, doch nur um an Raubarts steinerner Haut zu zersplittern. Unbeeindruckt zog Flink ein weiteres Geschoss aus seinem Köcher, legte es auf die Sehne und spannte den Bogen. Von irgendwoher nahm er einen Mut, der für solch einen Jüngling viel zu groß schien, und trat zwei Schritte auf den Drachen zu. Wieder schoss er, wieder ohne Erfolg. Dennoch blieb er stehen und legte den dritten Pfeil an. Um Tintaglia zu erreichen, würde Raubart ihn schlicht über den Haufen trampeln. Ich sah, wie Flink seinem Vater eine Warnung zurief. Der Pfeil lag auf Flinks Bogen. Und ich konnte nichts weiter tun, als zuzusehen, wie der Steindrache seinen erbarmungslosen Blick auf den hilflosen Jungen richtete. Unvermittelt verfiel Raubart in einen schwerfälligen Galopp. Flink blickte zu seinem Tod hinauf und riss den Mund zu einem Schrei auf, der Entsetzen und Trotz zugleich ausdrückte. Der Bogen zitterte in seiner Hand. Die Spitze des Breitkopfpfeils bebte, doch Flink blieb standhaft.
    Burrich hob den Kopf. Er drehte sich um. Selbst jetzt noch erinnere ich mich an jede Einzelheit dieses Augenblicks. Ich sah, wie er tief durchatmete, und hörte trotz des Klingeins in meinen Ohren sein wütendes Brüllen ob der Bedrohung seines Sohns.
    Ich hatte ihn sich noch nie so schnell bewegen sehen. Er stürzte sich in die Richtung von Flink und dem Drachen, und seine Stiefel wirbelten Schnee in die Höhe. Tintaglia hob den Kopf ein Stück, um Zeuge seines wilden Sturms zu werden. Dann war Burrich zwischen seinem Jungen und dem Steindrachen und zog das Messer. Es war der lächerlichste und mutigste Angriff, den ich je gesehen habe. Während er dem plötzlich verwirrten Drachen entgegenstürmte, hob er seine Waffe. Ich sah die Klinge splittern, als er sie in die steinerne Haut rammen wollte. Doch im selben Augenblick fühlte ich auch den Schlag der Alten Macht, den er zeitgleich gegen die Kreatur richtete. Es war wie eine von Chades Explosionen. Es war die Entschlossenheit eines Hengstes, der seine Herde verteidigt, und die Wildheit eines Wolfs oder eines Bären, der seine Jungen beschützt, mehr auf Liebe zu dem gegrundet, was er verteidigte, als auf Hass auf den Feind. Es war gegen den Drachen gerichtet, und die unglaubliche Kraft dieses Schlags zwang die steinerne Bestie in die Knie.
    Doch als Raubart fiel, traf ein Schlag seiner schweren Flügel Burrich und warf ihn zur Seite, als wäre er nichts. Sein Körper drehte sich im Flug. »Nein!«, schrie ich, doch es war geschehen. Burrich schlug auf dem gefrorenen Schnee auf wie eine weggeworfene Puppe und rutschte dann über das Eis. Raubart rappelte sich wieder auf. Er schüttelte den schweren Kopf, und ich sah ihn nach Luft schnappen. Dann rückte er mit offenem Maul wieder gegen Flink und Tintaglia vor.
    Flink hatte den Kopf gedreht, um zuzusehen, wie der Leib seines Vaters zerschmettert wurde. Nun wandte er sich wieder dem Drachen zu, und das Brüllen, das aus seinem weit aufgerissenen Mund

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