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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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gesehen (ich dachte, die waren in den Siebzigern alle von koreanischen Trockenreinigungen verdrängt worden). Aber da war er und maß meinen Hintern aus. Bei der letzten Anprobe sagte er tatsächlich »eine serre schönne Anzug«. Ich war also für den Met Club passend ausstaffiert. Das verschaffte mir eine halbe Sekunde, um mit den Gurkhas zu improvisieren.
    Ich warf einen diskreten Blick auf die Ehrentafeln und Fotos, die an der Wand neben dem Empfangstisch hingen, und suchte nach einem angemessenen Titanen aus Industrie oder Regierung. Breckinridge Cassidy erschien mir alt genug (auf der Tafel stand »1931 – «). Die Chancen standen gut, dass er nicht anwesend war. Ich hoffte nur, dass er überhaupt noch anwesend war. Vielleicht hatte der Club einfach noch nicht die Zeit gefunden, das Datum seines Ablebens zu vermerken.
    Ich schaute auf meine Uhr und tat mein Bestes, wie je mand zu wirken, der hier zu Hause war.
    »Breckinridge Cassidy«, sagte ich. »Ist er schon da?«
    »Admiral Cassidy ist noch nicht eingetroffen, Sir.«
    »Sehr schön. Wir sind auf einen Schluck verabredet. Ich warte dann in der Bibliothek.«
    Ich marschierte rein … und nichts passierte: kein Klammergriff, kein Zupacken an Kragen und Hosenbund. Ich war drin.
    Glücklicherweise lebte Cassidy. Unglücklicherweise war er ein verdammter Admiral, und es hatte den Anschein, als ob er tatsächlich jede Sekunde aufkreuzen konnte. Ich suchte mir einen Platz im Clubraum. Mir fiel auf, dass einer der Stewards regelmäßig, einmal in der Minute oder so, zu mir herüberschaute. Der Club verfügte über einen offenen Lichthof mit einer herrlichen Flügeltreppe. Jedes Detail – die Flachreliefs an den Wänden, die über zehn Meter hohen Säulen, die dezen ten Diener neben jeder Tür – machte eines vollkommen klar: Hier war die Macht zu Hause.
    Ich glaubte, auf einem der Zwischengeschosse Gould gesehen zu haben. Als ich wieder zum Empfang schaute, zeigte einer der Stewards in meine Richtung und unterhielt sich mit dem höchst irritierten und respekteinflößenden Admiral Cassidy.
    Zeit zu gehen.
    Im ersten Stock entdeckte ich Goulds Hinterkopf, hängte mich an ihn dran und folgte ihm über mehrere Treppen nach unten. Wegen des schwachen Chlorgeruchs und des Geräuschs quietschender Turnschuhe auf Holz wusste ich, dass wir uns irgendeiner Art von Fitnessraum näherten. Dann sah ich das Schild. Squash, was sonst? Der offizielle Zeitvertreib von Washingtons Schwergewichten. Ich betrat nach ihm den Umkleideraum.
    Man kann sich nicht lange in voller Montur zwischen ein paar halb nackten Weltenlenkern herumdrücken, ohne dass schon bald die ersten Augenbrauen gelupft werden. Also zog ich mich auch aus, schnappte mir ein Handtuch und fand in der Sauna ein nettes Plätzchen zwischen dem Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs und einem Typen, den ich nicht kannte, der sich aber später als der Finanzvorstand von Exxon Mobil und sehr gesprächig entpuppte.
    Da ich Gould durch die Saunafenster nicht sehen konnte, verließ ich die Sauna wieder und ging zurück in die Umkleide. Die Schränke waren in Mahagoni gehalten, die Namen ihrer Besitzer standen auf kleinen Messingschildern. Ray Goulds Spind befand sich genau gegenüber dem von Henry Davies. Ein Vorhängeschloss in einem Club wie dem Met kam mir ein bisschen albern vor – klauten sich die Burschen hier gegenseitig ihre Rolex und Cartiers? Wie auch immer, an Goulds Tür hing ein Vorhängeschloss von Sargent & Greenleaf. Das ist die Hardware, mit der sie im Pentagon ihre Geheimnisse wegschließen. Offenbar musste Gould seine nicht aufgegessenen Pommes Frites sicherstellen.
    Man merkt nie, wann man die Grenze überschreitet. Hatte ich das getan, als ich Gould folgte? Als ich die Stewards anlog? Als ich mich im hintersten Eck des Umkleideraums in einen der Gästespinde quetschte? Oder als ich stundenlang darin ausharrte, bis ich das Räuspern des letzten Gastes hörte, durch die schmalen Luftschlitze das Verlöschen des Lichts sah und dann das von den gefliesten Wänden widerhallende Geräusch hörte, als die Tür zufiel und abgeschlossen wurde?
    Wann es auch war, ich wusste jetzt, dass ich die Grenze schon längst überschritten hatte. Und hier ging es nicht um einen harmlosen Jungenstreich. Ich stellte mir vor, dass die Trilaterale-Kommission-Typen, die hier ein und aus gingen, meinen Hausfriedensbruch nicht freundlich aufnehmen wür den. Als ich im Büro vom Barley den Safe öffnete, hatte ich aus

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