Die 39 Zeichen 06 - Gefahr am Ende der Welt
woran du dich erinnerst. Irina weiß es ja ganz offensichtlich. «
»Nein, sie weiß es nicht. Und ich erinnere mich nicht an viel.
Es sind lauter merkwürdige Einzelbilder. Ich weiß noch, dass ich Stimmen gehört habe und nach unten gegangen bin und dass ich Angst hatte, weil so viele Fremde im Haus waren. Ihre Stimmen klangen gemein. Und Isabel Kabra hat mich hochgenommen …«
Amys schluckte. Sie konnte Dan nicht von den Koalas erzählen. Er musste erst damit fertig werden, dass ihre Eltern von Verwandten ermordet worden waren. Was, wenn er erfuhr, dass es ihre Schuld war?
»… und ich habe gefühlt, dass Mama Angst hatte. Und ich weiß noch, dass ich später gehört habe, wie die Haustür zufiel, und dass ich froh war, dass sie endlich weg waren. Dann habe ich nach draußen gesehen und da standen sie alle unter meinem Fenster. Isabel sagte, sie müssten noch in jener Nacht etwas unternehmen. Niemand anders hat etwas gesagt.«
»Was weißt du noch von Mama und Papa?«, wollte Dan wissen.
Amy schüttelte den Kopf. »Nicht viel. Ich weiß noch, dass Mama dich und mich rausgebracht hat und Papa Bücher aus den Regalen genommen hat.«
»Er hat etwas gesucht.«
»Und dann hat Mama uns im Gras abgesetzt und mir gesagt, ich solle auf dich aufpassen. Dann ist sie ins Haus zurückgelaufen. Ich habe gewartet und gewartet, dass sie wieder herauskommen. Sind sie aber nicht.« Tränen rollten ihr über die Wangen. Pass auf deinen Bruder auf . Es klang so einfach. Aber wie stellte man das am besten an?
Dan waren ihre Tränen peinlich. »Dreh jetzt nur nicht durch«, sagte er. »Wir haben etwas zu erledigen.«
»Redest du jetzt wieder mit mir?«, fragte Amy, noch unter Tränen.
»Schätze schon«, antwortete Dan. »Wir sind schließlich noch auf der Jagd nach den Zeichen. Also machen wir uns am besten an die Arbeit.«
Amy ignorierte Dans kühlen und verletzenden Ton. Vielleicht würde sich die Anspannung zwischen ihnen wieder legen. Dan konnte nie sehr lange nachtragend sein.
Sie griff in ihren Rucksack, fand ein paar Tüten Erdnussbutterkekse und warf Dan eine zu. »Frühstück.«
Dan riss die Tüte auf. »Okay. Gestern Abend habe ich mir noch überlegt, wie wir Henderson am besten auf die Spur kommen, aber dann bekam ich Kopfschmerzen. Die Stadt ist riesengroß. Und wir haben null Anhaltspunkte.«
»Trotzdem würde ich gern den Krakatau sehen«, meinte Amy. »Wenn wir uns einfach dort umsehen könnten, wo er damals war, würde uns vielleicht etwas einfallen.«
»Weißt du noch, was die Frau an der Rezeption gesagt hat, als Nellie sie um Cheeseburger gebeten hat?« Aus Dans Mund spritzten Kekskrümel, während er redete, aber Amy sah geflissentlich darüber hinweg.
»In Jakarta bekommst du alles. Wenn wir uns die Insel nur mal ansehen oder schauen, was es außen herum alles gibt, dann reicht das vielleicht auch schon.« Dan schob sich den letzten Keks in den Mund. »Ist jedenfalls besser, als nur hier herumzusitzen.«
Amy sah zu Nellie hinüber, die tief und fest schlief.
»Sie war gestern Abend so erledigt, dass sie nicht einmal mehr Musik gehört hat«, erzählte Amy. »Wir können sie noch
nicht aufwecken. Komm, wir recherchieren noch ein bisschen.« Sie holte sich Dans Laptop.
Ihr Bruder ließ sich auf die Couch fallen. »Recherchieren? Kannst du denn an nichts anderes denken?«
»Ich will sehen, ob ich noch etwas herausfinden kann. Nellie hat uns gestern über den Ozean geflogen. Sie hat wahrlich ein bisschen Schlaf verdient.«
»Wirklich?«, fragte Dan. »Ich weiß nicht, ob sie sich das wirklich verdient hat.«
»Wie meinst du das?«
»Ich finde es komisch, dass wir immer neue Seiten an ihr entdecken«, flüsterte Dan. »Weißt du noch, was du im Flugzeug gesagt hast?«
»Ich dachte, du hast nicht zugehört.«
»Ich habe nur nicht mit dir geredet. Ich rede immer noch nicht mit dir, außer wenn es sein muss. Du hast gesagt, es käme dir vor, als wäre sie dafür ausgebildet worden. Du hast recht.«
»Ich weiß. Erinnerst du dich noch an die merkwürdige Nachricht, die wir in Russland auf ihrem Handy gehört haben? Wir benötigen einen Statusbericht . Madame Rätselhaft trifft es schon ganz gut.«
Amy biss sich auf die Lippen. »Es ist ja nicht so, dass ich ihr nicht traue. Ich meine, wir reden hier von Nellie . Sie ist total cool. Es ist nur … wer ist sie wirklich?«
»Du weißt nie, wer jemand wirklich ist«, philosophierte Dan. »Nicht einmal bei den Menschen, die dir am nächsten sind.
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