Die 7 Suenden
aussieht... sie ist so was wie Bambis kleine Schwester. Dann kommt Frau Dr. Paige also langsam zum Schluss, und ich frage mich schon, wie ich ihre Aussage entkräften kann, ohne das gesamte zweistündige Video mit Junies Befragung abzuspielen.«
»Das hättest du ja machen können«, sagte ich, ließ den Plastikdeckel meiner Salatschüssel zuschnappen und warf sie in den Mülleimer. Yuki tat es mir nach.
»Zwei Stunden , Lindsay? In denen Junie alles abstreitet? Also hör zu. Ich bin aufgestanden und habe gesagt: ›Frau Dr. Paige, haben Sie Junie Moon jemals persönlich kennen gelernt? ‹ ›Nein.‹ ›Haben Sie sich das Band mit der polizeilichen Vernehmung angeschaut?‹ ›Ja.‹ Also habe ich sie gefragt: ›Hat die Polizei die Angeklagte angelogen oder irgendwie irregeführt? ‹ ›Nein, eigentlich nicht.‹«
Yuki nippte an ihrem Tee, dann setzte sie die Darstellung ihres Kreuzverhörs mit Frau Dr. Paige fort.
»Und dann habe ich einen Fehler gemacht.«
»Welchen denn?«
»Ich war erschöpft, Lindsay.« Yuki strich sich die Haare aus dem niedlichen, herzförmigen Gesicht.
»Ich habe sie gefragt: ›Was hat die Polizei denn dann gemacht? ‹ Ich weiß ja, dass man keine Fragen stellen soll, auf die man selbst keine Antwort hat, aber Scheiße noch mal! Ich habe mir dieses Verhör zwei Dutzend Mal angeschaut, und du und Conklin, ihr habt absolut nichts Unrechtmäßiges gemacht!
Aber jetzt starrt Red Dog mich durchdringend an, und die Psychotante sagt: ›Meiner Meinung nach besitzt Ms. Moon nicht nur ein unterirdisch geringes Selbstbewusstsein, sondern fühlt sich außerdem auch noch schuldig, weil sie eine Prostituierte ist, und ihr Geständnis hat ihr die Möglichkeit gegeben, ihre Schuldgefühle zu vermindern.‹
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie von den Geschworenen tatsächlich erwartet, dass sie das schlucken, also habe ich nachgefragt: ›Wollen Sie damit sagen, dass sie Schuldgefühle hat, weil sie eine Prostituierte ist, und dass sie deshalb einen Totschlag zugegeben hat?‹
›Genau das will ich damit sagen‹, erwiderte die Paige, also sage ich: ›Das wäre alles, Frau Doktor.‹ Bendinger entlässt sie aus dem Zeugenstand, und ich zwänge mich hinter Red Dogs Stuhl vorbei zu meinem Platz, das Gesicht in den Zuschauerraum gerichtet, und dort sitzt Twilly «, fuhr Yuki fort.
»Ist er nicht sowieso jeden Tag da?«, fragte ich meine Freundin.
»Ja, schon, aber jetzt sitzt er direkt hinter mir. Und ich schaue ihm in die Augen, weil ich sonst nichts machen kann. Dann höre ich, wie die Davis Junie Moon in den Zeugenstand ruft, und der Richter sagt: ›Aber erst machen wir Mit tagspause.‹ Und Red Dog schiebt seinen Stuhl zurück und klemmt mich ein, und ich drücke mir die Nase am Brustkorb dieses widerlichen Twilly platt.
Twilly grinst spöttisch, mein Magen krampft sich zusammen, ich kriege eine Gänsehaut, und er flüstert mir zu: ›Punkt für Davis.‹
Ogottogott, und dann dreht Red Dog sich um und starrt mich schon wieder so vernichtend an, und ich werde diesen Prozess doch nicht wegen der Aussage von dieser Psychotussi verlieren, oder, Lindsay? Oder? Weil, das sage ich dir: Das darf einfach nicht passieren.«
»Das wird es auch nicht...«
»Genau. Das wird es nicht «, presste Yuki mit zusammengepressten Zähnen hervor und schlug mit der Faust auf ihren Schreibtisch. »Weil die Geschworenen die Wahrheit erkennen werden und ihnen nur die Wahl zwischen zwei Schlussfolgerungen bliebt: Entweder Junie Moon ist schuldig . Oder sie ist durch und durch schuldig.«
79
Die Standford Mall war ein Einkaufsparadies unter freiem Himmel, wo die Geschäfte in schmalen Gassen und umgeben von üppigen Parkanlagen angesiedelt waren. Und was für Geschäfte! Große Kaufhäuser wie Neiman Marcus, Nordstrom oder Bloomingdale’s, aber auch Luxusboutiquen von Armani, Benetton und Louis Vuitton.
Hawk und Pidge hatten sich auf eine Bank vor dem Polo-Shop gesetzt, umgeben von einem kleinen Wald kunstvoll zurechtgeschnittener Büsche in Tontöpfen und umweht von Blumen- und Kaffeeduft. Es war Sonnabend, und sehr viele Kaufwillige in Designerklamotten waren unterwegs, flanierten durch die kleinen Gassen an Pidge und Hawk vorbei, schwangen ihre Einkaufstüten hin und her und blieben bewundernd vor dem Ralph-Lauren-Schaufenster stehen.
Pidge hatte eine Videokamera dabei, nicht größer als ein Kartenspiel, und filmte den Aufmarsch. Falls irgendjemand fragen sollte, was er da machte, dann würde
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