Die 500 (German Edition)
verlieren (seit Februar hatte ich meine Zulassung für Virginia) oder Annie zu betrügen. Die Frage war, ob ich mich verdrücken konnte, ohne meine bisherige Arbeit mit Walker zu ruinieren.
Als ich aufstand, wurde per Augenkontakt sofort eine wortlose Kommunikation zwischen Walker und Squeak in Gang gesetzt. Squeak nickte und griff nach einem lackierten Kasten, der auf dem Beistelltisch stand. Bezüglich des Inhalts hatte ich eine böse Vorahnung.
Ich schätze, es demonstriert mein Unbehagen an der gesamten Situation, dass ich erleichtert war, als er Drogenzubehör herausholte: eine Glaskugel.
Fast hätte ich Natasha umarmt – fast . Das waren keine Prostituierte! Das waren Drogenschlampen. Fast hätte ich mir mit der Hand gegen die Stirn geschlagen. Ich hatte schon seit Jahren kein Gras mehr geraucht, aber ich erkannte eine Wasserpfeife, wenn ich eine sah. Ich hatte gute Lust, meine neuen Freunde in Foxwood Chase an meiner Erleichterung teilhaben zu lassen. Ich könnte sogar (eines Tages vielleicht) Annie die ganze Geschichte erzählen. Sie hätte ihre helle Freude daran: Der Abgeordnete Eric Walker fährt zu seinem Dealer, um mit mir ein bisschen Gras zu rauchen, und ich raste fast aus, weil ich glaube, er schleift mich in einen Puff. Scheiße, nachdem ich mich derart in die Sache reingesteigert hatte, hätte ich sogar einen Zug vertragen können.
»Auch ein paar Steine?«, fragte Squeak.
»Nein, danke«, sagte ich. Squeak schaute mich an, als wäre ich von der Drogenfahndung, füllte die Wasserpfeife aber trotzdem. Den Slangausdruck »ein paar Steine« hatte ich noch nie gehört, dachte mir aber nichts dabei, schließlich war ich ja nicht gerade zu Hause in der Szene. Auch dem Bunsenbrenner, den Squeak aus dem Kasten holte, oder dem sanft klimpernden Geräusch, als er die Kugel füllte, maß ich keine besondere Bedeutung bei.
Erst als er das verdammte Ding anzündete und mir ein ekelerregend süßlicher, an chemische Reinigungsmittel erinnernder Duft in die Nase stieg, erkannte ich, dass es hier nicht um das gute alte amerikanische Ganja aus seligen Collegezeiten ging.
Ich wollte Squeak nicht aufregen, vor allem jetzt nicht, da er seine Lungen mit welcher Droge auch immer vollgepumpt hatte. Ich versuchte also auf die beiläufige Tour, mehr zu erfahren.
»Ach so, das ist …«
»Tina«, sagte Walker.
»Tina, richtig.«
»Ice«, fügte Squeak hinzu, was mir auch nicht weiterhalf.
Crack? War das Crack? War ich in einem verdammten Crackhaus gelandet?
»Ah, richtig«, sagte ich. »Koks.«
»Nein, Tina. Crystal.«
Natasha kicherte über meine Sprachprobleme, was mir ziemlich unverschämt vorkam. Also … Crystal Meth! Aha. Ich fühlte mich, als hätte ich gerade bei Cluedo gewonnen und wäre jetzt um die Winzigkeit schlauer, dass meine neuen Freunde jedenfalls kein Crack rauchten.
Folgendes wusste ich über Crystal Meth (aus der Navy, wo eine nicht unerhebliche Zahl der Bilgenratten aus dem Maschinenraum methsüchtig war oder gewesen war): Das Zeug lässt deinen Pimmel schrumpfen wie ein Bad im Nordatlantik und macht dich gleichzeitig unglaublich geil, ein extremes Paradoxon, das zu allen möglichen Problemen führt, die ich unter allen Umständen vermeiden wollte.
Natasha blies eine riesige Methwolke in die Luft, und ihre Augen tasteten mich ab wie ein Dinnerbuffet. Squeak, Kitty und Walker verdrückten sich, wobei mir auffiel, dass die beiden Herren vorher noch ein paar Pillen einwarfen. Ich blieb allein zurück mit meinem Russenmädchen, das jetzt mit dem Kopf einen Scheinangriff lancierte, dann erfolgreich meine Verteidigung durchbrach und mich eingehend begrapschte. Ich zog ihre Hand weg und stellte sicher, dass mir dabei nicht wichtige Teile meiner Anatomie abhandenkamen.
Ehrlich gesagt, schaute sie mich an, als hätte ich ihr das Herz gebrochen. Sie zitterte fast, so stark war die Wirkung der Droge.
»Hör zu, es tut mir leid. Du bist sehr nett. Aber ich bin nicht so ein Typ. Ich muss jetzt gehen.«
Und dann, Gott sei Dank, lehnte sich Natasha zurück und schenkte mir ein süßes Heiligenlächeln. »Ich verstehe dich.«
»Schön. Es ist nichts Persönliches. Ich muss jetzt einfach gehen.«
»Ja. Du bist Schwuchtel. Kein Problem. Ich kann helfen.«
»Nein, nein«, sagte ich.
Sie sagte etwas zu dem Jungen in der Küche, was sich mehr nach Polnisch als nach Russisch anhörte, und rief es dann noch einmal, lauter, damit er überhaupt reagierte. Er schien verärgert zu sein und schlurfte
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