Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht
Hamilton nun den Macho spielen und vielleicht sogar angeben würde, er hätte notfalls auch einen 250-Kilo-Felsen aus dem Weg geräumt. Aber selbst Hamilton atmete schwer.
»Das bin ich euch schuldig«, erklärte Hamilton. »Euch beiden. Wegen all der Male, die meine Familie euch etwas antun wollte. Außerdem …« Sein Gesicht verzerrte sich. »Außerdem glaube ich, dass meine Familie Schuld an diesem Felsschlag hat. Weil sie sich einen Zugang zum Aufzugschacht sprengen wollen. Die Druckwelle könnte sich bis hier runter ausgebreitet haben.«
Amy starrte Hamilton an, der genauso gepeinigt aussah wie Dan.
Den Aufzugschacht zu sprengen, war ganz nach Art der Holts – den Holts, wie sie bei Beginn der Zeichenjagd waren. Inzwischen gingen sie nicht mehr so brutal vor.
Ach ja , wurde Amy klar. Weil Hamilton sie davon abgehalten hat. Aber jetzt ist er nicht bei ihnen, also …
»Vielleicht war es nur ein ganz gewöhnliches Erdbeben«, sagte Amy. Komisch, wie beruhigend es war, einem Erdbeben die Schuld zu geben. »So was kommt vor.«
»Nicht in Irland«, erwiderte Sinead. Sie hockte gleich hinter Hamilton unter dem Tisch. »Normalerweise nicht.«
Sie bemühte sich offenbar, so verächtlich wie immer zu klingen, aber ihre Stimme zitterte und wurde beinahe zu einem Schluchzen.
»Madrigals«, murmelte Alistair. Er lag neben Sinead auf dem Boden. Selbst im matten Schein der Taschenlampe konnte Amy erkennen, wie ihm der kalte Schweiß im Gesicht stand und sein Atem ebenso flach ging wie Dans. »Die Madrigals bestrafen uns.«
»Nein.« Amy schüttelte hartnäckig den Kopf. »Darum geht es den Madrigals nicht. Ich weiß, dass ihr alle das nur schwer glauben könnt, aber die Madrigals wollen den Frieden.«
Alistairs Miene veränderte sich nicht.
»Es muss jemand sein, der auch hinter dem Preis her ist«, sagte Natalie, deren Stimme dünn und panisch klang.
Amy sah, dass Ian und Natalie gleich hinter Alistair kauerten, ganz am Rand des Tisches.
Wäre Olivia Cahill damit wohl zufrieden? , fragte sich Amy. Ihre Nachfahren saßen nicht zusammen um den Tisch, aber sie hockten gemeinsam darunter: Madrigal, Tomas, Ekaterina, Lucian und …
Amy sah sich blinzelnd in der Dunkelheit um.
»Vielleicht haben Sineads Brüder die Explosion verursacht«, sagte Ian gepresst. »Oder Cora Wizard. Vielleicht traut sie Jonah nicht mehr.«
»Oh nein. Oh nein«, keuchte Amy. Sie nahm Hamilton die Taschenlampe aus der Hand und richtete ihren Strahl in den Felsschutt. »Wo ist Jonah?«
Sie fanden ihn unter einem Haufen Felsbrocken, den Oberkörper eingeklemmt unter einem großen Schaukasten mit dem Titel D ie bemühungen DER MADRIGALS um FRIEDEN.
Lester , dachte Dan schwach, immer noch benommen von seinem Asthmaanfall. Wahrscheinlich würde er sich auch ohne den Anfall benommen fühlen. Lester, Irina, Mum und Dad. Und jetzt …
»Er atmet noch!«, verkündete Hamilton, der dabei war, die Steine beiseitezuschieben.
»Er atmet?«, fragte Dan erstaunt.
»Nur ganz schwach«, erwiderte Sinead, über Jonah gebeugt. Sie betastete unsanft seinen Körper. »Er wird ordentliche Schmerzen haben, wenn er aufwacht. Beide Beine sind gebrochen und wahrscheinlich noch ein paar Rippen und …«
»Verbinden wir ihn soweit, dass er nicht stirbt, und machen weiter«, stieß Ian hervor.
»Wie bitte?«, entgegnete Amy entsetzt. »Hast du nicht gehört, was Sinead gesagt hat? Er braucht Hilfe! Er muss medizinisch versorgt werden! Jemand muss ihn hier wegbringen!«
»Wer sollte das tun?«, fragte Ian spöttisch. »Und wie?« Er wies hinter sich. »Die Tür, durch die wir gekommen sind, ist komplett verschüttet.«
Dan war das bisher nicht aufgefallen. Er war zu sehr damit beschäftigt gewesen, zu Atem zu kommen und anschließend nach Jonah zu suchen. Hamilton richtete nun ihre einzige funktionierende Taschenlampe in Richtung Tür. Sie war hinter dem riesigen Geröllhaufen nicht einmal mehr zu sehen.
»Es gibt nur einen Weg hier raus«, sagte Ian und deutete auf die gegenüberliegende Seite des Raums, wo der Fußboden abfiel. »Da entlang.«
»Warum rennst du dann nicht voraus?«, spottete Alistair. »Und lässt die Trauernden zurück, die sich um Jonah kümmern, während du den Preis an dich bringst?«
»Weil die Madrigals mich nicht lassen«, entgegnete Ian und sah wütend zu Amy und Dan. »Sie haben diesen Ort schließlich entworfen, stimmt’s?«
Dan sah, wie Amy kaum merkbar nickte.
»Ich hab mir die nächste Tür schon angeschaut«, sagte
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