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Die 6. Geisel - Thriller

Titel: Die 6. Geisel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sprechen.« Sie sah auf Brinkley herab. »Es tut mir furchtbar leid«, sagte sie. »Ich hätte Sie nicht ein mieses Dreckstück nennen dürfen.«
    Das Gekicher, das sich in den Zuschauerreihen ausbreitete, schwappte schon bis auf die Geschworenenbank über, als der Richter seinen Hammer niedersausen ließ und sagte: »Alle mal herhören - und ich meine alle !« Er fixierte Claire über den Brillenrand hinweg. »Es reicht jetzt. Wir sind hier nicht beim Comedy-Kanal. Beim nächsten öffentlichen Heiterkeitsausbruch werde ich den Saal räumen lassen. Ms. Castellano, bitte halten Sie Ihre Zeugen im Zaum. Das ist Teil Ihres Jobs.«
    »Es tut mir leid, Euer Ehren. Ich habe verstanden.« Yuki räusperte sich. »Dr. Washburn, welcher Art waren Ihre Verletzungen?«
    »Ich hatte ein Loch in der Brust, verursacht von einem Geschoss vom Kaliber.38, das meinen linken Lungenflügel kollabieren ließ und mich fast das Leben gekostet hätte.«
    »Das muss sehr beängstigend und schmerzhaft gewesen sein.«
    »Ja. Mehr, als ich sagen kann.«
    »Die Geschworenen haben die Filmaufnahmen von der Schießerei gesehen«, fuhr Yuki fort. Claire las das Mitgefühl in ihren Augen. »Können Sie wiedergeben, was Sie zu dem Angeklagten sagten, bevor er auf Sie schoss?«
    »Ich sagte: ›Okay, Junge, das reicht. Gib mir die Kanone.‹«
    »Und was geschah dann?«
    »Er sagte irgendetwas davon, dass das alles meine Schuld sei, dass ich ihn hätte aufhalten sollen. Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass die Sanitäter mich von der Fähre trugen.«
    »Sie haben versucht, ihn daran zu hindern, noch mehr Menschen zu erschießen.«
    »Ja.«

    »Sie sahen, dass andere ebenfalls versuchten, ihn aufzuhalten.«
    »Ja. Aber er zielte und schoss uns der Reihe nach ab. Er pustete Mr. Ng das Gehirn weg, dass es auf das Deck spritzte.«
    »Danke, Dr. Washburn. Ihr Zeuge«, sagte Yuki.

76
    Mickey Sherman kannte Claire Washburn seit vielen Jahren. Er mochte sie sehr und war froh, dass sie den entsetzlichen Zwischenfall auf der Del Norte überlebt hatte. Aber sie war eine gefährliche Bedrohung für seinen Mandanten.
    »Dr. Washburn, was machen Sie beruflich?«
    »Ich bin Leiterin der Rechtsmedizin von San Francisco.«
    »Sie sind also im Gegensatz zum Coroner von der Ausbildung her Ärztin, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Haben Sie im Rahmen Ihrer Ausbildung auch Praktika in einem Lehrkrankenhaus gemacht?«
    »Das habe ich.«
    »Und Sie haben auch ein Praktikum in der Psychiatrie absolviert?«
    »Ja.«
    »Haben Sie dabei je einen Patienten mit leerem Blick durch die psychiatrische Abteilung irren sehen?«
    »Einspruch, Euer Ehren. Die Frage ist nicht relevant«, sagte Yuki.
    »Abgelehnt. Die Zeugin darf die Frage beantworten.«
    »Ich kann mich wirklich an keinen meiner Patienten aus der Psychiatrie erinnern, Mr. Sherman. Alle Patienten, mit denen ich heute zu tun habe, haben einen leeren Blick.«
    »Na schön«, meinte Sherman lächelnd. Mit den Händen in den Hosentaschen ging er eine Weile vor der Geschworenenbank auf und ab.
    Dann wandte er sich wieder zu Claire um und fragte: »Nun, Dr. Washburn, Sie hatten doch Gelegenheit, Mr. Brinkley zu beobachten, nicht wahr?«
    »›Beobachten‹ ist wohl ein bisschen viel gesagt.«

    »Ja oder nein, Dr. Washburn?«
    »Ja, ich habe ihn auf der Fähre ›beobachtet‹, und ich sehe ihn in diesem Moment.«
    »Wir wollen uns nur über das unterhalten, was auf der Fähre passiert ist. Sie haben gerade zu Protokoll gegeben, dass mein Mandat etwas gesagt habe wie: ›Das hier ist Ihre Schuld.‹ Und ›Sie hätten mich aufhalten müssen‹.«
    »Das ist richtig.«
    » War der Amoklauf Ihre Schuld?«
    »Nein.«
    »Was kann Fred Brinkley Ihrer Meinung nach damit gemeint haben?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Schien Ihnen Mr. Brinkley zu diesem Zeitpunkt im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zu sein? Hatten Sie den Eindruck, dass er zwischen Recht und Unrecht unterscheiden konnte?«
    »Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich bin keine Psychiaterin.«
    »Nun, hat er absichtlich versucht, sie zu töten?«
    »Ich würde sagen, ja.«
    »Kannte er Sie?«
    »Nein, ganz bestimmt nicht.«
    »Haben Sie Mr. Brinkley provoziert, bevor er auf Sie schoss?«
    »Ganz im Gegenteil.«
    »Sie würden also sagen, dass die Schüsse im Grunde ein willkürlicher, vollkommen grundloser Akt waren?«
    »Ich nehme es an.«
    »Sie nehmen es an? Sie sind ihm nie zuvor begegnet, und er sagte Dinge zu Ihnen, die schlicht keinen Sinn ergaben. Sie

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