Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht
Ja auch den Mikrowellen-Burrito, ich denke manchmal, ich würde all das eintauschen gegen eine einzige Umarmung von jemandem, der mich wirklich liebt.«
Sinead, Ted und Ned blieben eine Weile wie angewurzelt stehen. Dann hüpfte Sinead auf ihn zu und legte recht unbeholfen ihre Arme um Alistairs Schultern.
»Aber wir lieben dich doch, Onkel Alistair!«, sagte sie.
Alistair wich zurück.
»Nein, das tut ihr nicht«, sagte er.
Alistair schob die Bank zurück und stand auf. Seine Beine waren steif und müde, aber er wollte unbedingt einen würdigen Abgang machen. Er steuerte auf den Ausgang zu.
»Warte!«, schrie Ned.
Alistair lief weiter.
»Da ist noch etwas, das du vielleicht wissen solltest«, rief Sinead ihm nach. »Wir haben Bae Ohs Zeichen gestohlen!«
Alistair zögerte kurz. Dann, ganz langsam, drehte er wieder um.
Achtes Kapitel
»Ahhh!«, schrie Nellie.
»Ahhh!«, schrie Dan neben ihr auf dem Beifahrersitz.
»Was habt ihr denn?«, erkundigte sich Amy von der Rückbank. Sie sah von dem Stapel Shakespeare-Bücher auf, dem sie sich gleich gewidmet hatte, nachdem sie den Parkplatz der Autovermietung Richtung Stratford verlassen hatten.
»Ich hab vergessen, dass ich wieder auf der falschen Seite fahren muss!«, sagte Nellie. »Ich meine, für sie ist es ja die richtige Seite, die linke, aber …«
»Siehst du das Auto?«, schrie Dan.
Es fuhr offensichtlich in ihrer Spur.
»Nach rechts ausweichen?«, murmelte Nellie. »Nein, nach links. Oder? Ahhh!«
In allerletzter Minute riss sie das Steuer nach links. Sie lenkte auf den Grünstreifen und stellte das Fahrzeug dort zitternd ab, während die anderen Autos weiter vorbeiflitzten.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das kann«, sagte sie.
»Wie bitte?«, stutzte Amy. »Nellie, du bist doch schon in Südafrika auf der falschen Seite gefahren.«
»Ja, das hast du klasse gemacht, du bist da überall super rumgekurvt!«, lobte Dan. »Nellie, du bist eine extrem gute Fahrerin.«
Das stimmte nur, solange man extrem gut mit extrem gefährlich gleichsetzte. Was Dan wahrscheinlich tat.
»Ja, normalerweise schon«, stimmte Nellie zu. Sie wischte sich mit der Hand über die Stirn. Ihre Fingerspitzen wurden ganz feucht davon. »Ich weiß nicht, ist irgendwie super komisch. Als wenn auf einmal alles echt wäre. In Südafrika kam es mir vor, als würde ich durch ein Videospiel rasen. Jetzt aber … inzwischen weiß ich, wozu die Zeichenjagd gut ist und welche Bedeutung sie hat. Auf einmal spüre ich diesen Haufen Verantwortung .«
»Wärst du in Südafrika oder irgendwo sonst in ein anderes Auto gerast, dann wärst du für unseren Tod verantwortlich gewesen«, sagte Dan. »Und zwar ohne zu wissen, worum es bei der Zeichenjagd geht.«
»Na danke, da fühl ich mich ja gleich viel besser.«
Sie rieb an dem Schlangen-Nasenring, den sie noch hatte reparieren lassen, bevor sie Jamaika verlassen hatten.
Sie machte keine Anstalten, wieder auf die Straße zu fahren.
Amy erinnerte sich, wie aufgekratzt Nellie gewesen war, als sie sich nach dem Zwischenfall im Globe wiedergetroffen hatten.
Glaubt Nellie, dass wir keine Chance mehr haben ?, fragte sich Amy. Wird ihr das mit einem Tag Verspätung klar?
»Wir dürfen Isabel nicht gewinnen lassen, schon vergessen?«, erinnerte sie Amy. »Isabel nicht … und auch nicht Eisenhower … oder Cora … oder Alistair …«
Nellie klammerte sich ans Steuer.
»Du hast recht«, sagte sie und biss die Zähne zusammen. »Ich muss das hinkriegen. Aber … ihr schaut einfach nicht hin, klar? Das macht mich nervös.«
»Ich lese«, antwortete Amy rasch.
»Für diesen Fall sind Langzeit-Computer-Akkus geschaffen worden«, erklärte Dan und öffnete seinen Laptop.
Amy stapelte sogar Bücher vor Saladins Tragebox, damit auch er nichts sehen konnte.
Zuerst nahm Amy die Bewegungen des Autos noch sehr deutlich wahr. Dann aber versank sie in der Shakespeare-Lektüre. Sie liebte diesen Mann. Er konnte so lustig sein, so weise … und so menschlich.
Und er war ganz offensichtlich ein Madrigal.
Er war in keine reiche oder berühmte Familie hineingeboren worden. Sein Vater hatte Geldprobleme gehabt, als William noch ganz jung war, und man vermutete, dass er die Schule verlassen musste. Auf jeden Fall konnte er keine Universität besuchen. Als er begann, Stücke zu schreiben, machten sich die anderen Autoren über ihn lustig, weil sie ihn für ungebildet hielten.
Er war wie Dan und ich , dachte Amy. Ein Außenseiter .
Und dann waren da
Weitere Kostenlose Bücher