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Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)

Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)

Titel: Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz von Rosenberg Lipinsky
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emotionalen Zustand zu versetzen, aus dem heraus es dann Angst entwickeln kann.
    Das Gefühl, das die meisten Zahnärzte zum Quereinstieg nutzen, ist Zorn. Sie bringen uns durch ihre Arroganz und ihren unverhohlen zur Schau gestellten Reichtum gegen sich auf, tun so, als bräuchten sie uns gar nicht, nehmen uns trotzdem aus wie Weihnachtsgänse und beschweren sich dann auch noch über mangelnde Wertschätzung. Zahnärzte sind wie Bayern München.
    Schon bei der Terminvereinbarung erfolgen die ersten verbalen Attacken: »Na, Sie waren ja schon lange nicht mehr bei uns, das ist ja bestimmt schon wieder, lassen sie mich mal schauen …, oh …, 8 Monate her! Also, da garantieren wir jetzt aber für nix mehr!« Auf diese Weise äußert sich wohlgemerkt das medizinisch keineswegs qualifizierte Verwaltungspersonal, das eigentlich nur den Kalender bedienen soll.
    Wenn man dann die Praxis betritt, legen sie ansatzlos nach: »Schön, dass Sie es möglich machen konnten. Nehmen Sie Platz, das kann noch ein wenig dauern. Aber nachdem Sie soooooo lange nicht mehr hier waren, scheinen Sie es ja nicht eilig zu haben …«
    Angesichts dieser Ansprache wird sich der Patient im Wartezimmer bereits in einem aufgewühlten Zustand befinden. Was nicht besser wird durch die in aller Regel exorbitant lange Zeit, die er dort verbringt. Während derer wird er im Wartezimmer konfrontiert mit in Augenhöhe aufgehängten Bildern von den Safaris, an denen der Arzt teilgenommen hat. Oder mit ausliegenden Segel-Fachmagazinen, jeweils mit einer dick angestrichenen Kleinanzeige, die belegt, dass der Doktor sich ernsthaft für die dort inserierte 1,4-Millionen-Jacht interessiert. Allerdings braucht er für die letzte Rate noch deine heutige Behandlung.
    Dann wird man in einen anderen Raum überführt, auf den der Ausdruck »Sprechzimmer« allerdings nicht zutrifft, da man dort nicht reden kann. Im Gegenteil: Man wird in wehr- und würdeloser Haltung, mit dem Kopf im Nacken, auf dem Rücken festgeschnürten Armen und offener Kehle auf einem Stuhl fixiert und bekommt ein Lätzchen umgehängt. Ein Lätzchen! Wessen Gefühle jetzt immer noch nicht in Wallung geraten sind, der hat keine.
    Nachdem sie den Patienten derart bloßgestellt und der kindischen Lächerlichkeit preisgegeben hat, verlässt die Arzthelferin unter unverständlichem Gemurmel den Raum. Jetzt hat man wiederum Wartezeit, die man – mangels Lektüre – damit verbringen kann, das zu diesem Zwecke sorgsam bereitgelegte Folterbesteck zu studieren. Es liegt auf einer Art Frühstückstablett, direkt vor der eigenen Nase. Obwohl man ja wahrscheinlich selbst gar nicht essen könnte, sondern gefüttert werden müsste. Das Besteck sieht toll aus, es blitzt und blinkt – und man kann sich in Ruhe ausmalen, was wohl aus den Menschen geworden ist, an denen man diese Messer, Hammer oder Hebel zuletzt angesetzt hat. Wahrscheinlich hängen die immer noch zum Ausbluten dort hinten im Kühlraum.
    Und: Spritzen! Spritzen! Überall: Spritzen! Monströse Geräte, deren Anwendung eigentlich nur unter Vollnarkose zu ertragen ist.
    Irgendwann kommt die Arzthelferin in Begleitung einer Kollegin zurück, zum Zwecke einer Bestandsaufnahme. Für derartige administrative Tätigkeiten hat der Doktor selbst natürlich keine Zeit. Er bietet ja gerade online bei Sotheby’s auf eine neue Takelage.
    Währenddessen erfolgt im Behandlungszimmer eine weitere Emotionalisierungsmaßnahme. Während die eine Arzthelferin hinter deinem Rücken irgend etwas in den Computer tippt, stößt dir die andere einen Spatel ins Zäpfchen, starrt in deinen Rachen und schimpft:
    »Oh, drei/sieben oben links distal Füllung insuffizient oben, 24–4 k … ooooohh … Na, da war aber jemand schlampig, uiuiuiui, 1–7 unten, das is aber nicht ihre Ecke hier, hmmmm. Was ist denn das da, das schaffen wir aber heute nicht … Hallo, 3–4,3, zwei fallenlassen, 7–5–3 Rom schlüpft aus dem Ei …«
Stellen wir uns nur mal vor, eine Verkäuferin in der Herrenbekleidung würde ihre Kunden behandeln wie eine Zahnarzthelferin: »Oooooh, Sie sind aber lange nicht mehr hier gewesen. 30, 40 Jahre bestimmt, wenn ich mir das so genau betrachte. Ob man da noch mal was machen kann … Sind das Graue hier auf dem Revers Haare? Oder Haut? Welche Größe, sagen Sie? 52, hmmmm, ich weiß nicht, ob wir das heute noch schaffen … Was ist das denn, Speckrollen, uiuiuiuiui, na, ob 52 da noch reicht … und ich meine nicht den Längengrad! Wir hätten sonst

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