Die 39 Zeichen 02 - Mozarts Geheimnis
Ahnungslosen zu spielen. Die Tür stand hinter ihnen immer noch offen und die Verwüstung war vom Flur aus deutlich zu erkennen.
Die Cahills flohen, sprinteten um die nächste Ecke außer Sichtweite. Der Wachmann setzte sich in Bewegung und wollte sie verfolgen, doch Nellie packte ihn am Arm und zog ihn mit einem Ruck nach hinten, sodass sie ihm beinahe die Schulter ausgekugelt hätte.
»Sie können nicht weg! Was ist, wenn Jonah blutend da drin liegt?«
Die Wut des Wachmannes wuchs. »Dumme Gans! Dein Held ist nicht einmal im Gebäude!« Er nahm ein Funkgerät von seinem Gürtel und begann, Anweisungen hineinzubellen.
Nellie schluckte. Sie verstand zumindest so viel Deutsch, um mitzubekommen, wie er veranlasste, Wachen an den Aufzügen und am unteren Ende aller Treppenhäuser zu postieren.
Amy und Dan saßen in der Falle.
Sechstes Kapitel
Als die Aufzugtüren aufglitten, wären die Geschwister beinahe an ihnen vorbeigestürmt. Amy reagierte als Erste, bremste, packte ihren Bruder und zog ihn in den Aufzug. Sie drückte auf E. Schwer atmend standen sie da, während die Kabine sich langsam nach unten bewegte. Mit ängstlichen Blicken folgten sie den Nummern, die die Stockwerke anzeigten.
Plötzlich schnellte Dans Hand vor und drückte auf die Zwei. »Vielleicht warten sie in der Lobby auf uns«, erklärte er angespannt.
»Aber da ist der Ausgang!«, rief Amy schrill. »Wir können das Hotel nicht im zweiten Stock verlassen.«
»Klar können wir das.« Die Türen öffneten sich, und Dan zog sie auf den Flur des zweiten Stockwerks, der Ballsäle und Konferenzräume miteinander verband.
Amy war am Rande eines Nervenzusammenbruchs. »Und wie?«
»Wir springen.«
Sie starrte ihn an. »Bist du total verrückt …«
Sie bogen um die nächste Flurecke, und die Hotelauffahrt wurde durch eine Glasfront hindurch sichtbar, die vom Fußboden bis zur Decke reichte.
Dan öffnete die Glastüren und die beiden traten hinaus auf einen engen Steinbalkon.
»Keine Chance, Dan! Ich springe nicht! Wir werden uns die Beine brechen!«
»Sieh nach unten!«, befahl er ihr.
Zwei Meter unter ihnen befand sich eine Markise, die den Haupteingang überdachte.
Er schwang ein Bein über die Steinreling. »Das ist ein Kinderspiel«, sagte er und versuchte dabei sicherer zu klingen, als er sich fühlte. »Eine geringere Fallhöhe als vom hohen Sprungbrett.«
»Aber kein Wasser!«
Er ließ sich fallen. Amy beobachtete ihn entsetzt, erwartete, dass der Stoff reißen und ihr Bruder auf dem Beton zerschmettern würde. Doch die Markise hielt.
Ihr Bruder grinste zu ihr hinauf und krabbelte zum Rand des Leinentuches, wo sich eine Stahlstange befand, an der er zum Gehweg hinabrutschte. Er winkte ihr mit Nannerls Tagebuch zu.
Niemals zuvor hatte Amy Angst auf so vielen Ebenen zugleich verspürt - Angst, geschnappt zu werden; Angst um Nellie; Angst um ihren verrückten Bruder, der Gefahr nicht wirklich einschätzen konnte; und die sehr konkrete Angst von einem Balkon im zweiten Stock auf ein dünnes Stück Stoff zu springen.
»Beeil dich!«, drang ein ungeduldiger Ruf zu ihr herauf.
Ich kann nicht … ich kann es einfach nicht …
Die Welle aus Scham war fast so überwältigend wie ihre
Panik. Sie war schon eine tolle Cahill! Die Zukunft der ganzen Welt stand auf dem Spiel, und sie konnte sich nicht dazu entschließen, sich zwei Meter fallen zu lassen - nicht einmal nachdem sie gesehen hatte, wie ihr erst elf Jahre alter Bruder es getan hatte. Genauso gut könnte sie Jonah das Tagebuch überlassen. Oder den Holts oder den Kabras. Ihre Großmutter hatte sich in ihr getäuscht. Sie war dem Ganzen einfach nicht gewachsen.
Es tut mir leid, Grace …
Dieser Gedanke riss Amy schließlich aus ihrer Erstarrung. Sie fiel schon durch die Luft, bevor sie sich überhaupt dazu entschlossen hatte. Sie traf auf dem Stoff auf wie ein abgestürzter Trapezartist in seinem Sicherheitsnetz. Sekunden später hob Dan sie nach unten auf die Straße. Sie saßen schon in einem Taxi und befanden sich mehrere Straßen vom Hotel entfernt, bevor einer von beiden es wieder wagte, ein Wort zu sagen.
»Nellie …«, fing Dan an.
»Ich weiß …«
Ihr kleines Zimmer im Hotel Franz Josef sah nun, im Vergleich zu den Annehmlichkeiten des königlich-habsburgischen Hotels, noch schäbiger und kleiner aus. Auch die Begrüßung, die Saladin ihnen zuteilwerden ließ, half nicht unbedingt dabei, ihre Laune grundlegend zu verbessern. Der Ägyptische Mau befand sich immer
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