Die 7 Geheimnisse Der Schildkroete
das Wasser überwunden und den alten Mangobaum erreicht.
So gewann Kurma, auf der Erde gehend, im Wasser schwimmend, durch ihre Wandlungsfähigkeit auch den vierten Wettlauf.
Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten , mit unangenehmen Umständen und Veränderungen zurechtzukommen: Entweder wir passen uns den Umständen an, oder wir versuchen, die Umstände zu verändern und die Welt unserem Befinden und unseren Bedürfnissen anzupassen. Wenn der Winter hereinbricht, können wir uns mit kalten Duschen abhärten, uns durch mehr Bewegung aufwärmen oder uns mit der Kälte abfinden – wir passen uns selbst der Kälte an. Wir können aber auch ins Flugzeug steigen und in den Süden fliegen oder einen dicken Mantel anziehen und die Heizung aufdrehen – wir verändern also etwas an den äußeren Umständen.
Die westlichen Zivilisationen haben vor allem auf den zweiten Weg gesetzt, die Welt verändert und sie »dem Menschen« (als ob es nur einen gäbe oder alles Klone wären) angepasst. So entwickelten sich Wissenschaften und Technik, denen wir so wunderbare Dinge wie Autobahnen, Kühlschränke, genetisch veränderte Lebewesen, Mobiltelefone und digitale Armbanduhren verdanken.
Aber so schön das alles auch sein mag: Irgendwie scheint es die meisten Menschen nicht wirklich glücklich gemacht zu haben.
So wichtig die Fähigkeit, die Welt zu verändern, auch sein mag – mindestens ebenso bedeutend ist die eigene Wandlungsfähigkeit! Dass sie nicht dasselbe Ansehen genießt, hat zwei Gründe:
Einmal fordert es oft weniger Anstrengung, das Außen zu verändern als das Innen. Zwar benötigt es viel Gedankenarbeit und Erfindungsgeist, um eine gute, funktionierende Heizung zu entwickeln – dann allerdings bedarf es praktisch überhaupt keiner Anstrengung mehr, sie anzuschalten.
Zweitens aber klingt »Wandlungsfähigkeit« ein wenig nach »sich anpassen« – und das ist für viele Menschen nicht gerade attraktiv. (Und diejenigen, für die es attraktiv klingt, führen oft nichts Gutes im Schilde …) »Anpassen« ist jedoch ein Teil der enormen Wandlungsfähigkeit, die für Menschen charakteristisch ist. Und es ist nicht dasselbe, wie sich zu unterwerfen, das, was man als richtig erkennt, zu verleugnen, vor Obrigkeiten zu kriechen oder gar in vorauseilendem Gehorsam Untaten zu begehen.
Wer sich unterwirft und dabei sein wahres Wesen aufgibt, verändert sich. Er ist nicht mehr er selbst und nur sein »kleines Ich«, das Äußere, sein Status, sein Besitz, bleibt erhalten. Wer sich wahrhaft anpasst, bei dem ist es umgekehrt: Er gibt sein kleines Ich auf und bewahrt sein wahres Wesen.
Können Sie sich noch an den Orkan »Wiebke« im Jahr 1990 erinnern, der am 1. März ganze Wälder niederriss? Am Abend des 28. Februar stand noch ein Wald – am folgenden Morgen lag er am Boden. Nur ein paar junge, bewegliche Fichten waren stehen geblieben, weil sie sich im Wind gebeugt, dabei aber ihre Form dennoch bewahrt hatten. Und auf den Wiesen war kein einziger Grashalm gebrochen …
Beständigkeit und Wandlungsfähigkeit sind keine Gegensätze. Sie ergänzen einander wie das männliche und das weibliche Prinzip. Sie wechseln einander ab wie Tag und Nacht. Sie bedingen einander wie die beiden Seiten einer Münze. In der chinesischen Philosophie gibt es ein wunderbares Symbol für dieses Prinzip der gegenseitigen Bedingung, das Ba-gua- oder Yin-Yang-Symbol.
Schwarz oder Weiß kann Hintergrund oder Vordergrund sein. Nimmt man das eine fort, so verschwindet auch das andere. Es sind zwei deutlich unterschiedene Bereiche und doch sind sie eins. So verhält es sich auch mit Beständigkeit und Wandlungsfähigkeit.
Kurma spricht: »Wer nicht geht, kann nicht stehen bleiben. Wer nicht steht, kann nicht losgehen.«
Was bedeutet das für unser Leben?
Alles beeinflusst uns, ob wir wollen oder nicht – so wie auch wir die Welt mit allem, was wir tun, beeinflussen. Auch dann, wenn wir nichts tun, entscheiden wir uns für eine Handlungsweise: Dadurch, dass wir auf der Couch sitzen bleiben, nehmen wir nur einen anderen, passiven Einfluss auf die Welt, als wenn wir das Haus verlassen und unsere Arbeit tun. So oder so – was wir auch tun: Unser Handeln beeinflusst die Welt. Wir hätten vielleicht einen Menschen in Not retten können, wenn wir nicht im Bett geblieben wären und stattdessen an den See gefahren wären. Wir hätten vielleicht einen Menschen überfahren, wenn wir uns auf einen Ausflug zum
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