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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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ihm da eingeflüstert werden.«
    Marcus schwieg. Ich wusste, was jetzt kommen würde. Ich hatte ihm mehr über Gould geliefert, als er haben wollte. Ich hatte alles getan, außer das Haus des armen Schweins auszuspionieren, und das hatte ich mir für morgen Nacht vorgenommen. Marcus veränderte seine Sitzposition. Ich duckte mich innerlich und wartete auf den Anschiss.
    Stattdessen lächelte Marcus. »Wer hat Ihnen das beigebracht?«
    Das hatte ich von Cartwright gelernt, einem alten Freund meines Vaters. Der hatte in seiner Jugend mit einer ähnlichen Strategie einsamen Erbinnen, die auf die vierzig zugingen, ihre Ersparnisse abgeknöpft.
    »Bin ich einfach so draufgekommen«, sagte ich.
    »Das ist eine Variante einer Technik, die wir ›Grasspitzen streicheln‹ nennen«, sagte Marcus. »Man bearbeitet langsam, sehr dezent jeden, der dem Entscheidungsträger nahesteht – seine Frau, seinen wichtigsten Spendeneintreiber, sogar seine erwachsenen Kinder – bis er seine Meinung ändert.«
    »Grasspitzen streicheln?«
    »Darunter fällt alles, wodurch wir den Anschein erwecken, dass wir eine breite, tiefgreifende Unterstützung haben – die Graswurzeln. Aber diese Unterstützung ist natürlich vorgetäuscht. Warum Zeit verschwenden mit den Graswurzeln, wenn die für die Entscheidung zuständige Person nur die Spitzen sehen kann?«
    »Soll ich jetzt die nächsten Schritte einleiten? Die konkrete Beeinflussung der Leute in Goulds Umgebung?«
    »Nein«, sagte Marcus. »Darauf setze ich ein paar andere Leute an.«
    Etwas an seinem Tonfall gefiel mir nicht.
    »Die Zeit wird knapp, stimmt’s?«, sagte ich.
    Marcus schwieg. Er war kein Mann vieler Worte und dachte immer erst genau nach, bevor er etwas sagte. Ich spürte, dass er mich nicht verarschen wollte. Vielleicht aus Respekt.
    »Ja.«
    In der nächsten Woche wurde einer der Rhodes-Stipendiaten aussortiert. Er war ein ganz netter Kerl. Er hatte die blonden, nach hinten geföhnten Haare und den Anspruchsgestus des reinrassigen Absolventen einer Eliteuni. Jemand versicherte mir glaubhaft, dass er nicht mal eine Jeans im Schrank hätte. Jedes Privileg war ihm einfach so zugefallen. Das hätte ich ihm wahrscheinlich übelnehmen können, aber er nahm sich selbst nicht allzu ernst, und ich konnte nicht anders, als ihn zu mögen.
    Er war ein Ehrgeizling wie ich, der Erste aus unserer Gruppe, der ein Angebot hatte machen dürfen. Der »Entscheidungsträger« blieb bei seiner Meinung. Und das war’s dann. Rhodes versuchte den Rauswurf herunterzuspielen und behauptete, es zöge ihn zu saftigeren Wiesen, aber als er sich von uns verabschiedete, brach seine Stimme. Sie hörte sich an, als hätte er geweint. Es war nur schwer zu ertragen. Wahrscheinlich hatte der Junge noch nie eine Niederlage einstecken müssen. Er hatte getan, was er konnte. Der Fall war einfach nicht nach Wunsch gelaufen.
    Ich hatte nie ganz glauben können, dass diese Multi-Millionen-Dollar-Verträge wirklich von einer Bande aus Junior-Associates-Trotteln durchgezogen wurden, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Aber allem Anschein nach war es tatsächlich so. Schätze, man könnte sagen, dass das nicht gerade fair ist. Vielleicht setzen sie einen ja auf einen aussichtslosen Fall an. Man kann nur sein Bestes geben, danach hat man sowieso nichts mehr damit zu tun. Ich kann mich nur schwer über Ungerechtigkeiten aufregen. So ist das Leben, zumindest habe ich es nie anders kennengelernt. Man kann die Hände in die Luft werfen und darüber jammern, aber meine Devise war immer: gewinnen, egal, was es kostet. Ich war lange Zeit auf dem letzten Tropfen Sprit unterwegs gewesen, hatte irgendeinen abstrakten Traum vom guten Leben geträumt. Jetzt war ich nah dran. Ich konnte ihn schmecken und riechen. Je realer er wurde, desto unerträglicher wurde mir der Gedanke, dass man ihn mir wegnehmen könnte.
    Typisches Beispiel: Annie Clark, Senior Associate bei der Davies Group. Mir war es immer leichtgefallen, mit Frauen zu reden, ich hatte mir nie groß Gedanken darüber gemacht. Aber bei dieser besonderen Frau kam mir meine Eins-führt-zum-andern-Leichtigkeit abhanden. Seit dem Augenblick, als ich sie zum ersten Mal im ersten Stock sah, verstopfte mir jeder nur denkbare romantische Blödsinn das Gehirn.
    Wenn wir uns unterhielten – und wir arbeiteten ziemlich oft zusammen –, ertappte ich mich immer bei dem Gedanken, dass sie alles verkörperte, was mich je an einer Frau angezogen hatte – schwarze Locken,

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