Die 39 Zeichen 04 - Der Schatz des Pharao
er und machte eine ausladende Geste mit seinem juwelenbesetzten Gehstock. »Ich muss gestehen, dass ich stolz darauf bin. Ich habe es selbst entworfen.«
»Es herrscht hier aber nicht gerade Gedränge«, bemerkte Dan.
Baes Grinsen verschwand. »Sogar Ekaterina können einem das Genie neiden. Sie verstehen nicht, dass das hier nichts mit meinen persönlichen Vorlieben zu tun hat. Ich habe es für alle Ekaterina entworfen. Und stimmt es etwa nicht, dass ich es war, der den Weitblick hatte, dieses Hotel zu kaufen? Dass ich es war, der eine Vision hatte? In Kairo gab es schon immer einen Stützpunkt der Ekaterina, aber er war mit diesem hier nicht zu vergleichen. Es war ein schäbiges Haus, das Howard Carter für uns 1915 aufgetrieben hatte, als er nach der zweiten Sakhet suchte. Während des Zweiten Weltkriegs mussten wir die Gegenstände hie und da verstecken, und ich fand es klug, einen besseren Stützpunkt zu bauen. Niemand sonst hatte großen Bedarf dafür. Es hat mich Jahre gekostet. Und sobald die Technik fortschreitet, nehme ich Verbesserungen vor. Dies hier ist so gut wie ein Museum, findet ihr nicht? Nein, besser. Eine Verbeugung vor den vielen genialen Abkömmlinge Katherines.«
»Zu denen auch Ihr Neffe gehört«, sagte Amy.
»Bah.« Baes dünner Mund verzog sich vor Abscheu.
»Ich dachte, Ihr Name wäre Bae, nicht Bah«, bemerkte Dan. »Mein Fehler.«
Bae bedachte ihn mit einem finsteren Blick. Dan fühlte, wie ihn ein kalter Schauer durchlief. Ihm war, als würde ihn ein Hai taxieren; unmittelbar bevor er seine Kiefer öffnet und einen in Stücke zerreißt.
»Ich habe schon gehört, dass du ein kleiner Schlaumeier bist«, sagte Bae zu ihm. »Und ich bin sicher, dass dich das im Leben weit bringen wird.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Amy zu. »Alistair hat mich schwer enttäuscht. So ein brillanter Kopf, aber so ein dummer Mensch.«
»Und w-warum sind Sie dann so sehr daran interessiert, ihn wiederzusehen?«, erkundigte sich Amy. Vielleicht war sie in die Enge getrieben, vielleicht hatte sie auch Angst, aber sie würde nicht zulassen, dass sie dieser Typ herumschubste.
»Ich bin sein Onkel. Ich habe meinem teuren verstorbenen Bruder versprochen, mich um ihn zu kümmern. Als Alistair noch jünger war, hatte er so viel Potenzial. Immerhin war er derjenige, der herausfand, wie man die dritte Sakhet öffnen konnte. Dann hat er sich entschieden, Erfinder zu werden. Doch was hat er erfunden? Ein geschmackloses und unverdauliches Stück gefrorenen Pappkartons, das vorgibt, essbar zu sein!«
»Ich habe gehört, er soll mit diesem Pappkarton ein paar Millionen verdient haben«, warf Dan ein.
Bae lehnte sich auf seinen Stock. »Eins solltest du dir merken. Geld ist kein Zeichen von Verdienst . Wenigstens nicht für einen Ekaterina. Darum sind wir den anderen überlegen. Was ist es, das wir wertschätzen? Nicht Macht, wie die Lucians, oder Körperkraft wie die Tomas’. Nicht einmal die Intelligenz der Janus’. Nein. Es ist etwas viel Größeres – Einfallsreichtum, Inspiration. Um damit etwas Nützliches zu schaffen.« Er schwenkte seinen Stock umher. »Hier habt ihr direkt vor Augen, was wir vollbracht haben!«
»Wir haben gerade einige ziemlich furchtbare Dinge gesehen, die der Einfallsreichtum der Ekaterina hervorgebracht hat«, wandte Amy ein und deutete auf den Vorhang aus schwarzen Schatten.
»Ich habe dich für klüger gehalten, junge Dame. Diese Bemerkung war deiner nicht würdig.«
»Und warum?«, forderte Amy ihn heraus. »Muss ich mich etwa von Konzentrationslagern und Atombomben beeindrucken lassen?«
Bae stampfte mit seinem Stock auf. »Das ist eine reine Gefühlsreaktion! Die Ekaterina sind nicht böse. Sie sind auch nicht gut. Sie erfinden . Sie fordern heraus. Sie führen . Gut, einige Leben gehen dabei verloren. Aber das sind nur Kleinigkeiten. Wichtig ist die Entdeckung . Die Erfindung . Verstehst du das?«
»Ja, wir haben es kapiert«, sagte Dan. »Hier noch mal der Klartext: Sie sind ein ziemlich gruseliger Kerl.«
Bae Oh machte einen Schritt auf sie zu und sie wichen zurück. »Ihr seid auch Cahills. Ihr wisst, dass das, was uns besonders macht, auch manchmal gefährlich sein kann. Eure Vorfahren sind der Beweis dafür. Und es ist eure Aufgabe, sowohl aus ihren Fehlern als auch aus ihren Erfolgen zu lernen. Oder stimmt das etwa nicht?«
Amy wollte ihm nicht zuhören. Doch seine Worte ergaben in diesem Moment tatsächlich einen Sinn.
Bae kam weiter auf sie zu und
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