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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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die Ohren gepresst, und weinte. Ein anderer hatte einen Kameraden an der Schulter gepackt und lachte wild, während er auf ihn einredete. Eine kleine Gruppe hatte sich um den Steindrachen versammelt. Leblos war er teilweise in den Schnee des Gletschers gesunken - eine hässliche schiefe Statue.
    Doch am Seltsamsten war, dass Tintaglia sich wieder erhoben hatte. Steifbeinig ging sie auf den Steindrachen zu und reckte vorsichtig den Kopf auf dem eleganten Hals nach vorn. Sie schnüffelte an dem Monster und versetzte ihm dann unvermittelt einen schallenden Hieb mit ihrer Pranke. Der Steindrache wippte steif im Schnee, fiel aber nicht um. Dennoch reckte Tintaglia den Kopf in die Höhe und verkundete mit lautem Trompeten ihren Sieg über den Feind. Noch immer sickerte Blut aus den Wunden, die er ihr zugefügt hatte, doch sie beanspruchte den Sieg für sich. Und um sie herum erhoben die Männer die Stimmen, um sich ihrem Triumphgeheul anzuschließen. Hatte es je so etwas Seltsames gegeben wie dieser feiernde Drache inmitten jubelnder Menschen, so hatte zumindest noch nie ein Barde darüber geschrieben.
    Von hoch oben erscholl ein weiterer triumphierender Schrei. Mitgenommen kreiste Eisfeuer hoch über uns, kam dann aber tiefer. Auf dem Boden warf Tintaglia den Kopf zurück und brüllte erneut. Die Schuppen an ihrem Hals sträubten sich plötzlich wie eine Mähne, und ein vorher unsichtbarer Schild erschien um ihren Kopf, als wäre er eine Krone. Farben wanderten über ihren Körper, vom tiefsten Blau bis hin zu strahlendstem Silber. Die Männer, die sich um sie herum versammelt hatten, zogen sich ein Stück zurück. Mühelos sprang sie in die Luft. Ihre Flügel breiteten sich aus, und mit drei kräftigen Schlägen stieg sie empor.
    Eisfeuer begann sofort, wild zu flattern, doch sie ließ ihn rasch hinter sich, während sie immer höher und höher hinaufstieg. Lüstern trompetete er ihr zu, doch sie machte sich nicht die Mühe, ihm zu antworten. Ihre Schwingen trugen sie hinauf, bis sie so klein war, dass man sie für eine silberne Möwe hätte halten können. Eisfeuer, fast doppelt so groß wie sie, ausgemergelt und mit zerfetzten Flügeln, machte sich sofort an die Verfolgung. Ich blinzelte, als sie vor der Sonne vorbeiflogen.
    Dann drehten sie sich zusammen. Seine tiefen Schreie waren eine Herausforderung an die ganze Welt, doch ihre höheren Rufe waren Trotz und Spott in einem und nur für ihn gedacht. Kurz war er über ihr, dann glitt sie von ihm weg. Oder zumindest glaubte ich, dass sie das tun wollte. Doch dann stürzte sich Eisfeuer auf sie, das Maul weit aufgerissen, sodass ich selbst auf diese Entfernung das Violett seines Gaumens erkennen konnte, und packte sie am ausgestreckten Hals. Seine größeren Flügel überschatteten die ihren, und plötzlich schlugen sie im Takt. Er zog sie dicht an sich, und sein Schwanz wand sich um ihren.
    Ich wusste, was ich da sah. Durch diesen Hochzeitsflug würde es wieder Drachen auf unserer Welt geben. Staunend starrte ich zu ihnen hinauf und fragte mich, was wir da in die Welt entlassen hatten.
    »Ich verstehe das nicht!«, rief die Narcheska entsetzt. »Sie ist so weit gekommen, um ihn zu retten, und nun greift er sie an. Seht doch nur, wie sie kämpfen!«
    Pflichtgetreu räusperte sich. »Ich glaube nicht, dass sie kämpfen.«
    »Dann... Doch, das tun sie! Schau, wie er sie beißt! Warum packt er sie so, wenn er sie nicht verletzen will?« Elliania beschattete die Augen mit der Hand und blickte weiter verwundert hinauf. Ihr dunkles Haar fiel ihr über den Rücken. Ihr hoch gerecktes Kinn entblößte ihren feinen Hals, und ihr Hemd spannte sich über der Brust. Pflichtgetreu räusperte sich abermals, dann löste er den Blick von ihr und schaute von mir zu Peottre. Ihr Onkel hatte den Arm um die Schultern ihrer Mutter gelegt und hielt Kossi im anderen. Ich denke, in diesem Augenblick entschied der Prinz, dass ihn unsere Meinung in dieser Angelegenheit nicht länger interessierte. Er trat zu Elliania und nahm sie in die Arme. »Ich werde dir zeigen, was sie da tun«, sagte er zu ihrem Erstaunen. Und dann drückte er sie an sich und senkte den Mund auf ihren.
    Trotz allem, was mir an diesem Tag widerfahren war, trotz der Verluste, die ich hatte ertragen müssen, lächelte ich. Das, was sich zwischen den Drachen dort oben abspielte, beeinflusste wohl jeden mit der Gabe. Schließlich löste die Narcheska sich aus dem Kuss, senkte den Kopf und legte die Stirn an Pflichtgetreus

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