Die 7 Geheimnisse Der Schildkroete
waren.
Nicht zuletzt haben Schildkröten die Ruhe weg: Sie können sich vollkommen entspannen und kennen weder Hektik noch Leistungsdruck, weder Burn-out noch Depressionen.
Wie Sie sehen, gibt es einiges, was wir von Schildkröten lernen können. Denn wer würde nicht gerne einmal abtauchen, seine Perspektive verändern oder sich von Stress befreien?
Schon von klein auf verfügte natürlich auch Kurma über all diese Fähigkeiten. Und doch – auf Dauer genügte es ihr einfach nicht, sehr alt werden, sehr weit schwimmen oder sehr entspannt bleiben zu können: Kurma wollte mehr! Und so war es schließlich Kurmas Unzufriedenheit, die ihr zum Segen werden sollte. Hätte Kurma sich mit einem gewöhnlichen Schildkröten-Schicksal abgefunden, so hätte sie sich wohl nie auf die Suche nach dem Glück gemacht – und das Buch, das Sie gerade lesen, gäbe es dann natürlich erst recht nicht...
KURMA ENTDECKT DAS GLÜCK
In einer warmen Vollmondnacht, in der die Sterne sich wie kleine, tanzende Perlen auf den wogenden Wellen des Meeres spiegelten, schlüpfte Kurma als winzige Schildkröte aus dem Ei. Sanft landete sie im weißen Sand, und als sie blinzelnd um sich blickte, lächelte sie zufrieden. Und dazu hatte sie auch allen Grund. Denn Kurma war nicht etwa irgendeiner Eierschale entstiegen, oh nein – es war ein sehr erlesenes Nest, in dem Kurma da gelandet war. Neben Wärme und Sicherheit versprach es vielerlei Annehmlichkeiten, die Kurma alsbald noch genauer kennen lernen sollte.
Kurmas Vater, ein mächtiger Herrscher über ein gewaltiges Schildkröten-Fürstentum, hieß Kurmsuddhi. Trotz seines großen Mutes war er doch auch ein besonnener, weiser Fürst. Kurmas Mutter Kurmaya galt in Schildkrötenkreisen als erlesene Schönheit. Ihre wichtigste Aufgabe sah sie darin, ihre kleine Kurma von Kopf bis Schwanz zu verwöhnen.
In ihrer Jugend (also immerhin während der ersten 50 Jahre ihres Lebens) hätte Kurma wirklich allen Grund gehabt, rundum glücklich zu sein: Unter wehenden Palmen lag sie auf Hügeln aus cremefarbenem Sand, von wo aus sie einen wunderbaren Blick auf das weite, dunkle Meer genoss. Sie durfte schlafen, solange sie wollte, nie klingelte ein Wecker, der sie zur Arbeit rief, und wann immer ihr nach einem kleinen Ausflug zumute war, standen ihre Schildkrötenfreunde bereits in langer Schlange Kopf an Schwanz, um sie zu begleiten.
In dem glutheißen Land, in dem Kurma lebte, mussten sich Schildkröten für gewöhnlich mit vertrockneten Gräsern zufrieden geben, und richtig satt wurden sie dabei nie. Kurma hingegen wurde von den dicken Hof-Köchinnen verwöhnt, die ihr von morgens bis abends leckere Speisen vorsetzten: Seltene Waldbeeren waren darunter, exotische Früchte, die kein Mensch je zuvor gesehen hatte, und auch pikant gewürzte Krabben- und Muschelmenüs.
Trotzdem – irgendetwas fehlte Kurma! Und obwohl sie nicht einmal ahnte, was das wohl sein konnte, wurde es immer schlimmer. Je älter Kurma wurde, desto schwerer fiel es ihr, das Tor zum Glück auch nur einen winzigen Spaltbreit zu öffnen – da halfen weder Palmen noch Sandstrand oder Mango-Sorbets. Und das wirklich Dumme war, dass Kurmas Unzufriedenheit umso größer wurde, je genauer sie sah, was in der kleinen Welt um sie herum vor sich ging:
Da waren etwa die Dorfkinder, die Tränen in den Augen hatten, wenn ihre Eltern sich stritten oder sie nicht beachteten, da sie mit so vielen anderen Dingen beschäftigt waren – und das kam leider ziemlich oft vor.
Da waren jene düsteren Leute aus der Stadt, die Schildkröten einfingen, um deren Füße als Delikatesse in ihren Suppen zu verwenden – ein Gedanke, bei dem es Kurma regelmäßig den Magen umdrehte.
Da waren all die kleinen und großen Gemeinheiten, die Streitereien, die Ängste, die Unruhe und die Sorgen – und auch die vielen Gefahren, die überall lauerten.
Und schließlich gab es so unschöne Dinge wie Halsschmerzen, Verdauungsstörungen oder Vergesslichkeit – Leiden, die nicht nur Menschen, sondern auch Schildkröten jeden Alters mitunter befallen konnten.
Je länger Kurma über all das nachgrübelte, desto mehr verdunkelte sich ihr Herz. Und so war es kein Wunder, dass es ihr irgendwann endgültig zu bunt (oder vielleicht sollte man besser sagen: zu dunkel) wurde. In jener Zeit, als die ersten Herbstwinde ins Land wehten, beschloss Kurma daher, dem Schildkrötenpalast den Panzer zu kehren, und sie suchte das Weite.
In
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