Die 39 Zeichen 01 - Die Katakomben von Paris
nicht beide gewinnen. Aber dieser Wettlauf kann Wochen, ja vielleicht sogar Monate dauern. Bis zum Ende können wir doch sicher zusammenarbeiten? Immerhin sind wir eine Familie.«
»Dann hilf uns doch ein bisschen«, entschied Dan. »Hier ist nichts über einen Richard S_. Wo sollen wir denn dann suchen?«
Alistair tippte mit seinem Stock auf den Boden. »Grace war
eine Frau voller Geheimnisse. Und sie liebte Bücher. Sie liebte sie sehr. Und du hast recht, Amy. Es scheint tatsächlich seltsam, dass es hier so wenige von ihnen gibt.«
»Du glaubst, sie hatte noch mehr Bücher?« Amy hielt sich die Hand vor den Mund. »Eine … eine geheime Bibliothek?«
Alistair zuckte die Schultern. »Es ist ein großes Haus. Wir könnten uns aufteilen und suchen.«
In diesem Moment bemerkte Dan etwas. Es war eines dieser kleinen Details, die ihm oft auffielen. An der Wand, ganz oben über dem Bücherregal, befand sich ein Wappen aus Gips, das genauso aussah wie das über der Eingangstür des Hauses. Es zeigte ein verschnörkeltes C, umgeben von vier kleineren Wappen, auf denen ein Drache, ein Bär, ein Wolf und zwei Schlangen zu sehen waren, die sich um ein Schwert wanden. Er musste es früher schon eine Million Mal gesehen haben, aber bis heute war ihm nie aufgefallen, dass in die Mitte der kleineren Wappen jeweils ein Buchstabe eingraviert war - E, T, J, L.
»Bring mir eine Leiter«, sagte er.
»Wie?«, fragte Alistair.
»Vergiss es«, rief Dan und begann, das Buchregal hinaufzuklettern, ohne sich darum zu kümmern, dass er dabei allerlei Bücher und Krimskrams, der in den Regalen stand, von den Brettern fegte.
»Dan, komm da sofort runter!«, protestierte Amy. »Du wirst runterfallen und dir wieder mal den Arm brechen!«
Dan hatte das Wappen inzwischen erreicht und sah, dass seine Vermutung richtig gewesen war. Die Buchstaben waren dunkler als der Rest des Steins, als wären sie schon viele Male berührt worden.
»Amy«, rief er nach unten, »wie hießen noch mal diese vier Häuser?«
»Ekaterina«, rief sie. »Tomas, Janus und Lucian.«
»Ekaterina«, wiederholte Dan, während er auf das E drückte. »Tomas, Lucian, Janus.«
Als er den letzten Buchstaben gedrückt hatte, schwang das Regal nach außen. Dan musste zur Seite springen, um nicht in einem Buchsandwich eingequetscht zu werden.
Wo das Bücherregal gestanden hatte, führte nun eine dunkle Treppe in die Tiefe.
»Ein Geheimgang«, sagte Onkel Alistair. »Dan, ich bin beeindruckt.«
»Es könnte gefährlich sein, da runterzugehen!«, sagte Amy.
»Du hast recht«, stimmte Dan ihr grinsend zu. »Ladys first.«
Fünftes Kapitel
Amy hätte sich nichts Schöneres vorstellen können, als für immer in einer geheimen Bibliothek zu leben. Stattdessen fand sie dort beinahe den Tod.
Sie war die Stufen als Erste hinuntergegangen und staunend vor den Büchern stehen geblieben, die in endlosen Reihen vor ihr standen. Bisher hatte sie gedacht, dass die öffentliche Bibliothek am Copley Square die beste der Welt sei, doch das hier war noch tausend Mal besser. Es sah hier viel mehr aus wie in einer Bibliothek. Die Regale waren aus dunklem Holz und die Bücher waren in schweres Leder gebunden und sehr alt, mit verblichenen Titeln auf den Buchrücken. Sie sahen aus, als wären sie im Laufe der Jahrhunderte oft benutzt worden. Orientalische Teppiche bedeckten den Boden, und überall standen gepolsterte Sessel, in die man sich kuscheln konnte und einfach anfangen zu lesen. Auf großen Tischen waren Karten und riesige Folianten ausgebreitet. An einer Wand standen eine Reihe eichener Registerschränke und ein großer Computer mit drei verschiedenen Bildschirmen, der aussah, als gehörte er der NASA. Die schweren Kristalllüster, die von der gewölbten Decke herabhingen, ließen den ganzen Raum in hellem Licht erstrahlen, obwohl sie sich hier tief unter der Erde befanden.
»Das ist großartig!« Aufgeregt lief Amy in den Raum hinein.
»Bücher«, sagte Dan. »Yippie.« Er schaute sich den Computer
an, aber auf dem Bildschirm war nur die Maske für das Passwort zu sehen. Dann rüttelte er an einigen Schubladen der Registerschränke, doch sie waren alle verschlossen.
Onkel Alistair nahm vorsichtig ein dickes rotes Buch aus einem der Regale. »Latein. Cäsars Feldzug in Gallien, auf Pergament kopiert. Das sieht aus, als wäre es von einem Kopisten mit der Hand abgeschrieben worden, so um, hm, 1500?«
»Das muss ein Vermögen wert sein«, sagte Amy.
Dan sah plötzlich viel
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