Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte
sind – Stoff für einen pseudohistorischen Kostümschinken aus Hollywood.
Um den hundertsten Todestag des Komponisten aber räumten neue Untersuchungen mit der Selbstmordthese auf. Sie entlarvten akribisch, wie und mit welch unsauberen Methoden die Selbstmordthese hoffähig gemacht worden war. Fast sieht es so aus, als sei da mit erheblicher Energie aus existierenden Gerüchten und Meinungen ein Mosaik zusammengesetzt worden, das zwar den angeblichen Selbstmord erklärt, stichhaltige Beweise aber vermissen lässt.
Wie in anderen Ländern auch waren in Russland gleichgeschlechtlicheHandlungen zwar gesetzlich verboten und gesellschaftlich verpönt. Wie anderswo galt für Adel und Künstler aber nicht dasselbe wie für andere, und man sah ihnen ihre Neigung nach. Tschaikowsky musste also keineswegs strafrechtliche Verfolgung befürchten, schon gar keine Verbannung nach Sibirien. Und ob ein Brief an den Zaren Tschaikowsky in Schwierigkeiten gebracht hätte, ist höchst zweifelhaft, da der Zar solche Affären schon mehrfach vertuscht hatte und Tschaikowsky eher gedeckt hätte. Aber selbst wenn die Sache publik geworden wäre, hätte sich die öffentliche Entrüstung vermutlich in Grenzen gehalten. Die Selbstzeugnisse Tschaikowskys belegen außerdem nicht, dass Tschaikowsky an seinem Lebensende unter seiner Homosexualität in unerträglichem Maße litt, eher ist das Gegenteil zu vermuten. Es erscheint daher fraglich, dass Tschaikowsky einem Scherbengericht ehemaliger Mitschüler gehorcht hätte. Und selbst wenn es zu einem Skandal gekommen wäre, hätte der Komponist ohne größere Probleme ins Ausland gehen können. Sein Status als vermögender, berühmter Komponist hätte ihm das mühelos ermöglicht. In Paris hätte sich die Öffentlichkeit wenig um seine sexuellen Vorlieben geschert.
Auch die Einwände gegen einen Choleratod lassen sich problemlos ausräumen. Tschaikowskys Ärzte waren hervorragend geschult und sind von jedem Vorwurf freizusprechen. Auch wenn die Cholera in Sankt Petersburg zum Zeitpunkt der Infektion Tschaikowskys etwas abgeklungen war, bestand weiterhin Ansteckungsgefahr. Die Vorschrift, nur abgekochtes Wasser zu servieren, wurde trotzdem in vielen Restaurants missachtet. Auch der vermeintlich fahrlässige Umgang mit der Ansteckungsgefahr während der Krankheit und nach dem Tod des Komponisten lässt sich erklären: Nach dem damaligen Kenntnisstand der Medizin mussten Tschaikowskys Ärzte nicht befürchten, dass von ihm eine nennenswerte Ansteckungsgefahr ausging. Und in ein Krankenhausgingen wohlhabende Russen zu jener Zeit ohnehin nur im äußersten Notfall. Was im Übrigen Tschaikowskys Arzt in hohem Alter geäußert haben soll, stimmt durchaus, denn der Komponist hatte sich vergiftet – mit Choleraerregern.
Was das studentische Scherbengericht betrifft, so machen der verschwörerische Charakter und die allzu schillernde Erzählung von der extremen Durchsetzung eines Ehrbegriffs mindestens stutzig. Im Ganzen erweckt die Theorie eher den Eindruck einer aus verschiedensten Gerüchten und ohne tragfähige Belege zusammengestrickten Skandalgeschichte. Die vermeintlichen Zeugenaussagen entpuppen sich rasch als nicht beglaubigte Behauptungen aus zweiter oder dritter Hand. Die These vom Selbstmord des genialen, aber unglücklichen schwulen Komponisten wird sich aber weiter halten, weil Skandale immer Konjunktur haben. Dass sie trotz aller Fadenscheinigkeit in der internationalen Musikwelt einige Unterstützung erfahren hat, muss wohl damit zu tun haben, dass sich mit dem »Skandaltod Tschaikowskys« noch immer Geld verdienen lässt.
Vor einem ordentlichen Gericht würde der Komponist vom Vorwurf des Selbstmordes aus klarem Mangel an Beweisen freigesprochen, ebenso von gewissenhaften Historikern. Mit letzter Sicherheit ließe sich der Fall Tschaikowsky jedoch erst klären, wenn seine Überreste exhumiert und obduziert würden.
Untergang der Titanic: Aus Ehrgeiz gegen einen Eisberg?
UNTERGANG DER TITANIC
AUS EHRGEIZ GEGEN EINEN EISBERG?
Mitte April 1912 erschütterte die Nachricht von einem tragischen Schiffsunglück die Welt. Der Untergang der Titanic in der Nacht vom 14. auf den 15. April wurde zum berühmtesten Unfall der Schifffahrtsgeschichte und zum Thema vieler Spielfilme, Dokumentationen und Ausstellungen. Bis heute wird der Untergang der Titanic gern als Vorzeichen für das Ende eines Zeitalters angesehen, das zwei Jahre später mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges tatsächlich sein
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