Die 39 Zeichen 06 - Gefahr am Ende der Welt
vor ihnen.
»Und ich würde zudem behaupten, dass auch die Kabras wissen, wie es ist, hin und wieder einen Misserfolg einzustecken«, fügte Irina ausdruckslos hinzu. »Deine Kinder, zum Beispiel.«
Du grässliche Hexe , dachte Natalie. Sie wartete darauf, dass Ian etwas sagte, aber der saß wie versteinert neben ihr.
Irina lächelte. »Wie es scheint, waren Amy und Dan Cahill ihnen immer einen Schritt voraus. Wie viele Zeichen habt ihr beiden denn gefunden?«, wandte sie sich nun an die Geschwister. »Ich meine, ihr beiden, ihr allein. Wie viele?« Sie legte einen Zeigefinger an die Stirn. »Mal nachdenken … Ach, jetzt fällt es mir wieder ein! Eins.«
»Mama!« Natalie beugte sich vor. »So darf sie nicht mit uns reden!«
Irina wandte sich wieder Isabel zu. »Die Wahrheit ist, dass Amy und Dan viel klüger sind, als wir erwartet haben. Was ist denn, wenn sie herausfinden, was wirklich mit ihren Eltern passiert ist? Sie haben Ideen. Wenn sie noch einen Grund haben zu gewinnen, nämlich aus Rache, dann werden sie noch viel gefährlicher.«
Unvermittelt löste Isabel den Verschluss der Jade-Halskette und warf sie Irina vor die Füße.
»Das halte ich von diesen Cahills. Ganz zu schweigen von deiner lächerlichen Verehrung für Grace Cahill. Sie war eine bekloppte alte Schrulle, die immer alles besser wusste. Sie und ihre Enkel werden uns jedenfalls nicht wieder in die Quere kommen, egal wie viel sie wissen.«
Irina hob die Kette auf. Sie fuhr mit den Fingern über das Drachen-Amulett.
»Du dachtest, es wäre wichtig«, sagte Isabel verachtend. »Noch so ein Fehler von dir. Ich habe es heute früh sorgfältig untersuchen lassen. Es ist nur eine einfache Halskette. Ein billiges, sentimentales Ding, an das sich ein dummes kleines Mädchen klammert. Es war reine Zeitverschwendung, es zu stehlen. Mit solchen Sachen ist jetzt Schluss. Wenn du es noch
schaffst, kannst du etwas ganz Einfaches erledigen.« Isabel warf Irina ihr Handy zu. »Ruf den Mittelsmann an.«
Wer ist das denn ?, fragte sich Natalie.
Irina räusperte sich. »Ich bin mir nicht mehr sicher, ob man sich auf ihn verlassen kann.«
»Natürlich kann man sich auf ihn verlassen«, entgegnete Isabel. »Wir haben uns seiner schon oft bedient. Sag ihm, ich bin in Sydney und brauche ein paar Dinge. Ich melde mich später mit einer Liste bei ihm.«
Isabel nahm ihre Tasche. »Ian, Natalie. Kommt. Wir gehen einkaufen.«
Natalie sprang auf. Endlich!
»Du findest ja bestimmt selbst hinaus, Irina.«
Isabel knallte die Tür hinter sich zu.
Natalie musste rennen, um mit dem schnellen Schritt ihrer Mutter mitzuhalten. »Irina ist nur neidisch auf dich«, sagte sie schnell. »Sie will die Anführerin sein, dabei kann sie es überhaupt nicht.«
»Stimmt«, sagte Ian.
Natalie warf ihm einen bösen Blick zu. Er musste überzeugender klingen. Isabel zählte auf ihre Unterstützung.
Natalie hatte erwartet, dass ihre Mutter lächeln und ihr zustimmen würde, doch Isabel drückte nur energisch auf den Fahrstuhlknopf.
»Halt die Klappe, Natalie, ich versuche nachzudenken«, blaffte sie ihre Tochter an.
Natalie fuhr mit den Fingern über ihren Pullover. Kaschmir. Ihre Mutter hatte ihr einen in jeder Farbe gekauft. Wenn sie schlechter Stimmung war, dachte sie an die Pullis, die zu Hause
in London in ihrem riesigen Kleiderschrank lagen. Sie hatte die beste Mutter der Welt.
Isabel drückte noch einmal ungeduldig auf den Fahrstuhlknopf. »Ruf den Hausmeister«, giftete sie Ian an. »Erstens soll er uns ein Auto besorgen. Und zweitens soll er den Fahrstuhl reparieren.«
»Ja, Mami.«
»Und lasst mich in Ruhe, alle beide«, schrie Isabel, als sich die Fahrstuhltür öffnete. »Ich muss nachdenken.«
Zwölftes Kapitel
Als die Tür hinter Isabel ins Schloss gefallen war, starrte Irina das Handy an. Sie musste den Mittelsmann anrufen. Vielleicht war er beruflich außer Landes, aber darauf konnte sie wohl nicht hoffen.
Es gab in jeder Stadt einen, vermutete sie, jemanden, der alles beschaffen konnte, was benötigt wurde. Pässe, Autos, Sprengstoffe, Gifte. Für die Lucians waren solche Kontakte sehr wertvoll. Dieser Mittelsmann war einer der besten. Er scheute vor nichts zurück, konnte alles beschaffen und stellte keine Fragen. Sie selbst hatte auch schon von ihm Gebrauch gemacht.
Was Isabel wohl diesmal von ihm wollte? Was hatte sie vor?
Rastlos schritt Irina im Raum auf und ab. Sie hatte Isabels Vertrauen verloren. Sie war nicht mehr in den ganzen Plan
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