Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte
von Jalta genauso von einem Verhandlungspoker bestimmt wie andere Konferenzen dieser Art auch. Ob man es nun als skandalöses Geschacher oder als gegenseitiges Geben und Nehmen bezeichnen will – die Großen Drei klärten Fragen, die zu klären waren, und verwiesen heikle Themen an ihre Minister oder vertagten sie auf einen späteren Zeitpunkt. Jeder der Teilnehmer hatte Erwartungen und Wertungen, was einzelne Fragen betraf, und betrachtete andere als weniger wichtig und daher als Verhandlungsmasse geeignet. Beispielsweise lag Churchill am Erhalt des Empire und am britischen Einfluss in Griechenland mehr als an Polen; Stalin dagegen war in der Polenfrage nicht zum Einlenken gewillt und konnte darauf bauen, dass Roosevelt und Churchill die Konferenz daran nicht scheitern lassen würden, solange sie ihr Gesicht wahren konnten. Dem diente die von einem demokratischen Kontinent sprechende »Erklärung über das befreite Europa«, der Stalin leichten Herzens beipflichtete. Dafür gab Stalin anderswo nach: Er stimmte einer französischen Besatzungszone ebenso zu wie amerikanischen Vorstellungen über die Vereinten Nationen und das Schicksal Chinas. Im Übrigen vertraten die Briten ohnehin nicht uneingeschränkt das Selbstbestimmungsrecht der Völker, denn das hätte am britischen Commonwealth gerüttelt. Man verständigte sich in Jalta fast immer und vergleichsweise problemlos über die Interessensphären in der Welt.
Die Konferenz von Jalta war ein Gipfel dreier Kriegspartner, die sich bereits als Sieger fühlen durften und mit dem Recht und der Haltung von Siegern die Zukunft besprachen. Sie nahmen sich das Recht heraus, die offenen Fragen nach ihren eigenen Interessen zu lösen. Die langfristigen Folgen der Konferenz Jahrzehnte später aus sicherer Perspektive zu beurteilen fälltleicht. Die Geschichte ist aber ein vielschichtiges Gewebe und entwickelt sich nach komplexen Regeln – und die handelnden Personen historischer Ereignisse können immer nur begrenzt die Folgen ihres Tuns ermessen. Die Begleiter der Staatsleute waren überzeugt, für jeweils ihr Land das Beste herausgeholt zu haben, was für den Moment auch durchaus zutreffend erschien. Das sah die Öffentlichkeit ihrer Länder im Anschluss an die Konferenz ebenso. Noch war nicht absehbar, dass die erste Nachkriegskonferenz der Siegermächte ein paar Monate später in Potsdam ohne die Notwendigkeit einer Kriegsdisziplin West und Ost über Jahrzehnte auseinanderbringen würde. Die Geschichte gab Roosevelt gleichwohl recht: Trotz allem entsprach die Nachkriegsordnung der Welt von den Vorstellungen der Großen Drei denen des gar nicht senilen US-Präsidenten am meisten.
Argentinien: Fluchtort Nummer eins für Nazis?
ARGENTINIEN
FLUCHTORT NUMMER EINS FÜR NAZIS?
Noch 1992 konnte man im Nachrichtenmagazin Der Spiegel lesen, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Zusammenbruch Hitler-Deutschlands seien Tausende Nationalsozialisten, vom Provinznazi bis zum gesuchten SS-Mörder, vom NSDAP-Parteibonzen bis zur KZ-Aufseherin vorzugsweise nach Argentinien geflohen. Die Vorstellung Argentiniens als bevorzugter Rückzugsort unverbesserlicher Altnazis befeuerten insbesondere Gerüchte und Nachrichten über den Verbleib der NS-Prominenz. Besonderes Interesse erregte immer wieder der letzte »Sekretär des Führers« und designierte Parteiminister Martin Bormann, der seit dem 1. Mai 1945 als verschollen galt. Immer wieder einmal tauchten Berichte auf, denen zufolge Bormann das Kriegsende überlebt und sich nach Argentinien gerettet habe. Angeblich fuhren während des Krieges deutsche U-Boote zwischen dem Deutschen Reich und Argentinien heimlich, aber eifrig hin und her. Auf einem davon soll Bormann geflüchtet sein, mal habe er sich dort einer kosmetischen Operation unterzogen und dann seine Spur unwiderruflich verwischt, mal leitete er von einem argentinischen »Berghof« aus eine internationale Naziorganisation und wurde von der argentinischen Regierung gedeckt. Beweise dafür konnten trotz umfangreicher Recherchen von vielen Seiten nie erbracht werden, als wahrscheinlicher gilt, dass Bormann in den letzten Kriegstagen im umkämpften Berlin umkam. 1960 konnte zwar ein Argentinier deutscher Herkunft festgenommenwerden, der Bormann ähnlich sah. Bald aber stellte sich heraus, dass der Mann schon 1930 nach Argentinien gekommen war und Bormann wirklich nur ein wenig ähnelte. Als greifbarer hat sich Jahrzehnte später der frühere SS-Sturmbannführer Erich Priebke
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